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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie ein riesiges blondes Kind, war aber längst volljährig.
    »Zwei Decken«, fügte Cactus hinzu. »Damit kannst du es dir richtig schön gemütlich machen.« Er stammte aus Mexiko, war schwarzhaarig und einen halben Kopf kleiner als der blonde Riese.
    »Du wirst dich hier noch wie zu Hause fühlen«, gab Murky seinen Senf dazu und kicherte albern. Er war irischer Abstammung, mittelgroß und stämmig und hatte krauses braunes Haar. Deana vermutete, dass er mit Nachnamen Murphy hieß. Böse Zungen behaupteten, dass alle Iren so hießen, aber das war natürlich maßlos übertrieben. Die drei Kerle bildeten einen Halbkreis und kamen langsam auf sie zu.
    ***
    Deana wich zurück. Es war ein Reflex. Sie wusste nur zu gut, dass sie nicht entkommen konnte. Die Kette würde sie stoppen. Schon nach zwei oder drei Schritten. Und dann war sie den Bastarden ausgeliefert. Ihr blieben Sekunden, Minuten, wenn sie Glück hatte. Sie erreichte die Verankerung der Kette. Vorsichtig mit den Füßen tastend, bewegte sie sich weiter rückwärts.
    Neue, zusätzliche Angst kroch in ihr empor. Was, wenn sie auf eine morsche Stelle stieß, die sie vorher nicht gesehen hatte? Wenn sie einbrach und in die unbekannte, dunkle Tiefe stürzte? Der locker am Boden liegende Teil der Kette folgte ihr und straffte sich. Im nächsten Augenblick war Schluss. Alles Ziehen und Zerren nützte nichts; die Stahlglieder gewährten keinen Spielraum. So musste sich ein Hund fühlen, dessen Aktionsradius von den Menschen festgelegt wurde.
    Sie sah nur das Grinsen der Männer und ihre lüstern funkelnden Augen. Die Zeit der Illusionen war vorbei. Wenn sie bis eben noch geglaubt hatte, mit einem blauen Auge davonzukommen, so gab sie in diesem Moment alle Hoffnungen auf.
    Ob ihr Dad den Videoclip gesehen hatte oder nicht, schien keinen Unterschied zu machen. Was konnte sie denn auch erwarten? Sie hatte den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen. Ende. Sie konnte nun wirklich nicht damit rechnen, dass ausgerechnet ihr Vater freundliche Gefühle für sie hegte und alle Forderungen der Kidnapper erfüllte.
    Tiefe Resignation befiel sie. Sie hatte sich alles selbst eingebrockt. Nun musste sie die Suppe auslöffeln. An ihren lächerlichen Plan mochte sie schon gar nicht mehr denken.
    Ragas Handlanger erreichten die Deckenrollen und schoben sie mit den Füßen vor sich her.
    »Es ist so …«, sagte Murky gedehnt. »Wir sollen ein bisschen auf dich aufpassen. Damit dir keiner was tut, verstehst du?«
    »Nicht, was du denkst«, ergänzte Boo-Boo mit seinem dröhnenden Organ. »Du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich anfassen werden – oder so was.«
    Die anderen lachten.
    »Wir doch nicht!«, rief Cactus. Er prustete vor künstlicher Heiterkeit und fügte hinzu: »Eigentlich sind wir nur hier, um dir ein bisschen die Langeweile zu vertreiben. Und davon verstehen wir was.«
    Boo-Boo und Murky brummten beipflichtend.
    »Wir waren ja alle schon mal bei deinem Daddy zu Gast«, fuhr der Mexikaner fort. »Da lernt man, wie man mit der Langeweile fertig wird.«
    Wieder gaben die anderen beifällige Laute von sich. Nach einem Moment wichen sie unvermittelt auseinander. Entsetzt musste Deana mit ansehen, wie sie vor ihr und unmittelbar hinter ihr Bohlen anhoben und zur Seite warfen.
    Das Rauschen des Wassers war nun stärker zu hören, und sie glaubte, blitzende Reflexe in der Tiefe zu erkennen. Innerhalb von Minuten entstand eine hölzerne Insel, auf der sie gefangen war. Sie begann vor Angst zu zittern, obwohl sie sich dafür hasste. Sie wollte ihren Bezwingern keine Schwäche zeigen, doch sie konnte nicht verhindern, dass sie auch noch zu schluchzen anfing.
    Boo-Boo tat, als wollte er sie trösten. »Keine Angst«, sagte er beschwichtigend und grinste dabei. »Du bist hier so sicher wie in Abrahams Schoß. Passieren kann überhaupt nichts. Im Gegenteil, es ist doch viel interessanter, wenn da unten ein bisschen was fließt. Sonst tut sich doch hier gar nichts.«
    Cactus und Murky lachten übertrieben laut, als hätte ihr Komplize einen besonders guten Witz erzählt.
    Deana starrte in die dunkle Tiefe vor ihren Füßen. Sie wagte nicht, sich umzudrehen. Sie atmete schwer und schluckte krampfhaft.
    Murky machte einen Schritt auf sie zu und piekte mit dem Zeigefinger in ihre Richtung. »Du würdest gern wissen, wie weit es da runtergeht, stimmt’s?«
    Deana presste die Lippen zusammen und nickte.
    »All right«, entgegnete der Ire. »Es ist kein Geheimnis. Raga hat uns erlaubt,

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