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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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sortierten erste Datenblätter und hefteten die bereits ausgedruckten Tatortfotos an die Filzplatten. Spurensicherer gruppierten Plastiktüten mit gesicherten Beweisstücken auf den Tischplatten.
    Ein Heizgebläse vermochte die Luft nicht vollends zu trocknen. Es herrschte eine feuchte Wärme wie im Tropenhaus des Botanischen Gartens Brooklyn. Phil und ich fragten uns durch und stießen im Hauptzelt auf den Einsatzleiter, Detective Lieutenant Gavin Pierce.
    Pierce war ein untersetzter, breitschultriger Mann. Er beendete das Gespräch mit seinen Kollegen und wandte sich uns zu. Wir kannten uns von früheren Einsätzen. In der Detective Division des 76. Reviers, das für South Brooklyn zuständig war, leitete Lieutenant Pierce die Homicide Squad, die Mordabteilung.
    »Guten Morgen, Jerry, guten Morgen, Phil«, sagte er und deutete zum Zeltdach, das unter den Wassermassen durchhing. »Wenn eine Woche so anfängt …«
    »… kann es nur noch besser werden«, ergänzte ich seinen Satz mit der optimistischen Sichtweise.
    »… steht das dicke Ende erst noch bevor«, ließ Phil seine pessimistische Ader durchscheinen.
    Wir erwiderten Gavins Gruß per Handschlag.
    »Gegen das Wetter können wir nichts machen«, sagte er und lächelte. Doch er wurde sofort wieder ernst. »Aber den Kerl, der das Girl auf dem Gewissen hat, werdet ihr schnell finden.« Er kam unserem möglichen Einwand zuvor, indem er die rechte Hand hob und nickte. »Okay, natürlich können es auch mehrere Täter gewesen sein, und ebenso gut können der oder die Täter auch weiblich gewesen sein.«
    »Du bist also überzeugt, dass es Mord war«, erwiderte ich.
    »Hundertprozentig«, bestätigte Gavin. »Notarzt Doktor Barringer ist ein erfahrener Mediziner. Ich habe oft genug mit ihm zusammengearbeitet. Er ist nicht der Typ, der sich aus dem Fenster lehnt, wenn er nicht sicher ist.«
    »Ist er noch da?«, fragte Phil.
    Gavin schüttelte den Kopf. »Zu viele Unfälle heute. Aber der Rechtsmediziner ist da.« Er winkte uns mit sich. »Seht es euch erst mal an.«
    Wir folgten dem Lieutenant. Wie im Einsatzzelt bestand der Boden rund um den Fundort der Leiche aus brüchigem altem Beton. Aus breiten Spalten spross Unkraut, das nun, unter dem Zelt, plattgetreten war. Links, vor der Außenwand des alten Lagerhauses, war der Beton offenbar auf einem breiteren Streifen weggebrochen, denn dort wucherten Unkraut und Buschwerk hüfthoch, stellenweise sogar höher. Abfälle aus Kunststoff und Papier schimmerten durch den Wildwuchs.
    An einer Stelle war eine regelrechte kleine Lichtung entstanden; dort hatte jemand ein halbes Dutzend prallvolle Papiersäcke mit Katzenstreu entsorgt. Durch den Regen waren sie an mehreren Stellen aufgeplatzt und ließen den körnigen grauen Inhalt herausquellen. Mir drehte sich der Magen um bei dem Gedanken, dass in dieser Umgebung ein Mensch ums Leben gekommen war.
    Gillian O’Farrell lag fünf Yards weiter, zum Ende des Zelts hin. Männer und Frauen in den weißen Overalls der SRD beherrschten die Szene. Von der Toten konnten wir die unnatürlich verdrehten nackten Beine, einen kurzen schwarzen Rock, ein zerrissenes rotes Top und eine hochgerutschte leichte Strickjacke sehen, außerdem ihren Hinterkopf mit verkrustetem Blut in den kurzen blonden Haaren. Das Blut war noch nicht weggespült worden. Der Regen hatte erst in den Morgenstunden eingesetzt. Die Fundstelle war mit drei Schritten Abstand rund um die Tote durch Trassierband abgesperrt worden. Es gab eine auf die gleiche Weise gekennzeichnete Gasse zu der Leiche hin.
    Gavin Pierce erklärte uns, dass ein Pensionär Gillian O’Farrell gefunden hatte. Der Mann, Harold Anderson, war Lehrer im Ruhestand und Frühaufsteher. Schon um sechs Uhr an diesem Morgen hatte er wie gewohnt »Hercules« spazieren geführt, seinen Jack-Russell-Terrier. Der wieselflinke kleine Kerl war ihm an der Van Dyke Street entwischt und zwischen den leerstehenden Gebäuden auf der Industriebrache verschwunden.
    Sein Herrchen hatte indessen nicht lange suchen müssen. Das anhaltende Gebell seines Vierbeiners hatte ihn zu der Stelle geführt, an der wir jetzt standen. Das war etwa um zwanzig nach sechs gewesen. Um halb sieben waren das Notarzt-Team und die ersten Einsatzkräfte des NYPD eingetroffen. Eine Viertelstunde später hatte der Regen eingesetzt, kurz nach sieben war das Hauptzelt aufgebaut, und kurz darauf hatte auch das zweite Zelt gestanden.
    »Zu der Datei mit Gillian O’Farrells persönlichen

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