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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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mal gehört, glaube ich. Falls Sie vorhaben, mich mit medizinischem Halbwissen zu beeindrucken, fassen Sie sich bitte kurz, Agent Cotton. Ich befinde mich in einem Tatort-Einsatz und werde anschließend bei der Obduktion der Leiche gebraucht.«
    Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie Phil und Gavin einen fassungslosen Blick wechselten. Es waren nicht nur unsere Erfahrung und unsere Berufsjahre, die eines für uns selbstverständlich und unumstößlich machten: Angesichts eines Toten wurden nicht mal andeutungsweise Witze oder auch nur flapsige Bemerkungen gemacht. Das gebot uns schlicht und einfach der Respekt vor der Würde des Menschen.
    Bei Doc Venable kam noch die Arroganz hinzu. Er mochte neu bei der Scientific Research Division sein, aber ein Anfänger in seinem Fach war er ganz gewiss nicht. Deshalb vermutete ich, dass er sich wichtig machen wollte – simpel ausgedrückt. Psychologen würden ihm ein übersteigertes Geltungsbedürfnis bescheinigen.
    »Doktor Barringer, der Notarzt«, erklärte ich, »war naturgemäß als Erster am Tatort und hat erkannt, dass es für ihn nichts mehr zu tun gab – außer den Tod Gillian O’Farrells und die mutmaßliche Ursache festzustellen.«
    »Wenn es das ist, was Sie mir sagen wollen«, erwiderte Venable bissig, »dann muss ich Sie dringend bitten, meine Zeit nicht weiter zu verschwenden.«
    »Sehen Sie Fernsehkrimis?«, fragte ich schroff.
    »Wie bitte?« Er starrte mich an, als hätte ich Chinesisch gesprochen.
    »Ihre fiktiven Kollegen in den Fernsehkrimis sagen am Tatort oder am Fundort einer Leiche zur Todesursache immer diesen Standardsatz auf: ›Genaueres kann ich erst nach der Obduktion sagen.‹ Genauso überflüssig wäre es, wenn sie sagen würden: ›Der Tag hat vierundzwanzig Stunden.‹ Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Nur mit Mühe«, versuchte Venable erneut, sich über mich lustig zu machen.
    Ich ließ es an mir abprallen und erwiderte: »Sie dagegen, Doktor Venable, stellen alle Drehbuch-Standards auf den Kopf und behaupten, die Todesursache schon vor der Obduktion zu kennen. Damit nicht genug, stellen Sie auch noch das Urteil Ihres Kollegen vom Rettungsdienst in Frage.«
    »Na und?« Venable zuckte mit den Schultern. »Dann steht hier eben Aussage gegen Aussage. Der Kollege Barringer hat seine Meinung, ich habe eine andere. Tun Sie Ihren Job und finden Sie heraus, wer recht hat.« Er wandte sich ab. Im Weggehen drehte er sich noch einmal um und sagte: »Ach, übrigens – Sie erhalten dann meinen Obduktionsbericht. Da können Sie dann noch mal nachlesen, dass es kein Mord war, sondern dass die junge Frau schlicht und ergreifend abgestürzt ist.«
    Ich gab es auf. Mit diesem Mann kam man einfach nicht weiter. Mein Partner allerdings gab die Hoffnung noch nicht auf.
    »Jetzt reicht es«, knurrte er, machte zwei schnelle Schritte von uns weg, versperrte dem Doc den Weg und herrschte ihn an: »Was ist los mit Ihnen, Mann? Plagt Sie etwas? Burnout? Depressionen? Oder sind Sie einfach nur mit dem falschen Bein aufgestanden?«
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht«, versuchte Venable, von oben herab zu kontern.
    »Noch eine Frage, die Sie nicht verstehen?« Phil schüttelte missbilligend den Kopf. »Okay, ich erkläre es Ihnen. Was wir hier brauchen …«
    Ich wollte dazwischengehen, aber Gavin Pierce hielt mich am Arm fest.
    »… ist ein Rechtsmediziner, mit dem wir zusammenarbeiten können – keinen Profilneurotiker, der dem FBI irgendwas beweisen will.« Phil zeigte auf den Fundort der Leiche. »Wir müssen den Tod dieser jungen Frau aufklären, ob es nun ein Mord war oder nicht. Wenn aber der Notarzt nicht nur einen unnatürlichen Todesfall feststellt, sondern auf Mord tippt, ist er im Vergleich zu Ihnen ausgesprochen mutig mit seiner Diagnose. Unter dem Strich hat er damit den ersten und vielleicht entscheidenden Beitrag zur Aufklärung des Falles geleistet.«
    »Irren ist menschlich«, entgegnete Venable gepresst. »Und jetzt würde ich gern mit meiner Arbeit weitermachen.«
    Phil nickte bedächtig. »Wir werden sehen, was dabei herauskommt.«
    Doktor Venable beachtete keinen von uns mehr, gab seinen Assistenten noch ein paar kurze Anweisungen, nahm seinen Koffer und beeilte sich dann, das Zelt zu verlassen.
    »Hast du eine Ahnung, was mit dem Mann los ist?«, fragte ich Gavin Pierce.
    Er schüttelte den Kopf. »Vorhin war er noch ganz normal. Sorry, aber vielleicht hat er was gegen das FBI.«
    ***
    Wir verschwendeten unsere Zeit nicht weiter

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