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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu Zeit zur Erde niederbückten.
    „Hast du eine Ahnung, was diese Leute dort tun, Sihdi?“ erkundigte sich Halef.
    „Ja. Du hast doch gesehen, daß einer von ihnen Honigwaben in den Händen trug. Das ist die Lockspeise für den Bären, die sie von der Musallah bis in die Nähe seines Lagers legen, um ihm den Weg zu zeigen, der ihn zu seinen Opfern führen soll.“
    „Maschallah! Ist es nicht ein Wunder, daß es Menschen gibt, die keine Menschen mehr sind? Wer eine Blutrache ausführen will, der mag dem Feind eine Kugel in den Kopf geben; aber ihn auf diese Weise quälen und ihn von den wilden Tieren zerreißen lassen, das kann doch nur ein Teufel sich aussinnen!“
    „Es ist freilich so unmenschlich, daß man es kaum begreifen kann; aber wer weiß, durch welche Grausamkeit die Bebbeh diese Art der Rache herausgefordert haben; uns werden sie es freilich nicht erzählen. Schau, da kommen die drei Kelhur wieder! Sie haben noch etwas holen müssen.“
    Als sie an uns vorübergingen, sahen wir, was sie trugen, nämlich ein Bündel dürre Binsen, mehrere Stücke Talg und einen leeren, blechernen Patronenkasten.
    „Was sie wohl mit dem Kasten wollen?“ meinte Halef.
    „Wahrscheinlich eine Lampe anfertigen.“
    „Lampe? Wozu?“
    „Das Mark der Binsen vertritt den Docht und der Talg die Stelle des Öls.“
    „Ja, aber warum? Wozu brauchen sie eine Lampe herzustellen? Wollen sie sie der Bärin zum Geburtstag für ihr Zimmer des Schlafes schenken?“
    „Das weniger, Halef. Es liegt vielmehr ein jedenfalls nicht so liebenswürdiger Grund vor. Sie werden die Kapelle erleuchten wollen, damit der Bär seine Beute leichter findet.“
    „Allah! Das ist wieder ein Gedanke aus der Hölle.“
    „Und eine Qual, die man nicht bloß fühlt, sondern auch sieht, ist eine doppelte Qual. Diese Kelhur verfahren mit einer so ausgesuchten Bosheit, daß man sie an Stelle der Bebbeh den Bären vorwerfen möchte, ohne sich die geringsten Gewissensbisse darüber zu machen.“
    Wir sahen, daß die erwähnten Gegenstände in das Innere der Musallah getragen wurden; inzwischen waren die, welche den süßen Köder gelegt hatten, damit fertig geworden, und als die andern in der Kapelle auch ihren Zweck erreicht hatten, kamen sie alle zurück und wieder an uns vorbei. Sie verhielten sich dabei so schweigsam, daß wir kein Wort von ihnen zu hören bekamen. Nun glaubte Halef endlich die Zeit gekommen, Aufklärung über meine Absichten von mir erhalten zu können. Darum fragte er:
    „Dürfen wir jetzt miteinander sprechen, Sihdi?“
    „Ja.“
    „Warum sprichst du nicht? Du weißt ja wohl ganz gewiß, was ich so gern wissen möchte!“
    „Ich kann es mir denken und will vorher einige Fragen an dich richten. Wollen wir nicht nur unsere Pferde wieder holen, sondern auch das Geld des Wirtes und dazu die Bebbeh retten?“
    „Ja, Effendi; das wollen wir nicht nur, sondern das müssen wir sogar. Wenn wir die Bebbeh in dieser Weise sterben ließen, würde mir es zeit meines Lebens sein, als ob ich die Krallen des Bären in meinem Fleisch fühlte.“
    „Gut! Aber es gilt dabei, unser Leben zu wagen. Bist du damit einverstanden?“
    „Warum fragst du mich da erst? Willst du mich, deinen treuen Hadschi Halef Omar, beleidigen und kränken?“
    „Nein. Ich frage deshalb, weil es sich um eine Gefahr handelt, in welcher du dich noch niemals befunden hast.“
    „Welche ist es?“
    „Weil die Kelhur jetzt noch nicht wissen sollen, daß wir hier sind, dürfen wir nicht schießen; dennoch aber müssen wir die Bärin töten.“
    „Nun, so töten wir sie!“ antwortete der kleine, furchtlose Kerl schnell bereit.
    „Aber womit?“
    „Womit du willst, Effendi.“
    „Wir können sie nur entweder erstechen oder erschlagen.“
    „Gut, so tun wir es!“
    „Halef, erst überlegen, dann beschließen und nachher handeln! Hast du schon einmal einen Bären erschlagen oder erstochen?“
    „Noch nie. Aber eben deshalb freue ich mich unendlich darauf, es heut einmal tun zu dürfen.“
    „Lieber Hadschi, zwischen wollen und vollbringen ist ein großer Unterschied! Hier handelt es sich um eine alte, ungeheuer große Bärin; sie zu erschlagen, dazu gehört eine Körperkraft, die du nicht besitzest, und ein Gewehrkolben, welcher nicht zerspringt.“
    „Einen solchen Kolben hat dein Bärentöter, also sind die Rollen gleich verteilt: du erschlägst sie und ich ersteche sie, ob vorher oder nachher, das ist mir gleich!“
    „Langsam, langsam! Weißt du, wohin man

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