29 - Im Lande des Mahdi III
nehmen.“
„Womit wollen sie bezahlen?“
„Sie wollten sich nicht mit Waren schleppen, weil sie da mehr Kamele bräuchten, und werden dir also Goldstaub bringen.“
„Was tue ich mit dem Gold, für welches ich mir hier nichts kaufen kann! Ich habe Tauschartikel erwartet, denn ich komme während dieser Reise an keinen Ort, wo ich bekommen kann, was ich brauche. Wenn sie mit Gold bezahlen, werde ich höhere Preise machen. Wieviel Männer zählen sie?“
„Zwölf.“
„Grad so viel wie wir. Das genügt, da der Raïs Effendina mit seinem Adschnabi (Fremden), den Allah ersäufen möge, nicht mehr da ist. Geht hinauf zur Höhe, und gebt der Karawane das Zeichen, daß sie kommen soll. Wir werden hier auf sie warten. Bringt auch die Hudschuhn (Reitkamele) mit herab, daß sie trinken können!“
Der Sprecher ging mit seinem Begleiter nach einem Baum, an dessen Stamm sie sich niedersetzten, während die beiden andern sich nach der Höhe entfernten. Die beiden ersteren sprachen nicht miteinander; sie waren augenscheinlich von der Reise ermüdet. Ihrer Gesichtsbildung und Hautfarbe nach schienen sie zu den Messerijeh oder Habanijeh zu gehören, beides Stämme, bei denen der Sklavenhandel keine Seltenheit ist.
Es dauerte nicht lange, so kam die Karawane die Mischrah herabgezogen, sehr langsam, weil den Kamelen das Abwärtssteigen schwerfiel und weil, wie wir sogleich sahen, die Sklaven so erschöpft waren, daß sie sich kaum mehr schleppen konnten. Diese armen Teufel hatten einen sehr weiten Weg hinter sich, den sie in Fesseln und im glühendsten Sonnenbrand zu Fuß durch die ausgetrocknete Chala hatten zurücklegen müssen. Wie sahen sie aus! Zum Erbarmen! Zwar war die mit Recht so gefürchtete Schebah, die ich selbst auch mehr als zur Genüge kennengelernt hatte, nicht in Anwendung gebracht, doch durfte ihre Fesselung trotzdem keine leichte genannt werden. Die Hände waren ihnen nämlich durch Stricke je mit dem Fuß der andern Seite so verbunden, daß sie nur ganz kurze Schritte machen und die Finger nicht zum Mund, ja kaum bis zur Höhe der Brust bringen konnten. Von einem Handgelenk zum andern ging ein dritter Strick, in dessen Mitte ein schwerer Holzklotz hing, den sie tragen mußten, wenn er ihnen nicht die Beine zu Schanden schlagen sollte. Außer einigen Fetzen, die um ihre Lenden hingen, waren sie unbekleidet, und da auch ihre Köpfe vollständig entblößt waren, mußten sie bei der jetzt herrschenden Hitze fürchterliche Qualen ausgestanden haben. Ich sah an ihren Körpern handgroße Stellen, von denen die Sonne die Haut weggefressen hatte. Und das waren keine Neger, keine Heiden, sondern mohammedanische Bagara el Homr, wie ich später hörte, welche in die Kriegsgefangenschaft ihrer jetzigen Herren geraten waren! Sie hatten so lange gedürstet, daß sie, als sie das Wasser sahen, vor Freude aufschrien und sofort nach dem Ufer laufen wollten, doch wurden sie von ihren Wächtern durch Gewehrstöße zurückgehalten. Erst durften die Kamele saufen, und dann erhielten auch sie zu trinken, und zwar aus hohlen Kürbisschalen. An das Wasser durften sie nicht, denn man fürchtete, es möchte sich einer von ihnen aus Verzweiflung hineinstürzen, um sich zu ertränken.
Als sie ihren Durst gelöscht hatten, bekam jeder von ihnen eine Handvoll trockener Hirsekörner, die sie nur im Sitzen essen konnten, weil es ihnen nur in dieser Stellung möglich war, den Mund mit den Händen zu erreichen. Dann wurden sie nach einer morastigen Sumpfgrasstelle gebracht, wo sie sich, paar- und paarweise zusammengebunden, niederlegen mußten. Dabei zündeten ihre Wächter zwei große Feuer an, um sie während der Nacht beobachten zu können.
Dadurch hatten sie sich alle von unserem Versteck so weit entfernt, daß wir nicht mehr hören konnten, was gesprochen wurde. Ich hatte doch nicht gedacht, daß die Armen würden in dem Sumpf kampieren müssen. Aber daß wir nichts verstehen konnten, das machte uns keinen Schaden. Je weiter diese Händler von uns saßen, desto weniger konnten sie uns entdecken. Wie jetzt die Sache lag, mußte ich meine Absicht, die Sklaven zu befreien, auf alle Fälle erreichen; mehr konnte ich hier doch wohl nicht verlangen.
Es war inzwischen dunkel geworden, und das Mogreb wurde gebetet; diesem folgte das Aschia, das Abendgebet, einige Zeit nach dem vollständigen Eintritt der Finsternis. Diese beiden Gebete wurden mit einer Feierlichkeit und Inbrunst gesprochen, auch von Seiten der Sklaven, die mit der
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