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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hermachten. Wie gern sie das taten! Sie faßten ihn bei den Beinen, zogen ihn auf die Seite und gaben da seinem Körper und seinen Gliedern die Lage, welche Ben Nil ihnen bezeichnet hatte. Er wehrte sich dagegen, soweit die Stricke, mit denen er gebunden war, es ihm erlaubten. Das half ihm nichts, denn es hatten ihn so viele Fäuste gepackt, daß seine Kraft gegen die ihrige gleich Null war.
    Hätte er mich um Verzeihung gebeten, so wäre ich sehr wahrscheinlich so schwach gewesen, ihm die Bastonade zu erlassen; aber es fiel ihm gar nicht ein, dies zu tun. Er schleuderte vielmehr eine solche Flut von Schimpfworten gegen uns und besonders gegen mich, daß ich befahl, ihm nicht zehn sondern zwanzig Hiebe auf jeden Fuß zu geben. Als das sein Mülasim hörte, rief er ihm zu:
    „Schweig doch, schweig! Du siehst ja, daß du es mit deinem Zorn noch schlimmer machst. Wenn du deine Zunge nicht zähmst, wirst du dreißig oder fünfzig Streiche erhalten, während dich doch schon die ersten zehn vollständig zufriedenstellen konnten!“
    Diese Warnung fruchtete; Abu Reqiq schwieg; aber um Verzeihung zu bitten, daß ließ ihm sein Stolz auch jetzt nicht zu. Mehrere der El Homr baten, die Rute führen zu dürfen, doch Ben Nil antwortete: „Ihr seid halb verhungert und verdurstet und habt also die Kraft verloren, welche dazu gehört, alles, was im bösen Herzen dieses Menschen lebt, so deutlich auf seine Sohlen zu zeichnen, daß er es endlich selber glauben muß. Ich aber bin kräftig genug dazu und habe mir hier diese vier schönen, starken und biegsamen Stöcke nicht für euch, sondern nur für mich abgeschnitten. Haltet ihn also fest! Es kann beginnen.“
    Die El Homr bildeten einen Kreis um die bei der Exekution beteiligten Personen; ich aber zog es vor, nicht Zuschauer bei derselben zu sein. Bald hörte ich die Hiebe fallen, deren jeder durch ein tierisches Gebrüll des Empfangenden quittiert wurde. Die einzelnen Schreie, welche er ausstieß, zogen sich nach und nach in ein immerwährendes, pausenloses Heulen zusammen, welches mich verhinderte, die ferneren Schläge zu hören und also auch zu zählen. Endlich verstummte das Gebrüll; es gab nur noch ein tiefes, schweres Stöhnen. Der Kreis öffnete sich; Ben Nil kam zu mir und meldete:
    „Wir sind zu Ende, Effendi, und du wirst mit mir zufrieden sein.“
    „Warum?“
    „Weil ich ihm fünfundzwanzig anstatt zwanzig gegeben habe.“
    „Warum hast du das getan?“
    „Weil ich so schön im Zuge war, daß ich meinen Arm nicht eher zum Stillstehen brachte, als bis es fünf zu viel geworden waren. Nun liegt er da und kann sich nicht rühren. Was sollen wir mit ihm machen?“
    „Schafft ihn hinter das Akaziengebüsch rechts dort an der Wasserlache! Wenn er dort liegt, tragt ihr seinen Mülasim zu ihm und bindet sie so nebeneinander an die Büsche oder an Pflöcke, die ihr in die Erde schlagt, daß sie sich nicht bewegen und nicht sehen können, was hinter ihnen geschieht.“
    „Warum?“
    „Kannst du dich noch erinnern, wie ich Abd Asl belauschte, als wir an der Quelle lagen, wo ich den Löwen schoß?“
    „Ja.“
    „Grad in derselben Weise will ich diesen Abu Reqiq belauschen. Er drohte mir, daß grad der Islam seinen Rachen gegen mich öffnen werde, um mich zu verschlingen. Das hat eine Bedeutung, die ich nicht kenne und die ich kennenlernen will und muß. Er würde es mir weder gutwillig noch gezwungen sagen; darum wende ich die List, welche damals so glückte, hier wieder an. Es ist ein dafür sehr günstiger Umstand, daß er seinen Mülasim bei sich hat, mit dem er jedenfalls auf einem vertraulicheren Fuß steht als mit seinen andern, gewöhnlichen Leuten. Wenn beide glauben, allein und unbeobachtet beieinander zu liegen, werden sie ihrem Herzen Luft machen, und ich müßte mich sehr irren, wenn dabei nicht auch das mit zur Sprache käme, was ich erfahren will. Die Hauptsache ist, daß sie sich für unbelauscht halten, daß sie überzeugt sind, ich befinde mich in eurer Mitte, nicht aber bei ihnen.“
    „Das laß mich machen, Effendi! Die El Homr müssen sich in einem Kreis um dich niedersetzen und so tun, als ob die Beute unter sich verteilt würde. Inzwischen schaffe ich die beiden Kerls nach dem Gebüsch und binde sie dort an, und du schleichst dich, ohne daß sie es bemerken, hinter sie. Wenn ich dann wieder bei den El Homr sitze, werde ich öfters so tun, als ob ich mit dir spräche. Sie werden das hören und dann gewiß nicht denken, daß du nicht bei uns,

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