29 - Im Lande des Mahdi III
Lüge, aber dennoch wird es anders sein, als du sprichst. Wärst du nicht der Mann, auf den wir uns stets verlassen konnten, so würde ich mich dir widersetzen; so aber bitte ich nur um dein Wort, daß dem Raïs Effendina nichts geschieht und daß du die Macht, welche er dir übergeben hat, nicht zu unserem Schaden anwenden willst!“
„Ich gebe dir dieses Wort und füge hinzu, daß ihr alle anstatt Schaden nur Nutzen haben werdet.“
„Das genügt mir, Effendi. Ich will nicht in deine Geheimnisse eindringen, weil ich es für besser halte, sie nicht zu kennen. Du siehst, ich kann auch diplomatisch sein!“
Er war beruhigt und ich dadurch auch, weil nur er es hätte wagen können, sich gegen meine Befehle aufzulehnen. Bald hatten wir die Nilarme hinter uns, und der Fluß bildete wieder eine ungeteilte Wasserfläche, auf welcher unser schneller ‚Falke‘ bei günstigem Wind abwärts schoß. Seit wir die Mischrah hinter uns hatten, war mir das Herz wohltuend leicht, da ich mich erst nun als Sieger fühlen durfte. Ich hatte ein großes Wagnis bestanden; vielleicht lag ein noch viel größeres vor mir, doch konnte mich das nicht ängstlich machen, zumal ich jetzt gar keine Zeit hatte, mich mit Sorgen um die Zukunft zu beschäftigen; die Gegenwart nahm mich ganz in Anspruch.
Ich hatte mich zu überzeugen, daß die gefangenen Händler sicher untergebracht waren, und für die Unterkunft der El Homr Sorge zu tragen. Die Kamele machten uns zu schaffen. Hundert Fragen wurden an mich gerichtet, auf welche ich ebenso viele Auskünfte zu erteilen hatte, und es dauerte lange, ehe die nötige Ordnung herrschte und ich es mir in der Kajüte des Raïs Effendina bequem machen konnte.
Ben Nil wurde oben auf dem Verdeck von allen Ohren, welche unser Erlebnis hören wollten, in Anspruch genommen; ich hatte ihm untersagt, Genaueres über mein Verhalten zu dem Raïs Effendina zu berichten, und da auch der Leutnant und die beiden Steuerleute nicht darüber auszufragen waren, so blieben die Asaker in Unwissenheit darüber, daß ihr Kommandant gefesselt und gezwungenermaßen zurückgeblieben war. Was Hubahr, den Spion, betrifft, so hielt ich ihm mein Wort: ich ließ ihn nicht mit den andern Gefangenen einsperren; er war bei ihrer Einschiffung versteckt worden, so daß sie ihn gar nicht gesehen hatten, und durfte sich jetzt frei auf dem Deck bewegen. Nur als wir abends bis zum Aufgang des Mondes anlegen mußten, wurde er wieder gebunden. Diese Zeit wurde übrigens dazu benutzt, das für die Kamele nötige Futter vom Ufer zu holen.
Über die Fahrt bis Omm Saf ist nichts Wichtiges zu sagen. Wir kamen kurz nach Mittag am jenseitigen Ufer vorüber; dies geschah aus Vorsicht, weil ich grad dort nicht wissen lassen wollte, daß unser Schiff der ‚Falke‘ sei. Darum waren auch, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen, alle Segel beschlagen worden, und wir ließen uns nur von der Strömung treiben.
Aus diesem Grund dauerte es drei volle Stunden, ehe wir die letzte Krümmung des Flusses erreichten, hinter welcher er eine Stunde lang, wie Hubahr gesagt hatte, in gerader Richtung auf die Michbaja zu floß. Ich ließ nach der innersten Stelle dieser Uferkehle steuern und dort anlegen. Als dies geschehen war, wurden die dem Wasser zugekehrte Seite des Schiffes und die Masten mit grünen Zweigen verkleidet, so daß wir, ganz nahe am dichten Wald liegend, von fern nur schwer gesehen werden konnten.
Jetzt lag die Michbaja nur noch eine Stunde abwärts von uns, und wir standen, oder vielmehr ich stand vor einer Aufgabe, deren Lösung ich mir nicht leicht vorstellen durfte. Kein Mensch außer mir wußte, warum ich hier an dieser Stelle hatte anlegen lassen, denn selbst Hubahr ahnte es nur. Ich hatte nur bekannt gegeben, daß unsere jetzige Fahrt uns höchstwahrscheinlich reiche Beute bringen werde, und dadurch eine allgemeine frohe Stimmung hervorgerufen; etwas Bestimmtes aber war sogar dem Leutnant nicht mitgeteilt worden. Daß ich jetzt das Schiff maskieren ließ, brachte ihn auf den Gedanken, daß dies mit der versprochenen Beute in Verbindung stehen müsse, und er fragte mich, ob diese Vermutung richtig sei. Nun weihte ich ihn in meine Absicht ein, das große, reiche Nest auszunehmen, welches jenseits der Flußkrümmung vor uns lag, und teilte ihm mit, was ich darüber erfahren hatte. Er geriet in die größte Aufregung und hätte gewiß Alarm gemacht, wenn er nicht von mir daran verhindert worden wäre. Nun sollte ich ihm die Michbaja
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