29 - Im Lande des Mahdi III
machen. Wenn du der tüchtige Mann bist, für den du dich hältst, wirst du, grad so wie ich, trotzdem auch Erfolge haben, und ich werde dann gerechter als du sein und dir mein Lob nicht vorenthalten.“
Diese Worte brachten einen unbeschreiblichen Eindruck auf ihn hervor. Zunächst starrte er mich wortlos an, als ob er sich besinnen müsse, ob er wache oder träume; dann sprühten seine Augen einen Strahl von Wut auf mich, der mich niedergeworfen hätte, wenn er materieller gewesen wäre, und hierauf brach eine Flut von Flüchen und Verwünschungen los, die ich über mich ergehen ließ, bis er, um Atem zu schöpfen, eine Pause machen mußte. Da fiel ich schnell ein:
„Dein Fluchen und Schmähen hilft dir nicht nur nichts, sondern es würde meinen Entschluß nur noch fester machen, falls ich geneigt gewesen wäre, in Anbetracht unserer früheren Freundschaft von ihm abzuweichen. Und daß du bei jeder Beleidigung mein Christentum hervorhebst, macht eine Änderung meiner Absicht vollends zur Unmöglichkeit. Du wirfst mir vor, mich in Schutz genommen zu haben; ich aber glaube, es ist umgekehrt der Fall. Ich habe deines Schutzes nie bedurft; du rechnetest im Gegenteil stets auf meine Hilfe. Und wenn ich wirklich der unbekannte, niedrige, unbedeutende Christenhund wäre, wie du mich jetzt genannt hast, so würde das nur ein Lob für mich bedeuten, denn es müßte mir hundertfache Bewunderung einbringen, daß es diesem Hund nichts weiter als nur den Willen gekostet hat, selbst den berühmten und mächtigen Raïs Effendina zu bezwingen und ihm sein hinterlistiges und verstecktes Spiel abzugewinnen.“
Er wollte wieder losbrechen; ich ließ ihn nicht dazu kommen und fuhr fort:
„Schweig, sonst sehe ich mich gezwungen, dich durch einen Knebel stumm zu machen! Was ich dir jetzt noch sagen will, habe ich dir nur zu deinem eigenen Nutzen mitzuteilen. Ich segle sofort ab. Du wirst im Boot alles finden, was du brauchst, und sehr klug tun, wenn du dich beim etwaigen Landen so versteckt wie möglich hältst, denn es gibt von hier bis zur Dschesireh Talak chadra Leute, welche dich fangen und töten wollen. Der ‚Falke‘ wird zwar viel schneller sein als dein Boot, und ich werde mich bemühen, dir alle Gefahren aus dem Weg zu räumen, aber ich will dich dennoch ganz besonders vor der Gegend zwischen Omm Saf und Abu Seir warnen. – So, jetzt bin ich fertig. Du kannst sicher sein, den ‚Falken‘ am Ufer der Insel Talak chadra zu finden. Was du dann mit mir machen willst, das geht mich nichts an; das ist allein deine Sache!“
„Vernichten werde ich dich, du Hund!“ brüllte er.
„Versuche es! Es hat mich schon mancher vernichten wollen und ist dabei nur selbst zu Grunde gegangen. Leb wohl! Allah gebe dir eine gute Fahrt und schenke dir unterwegs die Ruhe des Gemütes und die notwendige Einsicht, ohne welche unser Wiedersehen mich nicht erfreuen kann und dir nur Schimpf und Schaden bringen muß!“
Jetzt begann er, wie ein Besessener zu brüllen und mit aller Gewalt an seinen Fesseln zu zerren; das focht mich nicht an, denn ich war mit ihm fertig. Ich forderte Ben Nil auf, mir hinunter nach dem Fluß zu folgen, bis wohin die Stimme des Raïs Effendina nicht ganz zu dringen vermochte. Dort angekommen, gab ich den vier Soldaten den Befehl:
„Wenn wir abgesegelt sind, wartet ihr eine halbe Stunde; dann mag einer von euch da links zur Höhe steigen, wo sich der Raïs Effendina befindet; von ihm werdet ihr erfahren, wozu ich euch bestimmt habe.“
Wir gingen an Bord, wo ich den Befehl gab, vom Land zu stoßen. Indem er ausgeführt wurde, kam der Leutnant zu mir und fragte in ängstlichem Ton:
„Willst du ohne den Raïs Effendina von hier fort? Was soll aus ihm werden! Und was können wir vorbringen, wenn man Rechenschaft von uns verlangt und es – – –“
„Beruhige dich; es ist alles in Ordnung!“ unterbrach ich ihn. „Da er mir den Oberbefehl übergab, habt ihr mir zu gehorchen und seid keinem Menschen als nur mir Rechenschaft schuldig. Ihr könnt das jedermann durch das von ihm ausgestellte Dokument beweisen, welches ich dir zu diesem Zweck hiermit übergebe. Um sein Wohl braucht ihr euch nicht zu sorgen, weil ich dafür gesorgt habe. Er hat triftige Gründe, nicht jetzt mit uns zu fahren, sondern hinter uns her zu kommen, weil man ihm weiter abwärts auflauert und nach dem Leben trachtet.“
„Hm!“ meinte er kopfschüttelnd. „Ich fühle, daß du da diplomatisch redest. Du sagst zwar wohl keine
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