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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Diebe gewesen sein, denn ein ehrlicher Mensch kennt die Regeln der Höflichkeit, nach denen man die Frauen zu behandeln hat und die es jedermann verbieten, einer Sejide (Dame) einen Gegenstand in den Mund zu stecken, nach dem sie keinen Appetit verspürt!“
    Der kleine Kerl behielt selbst in der gegenwärtigen Lage die possierliche Ausdrucksweise bei, die eine Folge seiner stetigen guten Laune war. Ich folgte natürlich seiner Aufforderung, ging aber zuerst nach dem Tisch, wo ich den Stumpf des Talglichtes, welches vorhin dort gebrannt hatte, noch vermutete. Er war noch da und ich erhellte mit seiner und eines Zündholzes Hilfe die Stube. Da sah ich die Wirtin am Boden liegen; sie war mit Baststricken umwickelt, daß sie sich nicht rühren konnte, und hatte soviel von ihrer Schürze, wie nur möglich war, in den Mund gestopft bekommen. Als wir sie von den Fesseln und dem Knebel befreit hatten, holte sie einige Male tief, tief Atem und bat dann in flehendem Ton:
    „Tu mir nichts, Emir! Laß es nicht mich entgelten, denn ich bin unschuldig, vollständig unschuldig daran!“
    „Das glaube ich dir“, antwortete ich. „Es fällt mir gar nicht ein, dir Übles zuzufügen. Setz' dich hierher an den Tisch, und erzähle uns ausführlich, was sich während unserer Abwesenheit hier zugetragen hat!“
    Ich führte sie, die an allen Gliedern zitterte, zur Bank und zog sie auf dieselbe nieder. Es dauerte trotz meines begütigenden Zuredens eine geraume Zeit, ehe sie in gesammelter Weise erzählen konnte:
    „Als alle Menschen zum Feuer rannten, wollte ich auch mit fort; aber es fiel mir ein, daß ich das Haus nicht alleinlassen dürfe und also hier bleiben müsse. Aber ich fürchtete mich draußen und ging darum herein in diese Stube. Kaum befand ich mich hier, so kamen viele fremde Kerls herein, welche wie Räuber bewaffnet waren und über mich herfielen. Ich wurde gebunden und dann nach euch gefragt, ob Emir Kara Ben Nemsi Effendi und Hadschi Halef Omar wirklich eure Namen seien. Wenn ich mein Leben retten wollte, so mußte ich die Wahrheit sagen, denn der Anführer stand mit dem gezückten Messer vor mir und drohte, mich zu erstechen, wenn ich mich weigere, ihm die richtige Antwort zu geben. Kannst du mir darüber zürnen, daß ich mein Leben behalten wollte, Emir?“
    „Nein, du bist völlig unschuldig. Sag, kanntest du nicht wenigstens einen der Diebe?“
    „Nein; sie waren mir alle unbekannt; aber ich weiß dennoch, wer sie gewesen sind, denn ehe sie sich entfernten, sagte mir der Anführer, um euch zu ärgern und zu verhöhnen, wer sie seien.“
    „Ah! Das ist mir von der größten Wichtigkeit! Wahrscheinlich aber hat er gelogen, um uns irrezuführen. Welche Namen hat er genannt?“
    „Er hat nicht gelogen, sondern er ist wirklich der, für den er sich ausgab, denn ich sah die tiefe Schmarre auf seiner rechten Wange, und ich weiß, daß Schir Samurek eine solche Schmarre besitzt, die er im Kampf mit den Bebbehkurden erhalten hat.“
    „Ah, Schir Samurek! Meinst du etwa den Scheik der Kurden vom Kelhur-Stamm?“
    „Ja, der war es, Effendi. Alle Kelhurs sind Räuber, und er ist der oberste und schlimmste aller Räuber. Sie hatten es auf eure Pferde abgesehen. Dein Hengst biß und schlug um sich wie ein Teufel, als er hinausgeführt werden sollte; aber sie hatten Stricke mitgebracht, die sie ihm um die Beine warfen und so gelang es ihnen, ihn hinauszuziehen. Mit dem Pferd des Hadschi Halef Omar hatten sie keine solche Not. Sie waren voller Bewunderung und Entzücken über den Rappen, und der Scheik freute sich so sehr über das Gelingen des Raubes, daß er mir, ehe ich den Knebel in den Mund erhielt, erzählte, wie er auf den Gedanken gekommen ist und ihn ausgeführt hat, sich dein Pferd zu holen. Er hat mir sogar befohlen es dir zu erzählen. Er meinte, du solltest erfahren, wie sehr du betrogen worden bist, und würdest dann einsehen, daß alle Christenhunde Dummköpfe seien.“
    „Schön! Zu dieser Einsicht wird mich niemand bringen; höchstwahrscheinlich aber wird im Gegenteil er sehr bald erkennen, daß diese Verhöhnung der größte Fehler war, den er begehen konnte. Zunächst freilich wird er und sein Stamm sehr stolz darauf sein, das weltberühmte Pferd jetzt zu besitzen, doch bin ich überzeugt, daß diese Freude keine lange Dauer hat. Wie hat er denn erfahren, daß ich mich hier in eurem Khan befinde?“
    „Du wirst erstaunen, wenn du das erfährst, Emir! Weißt du, wer der Mensch gewesen ist, der unser

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