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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte eine Logik gezeigt, die alle okzidentale Logik weit übertraf. Er hatte den Zeigefinger an die Nase gelegt und sich gesagt: „Was nützt es, wenn man aus einer Tulumba Wasser in das Feuer spritzen kann und es wegen des Menschenandranges nicht möglich ist, sie an den Ort zu bringen, wo es brennt!“ Er hielt also pfiffigerweise den Transport des Wasserspeichers für wichtiger als das Spritzen selbst und hatte infolgedessen bei der Konstruktion das Hauptgewicht darauf gelegt, die Hindernisse zu bewältigen, welche der Fortbewegung der Tulumba im Wege standen. Er als Erfinder hatte wahrscheinlich auch einmal von den ‚sechs einfachen Instrumenten‘, Hebel, Rolle, Rad, schiefe Ebene, Keil und Schraube gehört und dabei eine besondere Vorliebe grad für den Keil gefaßt. War es da ein Wunder, daß ihm die geplante Tulumba in keilförmiger Gestalt im Traum erschienen war und er diesen Wink des Traumgottes ausgeführt hatte? Ja, er war sogar noch klüger und umsichtiger als dieser Gott gewesen, denn er hatte die keilförmige Konstruktion mit einer hebelnden Bewegung versehen, durch welche es ermöglicht wurde, jeden der Tulumba nicht ausweichenden Menschen einfach in die Luft zu schleudern, worauf es dann in dem Belieben des Betreffenden stand, entweder in der Luft klebenzubleiben oder sich mit den bekannten Fallgesetzen auf vertraulichen Fuß zu stellen.
    Das Ganze bildet einen zweirädrigen Wagen mit je einem langen, schmalen Balkendreieck vorn und hinten, die sich die Waage halten. Es bedarf also gar keiner Anstrengung, das hintere Dreieck zu senken und dadurch das vordere zu heben, oder umgekehrt. Die Mannschaft der Tulumba befindet sich im Innenraum des hinteren Dreiecks, kann also mit den zu beseitigenden Inhabern des Ehrentitels ‚Publikum‘ nicht in direkte Karambolage kommen. Diese Feuerwehrmänner – es waren ihrer zwanzig – schieben das Gestell vorwärts, ohne alle Rücksicht in die Menschenmenge hinein. Sie heben dabei von Zeit zu Zeit die hinteren Balken hoch, wodurch sich der vordere Teil tief senkt und den im Weg stehenden an und zwischen die Beine gerät, denn die Spitze geht in einen schmalen, scharfen Balken aus. Ziehen sie nun hinten plötzlich nieder, so werden diejenigen, welche von der Spitze ergriffen worden sind, je nach der Gewalt des Ruckes mehr oder weniger hoch emporgeworfen, während die keilförmige Gestalt die anderen auf die Seite drängt. Man kann sich das Geschrei, die Quetschungen und Püffe denken, die es gibt, wenn so ein Keil in die dichte Menschenmenge hineingerannt wird! Auf den Gedanken, eine solche Tulumba zu bauen, kann man freilich auch nur kommen, wenn man es mit einer kurdischen Bevölkerung zu tun und ein kurdisches Gehirn im Kopf hat.
    Es ist selbstverständlich, daß die Spritze nur höchst langsam vorwärts kommt, denn es muß sehr oft angehalten werden, und es kommt häufig vor, daß sich das widerspenstige Publikum zur Wehr setzt. Geschah es doch auch im gegenwärtigen Fall, daß die Tulumba die Brandstätte gar nicht erreichte und das große Holzlager, welches die Brandstifter angesteckt hatten, vollständig eingeäschert wurde.
    Aber der umsichtige Erfinder hatte wirklich auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß die Spritze an dem Ort ihrer Bestimmung ankam, und für diesen Fall an der Wagenachse einen starken Haken angebracht, an welchem ein Wasserfaß mit einigen Eimern hing. Wenn ich seit jener Zeit nach Beispielen suche, um die sozialen Verhältnisse des Orients zu illustrieren, so fällt mir immer zuerst die Tulumba von Khoi ein. Übrigens ist dieser kurdische Ort Khoi ja nicht mit der persischen Stadt gleichen Namens zu verwechseln, welche in der Provinz Aserbeidschan an der Karawanenstraße von Erzerum nach Tobriz liegt und eine der schönsten persischen Städte mit gegen dreißigtausend Einwohnern ist.
    Ich blieb mit Halef auf der Silberpappel sitzen, bis die Tulumba nicht mehr zu sehen war und mit ihr sich das Gedränge verzogen hatte. Dann stiegen wir herunter. Jetzt fühlte ich erst die Püffe und Stöße, die ich bekommen hatte. Auch Halef rieb verschiedene Teile des Körpers und sagte dabei in seiner eigenartigen, humoristischen Weise: „Sihdi, wenn das Feuer dort so brennt, wie mir meine Glieder brennen, so ist es nicht zu löschen, zumal im Faß der Tulumba kein Wasser war.“
    „Kein Wasser? Weißt du das?“
    „Ja, denn einem von den Männern, welche die Spitze schoben, war der Tschibuk ausgegangen und er steckte ihn in das

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