29 - Im Lande des Mahdi III
Geld gestohlen hat, obgleich wir ihm alle Ehren der Gastlichkeit erwiesen haben?“
„Nein.“
„Es gibt unter den Bebbeh-Kurden einen, den alle seine Feinde fürchten und alle seine Freunde hassen, denn sie sind nicht wirklich seine Freunde, sondern nennen sich nur so. Er ist listig wie Abu Hossein (Fuchs), gewalttätig wie Assad (Löwe) und blutdürstig wie ein Parsa (Panther) mit dem schwarzen Fell. Es genügt ihm nicht, bei seinem Stamm zu bleiben und an den Kämpfen desselben teilzunehmen, sondern wenn die Bebbeh mit den andern Aschair (Stämmen) in Frieden leben, zieht er allein hinaus, um auf eigene Faust zu rauben und zu stehlen. Er heißt Aqil und ist der Oheim der beiden Scheiks Ahmed Azad und Nizar Hared, welche Söhne des früheren Scheiks Gasahl Gaboya sind.“
„Kull ru'ud – alle Donner!“ entfuhr es mir, der ich mich nur höchst selten einmal zu einem solchen Kraftwort hinreißen lasse. „Von diesem Menschen habe ich noch nie etwas gehört. Und Aqil heißt er? Weißt du das gewiß?“
„Ja, Effendi; ich irre mich nicht, denn man spricht grad hier in unserer Gegend sehr viel von seinen Taten.“
„Und der Gast, mit dem wir hier gegessen haben, nannte sich Ssali Ben Aqil! Er leugnete zwar, ein Kurde zu sein, doch glaubte ich ihm nicht. Sollte er der Sohn dieses Aqil sein, von dem du redest?“
„Er ist es, Emir.“
„Das hast du gewußt und ihn doch herein in das Haus gelassen?!“
„Ich habe es nicht gewußt, sondern es erst vom Schir Samurek erfahren, der mir befahl, es dir zu sagen, ‚damit dein Leib vor Ärger platze‘; das waren nämlich genau die Worte, die er sagte.“
„Gut! Jetzt möchte ich wissen, ob die Anwesenheit dieses Ssali Ben Aqil mit dem Hiersein seines Vaters im Zusammenhang steht.“
„Nein, der Sohn hat nicht geahnt, daß sein Vater kurz vor ihm hier bei uns gewesen ist. Auch das hat mir der Scheik der Kelhur-Kurden erzählt. Und nun kommt das Wichtigste, was ich dir zu sagen habe, weil ich es dir sagen soll. Die Kelhur und die Bebbeh stehen nämlich in Blutrache miteinander, welche daher stammt, daß Aqil vor zwei Jahren einen Kelhur getötet hat. Das fordert das Blut Aqils oder eines Verwandten von ihm, denn durch eine Zahlung kann es nicht friedlich ausgeglichen werden, weil die Kelhur einen Preis gefordert haben, der nicht zu erschwingen ist. Aber heut hat Aqil doch geglaubt, diesen hohen Preis zahlen zu können und deshalb die Kelhur aufgesucht, von denen er wußte, daß sie in der Nähe unserer Stadt lagerten.“
„Welch ein Gedanke von diesem Kerl! Ich ahne, was du sagen willst. Er hat sich durch meinen Rapphengst von der Blutrache loskaufen wollen?“
„Ja. Er war, ohne daß wir es ahnten, hier bei uns. Da kamt ihr, er hörte, wer ihr seid, und sah auch eure Pferde. Schon vorher hatte er beschlossen, unser Geld zu stehlen; er tat es und ritt dann auf unserem Pferd zu den Kelhur, um ihnen deinen Hengst als Blutpreis anzubieten.“
„Das war allerdings mehr als mutig, das war verwegen, ja tollkühn von ihm! Wahrscheinlich hat er heut nacht das Pferd stehlen oder später auf irgendeine Weise in seinen Besitz bringen und ihnen dann zuführen wollen; aber er konnte sich doch denken, daß sie ihn zunächst festhalten und dann zwingen würden, ihnen zu sagen, wo es zu haben ist!“
„Ja, Emir; so wie du es sagst, genau so ist's geschehen. Sie haben ihn ergriffen und so lange geprügelt, bis er gesagt hat, daß ihr hier bei uns seid. Nun bekommt er den Lohn für seine Taten: er muß den Blutpreis mit dem Leben bezahlen; sie aber haben ihm nicht nur das gestohlene Geld abgenommen, sondern sind auch hierher geritten, um sich dein Pferd selbst zu holen. Unterwegs ist ihnen auch sein Sohn in die Hände gefallen, der nun ebenso verloren ist wie sein Vater. Oh, Effendi, Allah hat es nicht gut mit dir und uns gemeint, denn unser Geld ist weg und dein Rappe ist weg. Was die Kelhur in ihren Händen haben, das geben sie nie wieder heraus!“
„Das mag eine Eigentümlichkeit von ihnen sein, von der sie nicht freiwillig abgehen werden; aber ich habe auch gewisse Eigentümlichkeiten, die ich mir nicht nehmen lasse. Dazu gehört zum Beispiel die Gewohnheit, daß ich, wenn ich bestohlen worden bin, nicht eher ruhe, als bis ich das Gestohlene zurückbekommen habe.“
„Meinst du etwa, daß du von den Kelhur-Kurden dein Pferd zurückverlangen willst?“
„Ja.“
„So willst du sie aufsuchen?“
„Ja.“
„Aber du weißt doch nicht, wohin sie von hier
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