Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
290 - In den Gärten von Sha'mar

290 - In den Gärten von Sha'mar

Titel: 290 - In den Gärten von Sha'mar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
Vom Netzwerk:
tauchend durchqueren kann!«
    Das bengalische Feuer brannte und brannte. Es trübte das Wasser im Behälter ein, doch das spielte keine Rolle. Die Sensation - Feuer, das nicht gelöscht werden konnte -, wog alle anderen Eindrücke auf.
    Matthew hob den Beutel in die Luft. »Hier drin befindet sich alles, was ihr dazu benötigt!«
    Die Begeisterung der Anwesenden machte ihm klar, dass die weiteren Verhandlungen ein Kinderspiel sein würden.
    ***
    In den nächsten Stunden musste Matt unzählige Fragen beantworten. Rishi, die anderen Dorfältesten, die Krieger, die Viehhirten… alle wollten sie Auskünfte von ihm haben. Das viele Reden machte durstig und die hölzernen Becher schienen niemals leer zu werden. Man schenkte ihm würzig schmeckenden Chaa nach, dann eine bittersüße milchige Flüssigkeit, und schließlich, als der Halbmond bereits weit oben im Firmament thronte, ließ man ihn aus einem langen vernähten Darmsack trinken.
    »Buz!«, rief ein Krieger.
    »Buz!«, nahmen mehrere Frauen den Schrei auf.
    »Buz!«, echote der Rest des Dorfes, »Buz! Buz! Buz!«
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Matt seine Begleiterin alarmiert.
    »Keine Ahnung«, flüsterte Aruula ihm zu. »Sie freuen sich einfach. Buz scheint ein Spiel zu sein. Oder ein Ritual.« Sie tastete sich über die Stirn. »Ich kann mich kaum konzentrieren. Das war ein wenig zu viel vom Chaa…«
    »Viel zu viel Chaa«, bestätigte Matt. Auch ihm brummte der Schädel.
    Immer lauter wurden die Schreie. Der rhythmisch klingende Ruf wurde von Stampfen und Klatschen unterlegt; so lange, bis ein Mann, den Matt als einen der Dorfwächter kannte, ins Innere des Feuerkreises sprang und dort einen merkwürdig anmutenden Tanz begann. Er hielt ein Ding mit langen Hörnern in der Hand - um es sich mit einer plötzlichen Bewegung über den Kopf zu stülpen.
    »Ein Ziegenschädel«, sagte Matt, »mit gedrehten Hörnern. Von einem der Tiere, die wir heute gesehen haben.«
    Rishi gesellte sich zu ihnen. Das großteils unter dem weißen Rauschebart versteckte Gesicht war gerötet und wirkte vom übermäßigen Alkoholgenuss aufgequollen. »Wir veranstalten zu deinen und zu Oguuls Ehren ein Buzkaash. Eine Jagd auf das heilige Tier. - Du hast davon gehört?«
    »Ehrlich gesagt: nein.«
    »Die Urquu't entstammen einem stolzen Reitervolk. Wir siedelten in den Bergen, bevor uns die Raols vertrieben und wir hier sesshaft werden mussten. Die Großeltern meiner Großeltern erlebten diesen Marsch in die weite Ebene mit, und sie gaben das Wissen, das sie aus den Bergen mitgebracht hatten, an ihre Kinder und deren Kindeskinder weiter. Eine Generation erzählt der nächsten, wie wir uns im schroffen Gebirge zurechtfanden, wie frei unser Leben war. Die Urquu't waren kaum abhängig vom Jahreswandel. Wir waren keine Sklaven unserer Erntepflanzen.« Der Alte seufzte. »Die Erinnerungen verblassen allmählich. Die Jungen wollen kaum mehr an die alten Geschichten erinnert werden. Sie sind zu Krämern und Bauern geworden, die sich von den Früchten ihrer Scholle ernähren.« Ein zahnloses Lächeln zeigte sich hinter dem Rauschebart. »Doch eines ist geblieben: das Buzkaash. Das Spiel des Lebens. Die Jagd nach Ruhm und Ehre. Auch heute noch hetzen unsere jungen Leute dem Buz hinterher, versuchen es zu packen und gegen die anderen Teilnehmer des Spiels zu verteidigen. Wem es gelingt, dem sprechen wir die Ehre des Mannseins zu oder reichen ihm wertvolle Geschenke, für die die Gemeinschaft der Nohq'was aufkommen muss.«
    Matt nickte verstehend. Das klang ganz nach den Reiterspielen der Mongolen. Diese Männlichkeitsrituale hatten sich in tausend Jahren nicht geändert und würden wohl nie aussterben.
    Rishi hob die Arme, und mit pathetisch klingender Stimme rief er: »Das Buz kann beginnen!«
    ***
    Die Männer eilten zwischen den Häusern umher. Einer schnappte sich den blutigen Klumpen der toten Ziege, das Buz, und lief unter den Anfeuerungsrufen der Frauen, Alten und Kinder hakenschlagend auf das Lagerfeuer zu.
    Er kam nicht weit. Ein großgewachsener Bursche stellte sich ihm in den Weg und stieß ihn beiseite. Eines der mindestens vierzig Zentimeter langen gedrehten Hörner bohrte sich in seine Seite, und er schrie unterdrückt auf. Der Hüne riss ihm das Buz aus den Händen, ungeachtet weiterer Verwundungen, die er seinem Gegner dabei zufügte.
    Er warf sich den Tierkadaver quer über die Schultern, drehte sich mehrmals im Kreis, um die nachdrängenden Teilnehmer am Buzkaash auf

Weitere Kostenlose Bücher