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290 - In den Gärten von Sha'mar

290 - In den Gärten von Sha'mar

Titel: 290 - In den Gärten von Sha'mar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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auffüllen«, meldete sich Xij zu Wort. »Die Dorfbewohner haben großzügigerweise ausreichend Nahrungsmittel zurückgelassen, an denen wir uns bedienen können.«
    Matt kam auf die Beine. Alles drehte sich um ihn. Rulfan reichte ihm schweigend die Wasserflasche. Seine Blicke musterten ihn vorwurfsvoll. Die Botschaft darin war deutlich: Wäre ich an deiner Stelle mit Aruula gegangen, wäre das sicherlich nicht passiert.
    Matt nahm es hin. Im Grunde hatte er ja recht. Verdammter Chaa!
    »Wohin führen die Spuren?«, fragte er.
    »Nach Osten«, sagte der Albino. »Auf die Wolkenbänke und die Sümpfe zu.«
    »In die Sümpfe also.« Er erinnerte sich: Am Lagerfeuer war der Begriff gefallen, ohne vertieft worden zu sein. Aus gutem Grund? Lag dort das Rückzugsgebiet der Nohq'was?
    »Worauf warten wir noch?«, fragte er. »Packen wir hier zusammen, und dann los.«
    ***
    Das Luftschiff drang ins Innere der Wolkenbänke vor. Die Sonne, deren kräftiger Schein sie eben noch gewärmt hatte, verlor binnen weniger Sekunden all ihre Kraft und wurde zu einer kaum noch erkennbaren Scheibe, die dann und wann zwischen den Wolkentürmen hervorlugte. Die Luft war feucht, und sie roch nach Moder, selbst hier oben, in einer Höhe von gut und gern dreihundert Metern über Grund.
    »Wir müssen tiefer gehen, wenn wir Spuren finden wollen«, sagte Rulfan. »Auch auf die Gefahr hin, dass uns Armbrust- oder Bogenschützen gefährlich werden können.«
    Ihnen allen war nicht besonders wohl zumute. Das so friedlich wirkende Land der Ebene war einem fahlen, farblosen Einerlei gewichen. Pflanzen, die entlang der vielfältig veräderten Wasserwege wuchsen, zeigten nicht einmal einen Hauch von Grün. Bäume reckten fast nackte und verkrüppelte Äste in die Höhe, und aus den Tümpeln drangen immer wieder plätschernde Geräusche, ohne dass etwas zu sehen war.
    Der Nebel wurde dichter und dichter. Sie gingen noch tiefer, auch auf die Gefahr hin, von einer hochragenden Felsnadel aufgeschlitzt zu werden. Rulfan reduzierte die Geschwindigkeit. Für einen Gegner waren sie längst ein Ziel, das man nicht verfehlen konnte.
    »Dort!«, flüsterte Xij und deutete leewärts.
    Matt entdeckte nichts Beunruhigendes. Einen in etwa kreisrunden Fleck, von fahlem Gras bedeckt, von einzelnen dunklen Wasserpfützen durchbrochen.
    »Ich sehe es«, sagte Rulfan. »Eine große Gruppe ist hier vorbeigezogen.«
    »Mindestens einhundertfünfzig Menschen«, schloss sich Alastar an. Er blickte auf den Kompass. »Sie sind Richtung Osten marschiert.«
    »Könnte mich irgendwer aufklären, woran ihr das festmacht?«, fragte Matt, der sich mit einem Mal wie ein Außenseiter vorkam.
    »Erkennst du die Spuren denn nicht?«, fragte Xij.
    »Nein, verdammt! Aber es ist okay, ich glaube euch.« Er wusste um seine Schwäche im Fährtenlesen. Niemals würde er an die Fähigkeiten jener Menschen herankommen, die in diese postapokalyptische Erde hineingeboren worden waren.
    Sie überflogen ein Nadelbaum-Wäldchen, das seltsame Früchte trug. Die obersten Spitzen der Bäume kratzten über die Unterseite der Gondel.
    Xij Hamlet tat ihr Bestes, um die Spuren zu verfolgen. »Die Nohq'was bewegen sich rasch vorwärts«, sagte sie. »In Zweier-, maximal Dreierreihen. Sie kennen das Gelände. Sie achten selbst auf die geringsten Kleinigkeiten.«
    »Sie haben Kinder und Alte bei sich«, gab Matt zu bedenken. »Allzu schnell werden sie nicht vorankommen.«
    Xij beugte sich weit über die Reling und schwieg. Ab und an gab sie kurze Kommandos an Rulfan. Dieser veränderte dann den Kurs des Luftschiffs ein wenig, so lange, bis die junge Frau wieder zufrieden war.
    Die Stunden vergingen. Die vormals von wenigen Marschen durchbrochene Gegend wurde immer mehr zu einer Sumpflandschaft, in der seltsame, nie gesehene Pflanzen gediehen. Sie legten ihre breiten Blätter über den Sumpf und kräuselten sich, sobald ein Kriechtier oder Wasserläufer in ihre Nähe kam, um dann mit unerwarteter Geschwindigkeit zuzuschnappen.
    Vermeintliche Lianen entpuppten sich als stachelbesetzte Wurzeln eines weit entfernten Baums, der seine tierische Beute an sich heranzog und sie nahe am Stamm ausquetschte wie eine Südfrucht. Das Blut färbte den Boden rot, doch nur für kurze Zeit. Insektenschwärme kümmerten sich um den ausgewrungenen Kadaver.
    »Eine einzelne Spur!«, sagte Xij plötzlich aufgeregt. »Jemand hat sich von der Gruppe abgesondert.«
    »Ein Mann? Ein Jäger etwa?«, hakte Matt nach.
    »Oder die Nachhut.

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