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293 - Running Men Blues

293 - Running Men Blues

Titel: 293 - Running Men Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Dunkelheit der oberen Etagen.
    Black kam gehörig ins Schwitzen, als er Keeva nach oben folgte. Mehr als einmal trat er ins Leere. Dass er sich an den Rissen festhalten konnte, war gut, aber nicht beruhigend.
    »Wie weit noch?«, keuchte er.
    »Großvater wohnt ganz oben.«
    »Verstehe. Er verlässt nie das Haus.«
    »Doch, sicher.« Keeva klang verwundert.
    »Das glaube ich nicht«, protestierte Black. »Wie soll der alte Mann das schaffen?«
    »Er ist ein Algonkin, Mr. Black!«
    Zu diesen stolzen Worten öffnete sie eine Tür. Von grässlichem Knarren und Quietschen begleitet floss Licht in den Flur. Es bewahrte den Richter davor, über ein herabgestürztes Deckenstück zu stolpern und die Wohnung bäuchlings zu betreten.
    White Owl saß an einem Tisch unter dem einzigen Fenster, die Hände auf etwas gelegt, das aussah wie uraltes Papier. Daneben stand eine Tasse Tee. Dampf kräuselte aus ihr hoch und verbreitete den Duft von wildem Holunder. Bis auf einen zweiten Stuhl und einen restlos verstaubten Schrank war das Zimmer leer.
    Der Häuptling schickte Keeva mit einem Kopfnicken zurück in den Flur. Als sich die Tür hinter ihr schloss, wies er auf den leeren Stuhl. »Nehmen Sie Platz, Mr. Black!«
    »Danke, dass Sie mich empfangen!«, sagte der Hohe Richter und setzte sich.
    Stille fiel über den Raum, unangenehm in ihrer Intensität. Black wusste nicht, wohin mit den Händen. Er verschränkte sie erst, dann ließ er sie sinken, weil es zu sehr nach Abwehrhaltung aussah. Mit den Blicken ging es ihm genauso - das Zimmer war leer, wo sollte er hinschauen? Er streifte den Häuptling flüchtig, blickte hinunter auf den Tisch und zuletzt aus dem Fenster.
    »Eine schöne Aussicht haben Sie hier«, sagte er lahm. Es klang so blöd!
    White Owl schien der gleichen Meinung zu sein, denn er antwortete nicht darauf. Reglos saß er da und ließ seinen Besucher nicht aus den Augen. Er blinzelte nicht einmal. Sein Gesicht trug die Spuren eines langen, harten Lebens. Das Haar war ergraut und hing ihm in zwei dünnen Zöpfen über die Brust. Statt der Wildlederkleidung, die Black erwartet hatte, trug er einen gestrickten Pullover und eine Militärjacke. Die Hose verbarg der Tisch.
    »Mein Sohn hat mir berichtet, dass Sie gegen den Tentakelmann kämpfen wollen«, sagte der Häuptling ruhig.
    »Das stimmt.«
    »Warum?«
    Black runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht…«
    »Nun. Nach allem, was ich höre, ist das Monster praktisch unbesiegbar. Es schluckt selbst die größte Munition wie Kirschkerne und spuckt sie einfach wieder aus.«
    »Ich muss es trotzdem versuchen«, sagte Black.
    »Und ich frage Sie noch einmal: Warum?« White Owls Stimme blieb immer gleich. So ruhig, fast gelangweilt. Es reizte den Richter, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und ein paar Takte Klartext zu sprechen. Doch er tat es nicht, und das war auch gut so.
    »Ich muss es versuchen, weil ich ein Mann bin, der sich keinem Tyrannen beugt.«
    »Also tun Sie es für sich.«
    »Nein, für die Stadt. Und ihre Menschen. Und ja, natürlich auch für mich.« Black spürte ein Kribbeln auf der Stirn. Er biss die Zähne zusammen. Nicht den Schweiß abwischen! Stärke zeigen!
    »Sie wollen die Running Men wieder zum Leben erwecken.« Der Häuptling verzog keine Miene. »Was bieten Sie mir, wenn mein Clan Sie unterstützt?«
    »Freiheit«, antwortete Black ohne Zögern.
    Ein feines, spöttisches Lächeln umspielte plötzlich die Mundwinkel des Indianers. »Keine Versprechen? Keine Geschenke?«
    Black schüttelte den Kopf. »Nur mein Wort, dass ich alles tun werde, um Kroow - den Tentakelmann - zu schlagen.«
    »Und was ist es wert, Ihr Wort?«
    »Tja.« Black drehte sich zum Fenster hin. Draußen schien die Sonne. Ihr Licht floss an den alten Gebäuden herunter, die den Blick verdeckten auf die Wunden der Stadt, die Kroow gestern geschlagen hatte. Niemand konnte ihn aufhalten, keine Waffe, keine Militäreinheit.
    Ist es anmaßend, wenn ich es versuche? , grübelte Black. Hat White Owl recht? Treibt mich Egoismus? Oder meine Vergangenheit mit Crow?
    Er sah den Häuptling an und sagte fest: »Der Wert meines Wortes lässt sich nur an den Taten messen, die ihm folgen. Und sie werden folgen, das schwöre ich Ihnen!«
    White Owl nickte nachdenklich. »Nun gut«, sagte er, nahm die Hände von dem alten Papier und schob es Black zu. »Hier habe ich etwas, das nützlich sein könnte. Vor Jahren war mal ein Händler in der Gegend, der hatte einen ganzen Stapel dieser

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