2935 - Leichen lügen nicht
verdammt gut gemacht. Du kannst wirklich stolz auf sie sein.«
Der Pick-up verließ die Interstate 278 und nahm Kurs auf die Williamsburg Bridge. Draußen flogen Häuser, Lichter, Bäume, Menschen an ihnen vorbei. Joe Cumber nahm nichts davon wahr. Er fühlte sich, als wäre er in einen Pool mit Eiswasser geworfen worden.
»Ich habe sie geliebt«, murmelte er halb zu sich. »Scheiße, Nancy war mein Mädchen. Ihr hattet kein Recht, sie in Gefahr zu bringen.«
Monty tat es schon leid, überhaupt davon angefangen zu haben. Er hatte jetzt wirklich keinen Bock auf das Gejammer.
»Was passiert ist, ist passiert. Niemand wollte, dass es so kommt. Auch Jason nicht. Also benimm dich verdammt noch mal wie ein Mann und hör auf zu flennen!«
Nein, Joe Cumber wollte nicht flennen. Dazu war er nicht der Typ. Er war nur gerade ein kleines bisschen enttäuscht. Von seinem Bruder, den er immer so bewundert hatte. Den er geliebt hatte, wie man einen Bruder überhaupt nur lieben kann. Der für ihn alles gewesen war. Neben Nancy vielleicht.
Und von Monty. Der das dreckige Spiel mitgespielt hatte. Der Nancy ohne mit der Wimper zu zucken an eine Front geschickt hatte, von der sie nicht mal wusste, dass es sie gab.
Und er, Joe Cumber, hatte von alldem nichts gewusst. Er hatte sein Mädchen nicht beschützt. Wie es seine Aufgabe gewesen wäre. Das würde er sich niemals verzeihen können.
Ohne zu überlegen griff er in die Tasche, holte seine Glock 17 heraus, hielt sie an Montys Schläfe und drückte zweimal ab.
***
Ich hatte das Signallicht und die Sirene eingeschaltet. Wir rasten den F.D.R. Drive entlang. Es ging um jede Minute. Auch wenn wir nicht wussten, in welcher Lage sich unser Kollege Thomas Gloome in diesem Moment befand, eins stand fest: Er war in Gefahr. Wahrscheinlich sogar in Lebensgefahr. Und wir hatten nicht viel Zeit, ihn da rauszuholen.
Phil stand in permanenter Verbindung mit Steve Dillaggio. Jede noch so kleine Änderung im Verhalten der Dealer konnte ein Hinweis darauf sein, dass Thomas Gloome doch noch Interna über den Zugriffsplan des FBI ausgeplaudert hatte.
Mr High meldete sich auf der anderen Leitung. Er hatte längst Feierabend, aber wenn seine Agents in einem gefährlichen Einsatz unterwegs waren, ließ es sich unser Chef nicht nehmen, auf der Kommandobrücke zu bleiben, bis der Einsatz beendet war.
Ein Privatleben schien er nicht zu kennen.
»Haben Sie Gloome gefunden?«
Mein Partner brachte ihn kurz auf Stand, während ich den Jaguar am Ufer des East River entlang Richtung Williamsburg Bridge jagte.
»Peter Montgomery Carson, kurz Monty, ist die rechte Hand von Jason Cumber. Wir vermuten, dass er genauso hinter Gloome her ist wie wir. Die Frage ist, wer schneller ist.«
»Seine Frau habt ihr natürlich schon gefragt?«
»Mistress Gloome weiß nichts von dem Doppelleben, das ihr Mann seit Jahren führt. Unglaublich, aber wahr.«
Ich hatte die Brücke erreicht und überquerte den East River in Höchstgeschwindigkeit.
Mr High wünschte uns viel Glück und schaltete wieder hinüber zu Steve Dillaggio, der sich mit seinen Leuten inzwischen auf dem Weg zum JFK Airport befand.
Ich ließ die Williamsburg Bridge hinter mir und preschte den Brooklyn Queens Expressway Richtung Maspeth hinauf.
Plötzlich nahm ich den Fuß vom Gas. Auf der Gegenfahrbahn war ein alter Pick-up in die Leitplanke gerast. Ein Fahrzeug des NYPD war gerade eingetroffen, die Beamten sicherten die Unfallstelle.
»Was ist los? Warum gehst du vom Gas?«, fragte Phil ungeduldig. »Wir haben keine Zeit, uns um einen Verkehrsunfall zu kümmern! Wir müssen nach Maspeth Creek!«
Natürlich hatte er recht. Normalerweise hätte ich das Gaspedal sofort wieder durchgetreten. Aber irgendetwas sagte mir, dass dies kein gewöhnlicher Verkehrsunfall war.
***
Von Montys Kopf war gerade noch genug übrig geblieben, um ihn einwandfrei identifizieren zu können. Der Rest klebte wie schmutziger Schnee an der Betonleitplanke.
Der Aufprall hatte Joe Cumber aus dem Pick-up geschleudert. Nur der Geistesgegenwart der nachfolgenden Fahrer hatte er es zu verdanken, dass er nicht mehrfach überrollt worden war.
Wie durch ein Wunder war er ansprechbar. Wäre der Notarzt schon eingetroffen, hätte er uns selbstverständlich jeden Kontakt mit dem Schwerstverletzten untersagt.
Aber wir hatten Glück, der Doc war noch auf dem Weg zur Unfallstelle.
Ich beugte mich über ihn. »Mein Name ist Jerry Cotton. Ich bin Special Agent beim FBI. Können Sie
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