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294 - Der Keller

294 - Der Keller

Titel: 294 - Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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sich eine ganze Weile, und zum Ende hin begann der Mann auf der Dechse sogar schallend zu lachen. Er drehte sich zu seinen Begleitern um, rief ihnen etwas zu, das offenbar Xij zu ihm gesagt hatte, und der Rest der Gruppe verfiel ebenfalls in Gelächter.
    Matt entspannte sich etwas; bis dahin hatte seine Hand immer noch den Drillerknauf im Holster umfasst.
    Schließlich kehrte Xij zur Gondel zurück und sagte: »Ich glaube, wir können diesen Leuten vertrauen. Es sind Jäger, die nicht in Tah Ran leben, sondern einen halben Tagesritt entfernt. Nach Tah Ran kommen sie nur in den Jahren, in denen ihr übliches Jagdgebiet arm an Wild ist - wie dieses Jahr. Dann nehmen sie auch die Gefahr der Pueraquilas auf sich. Lieber deren Fleisch als gar keine Nahrung für ihre Familien. So sagte es mir Freydoon, ihr Anführer.«
    »Und du hältst ihn für vertrauenswürdig?«, fragte Aruula skeptisch. »Wundert er sich gar nicht über unser Luftschiff?«
    »Und ob er sich wundert - was glaubst du, worüber wir vorhin so gelacht haben? Ich sagte, dass der Ballonkörper mit Dechsenfürzen gefüllt ist, die nach oben steigen und uns mitnehmen - außer uns gehen die Fürze durch ein Leck verloren, wie der Pueraquila eines gerissen hat.«
    »Das ist nicht dein Ernst«, sagte Rulfan.
    »Aber klar doch«, sagte Xij grinsend. »Und das Beste kommt noch: Sie bieten uns an, ihr Nachtlager beim Luftschiff aufzuschlagen und uns bei der Reparatur zu helfen!«
    »Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist«, sagte Rulfan, und wie auch Matt und Aruula dachte er dabei an die Gefahren der Reise nach Agartha, wo ihr Vertrauen bei jeder Gelegenheit enttäuscht worden war. »Ob die ihre Unterstützung wirklich so selbstlos anbieten? Was, wenn sie nur eine Gelegenheit abwarten, um uns die Hälse durchzuschneiden?«
    »Ich sagte doch schon, dass ich über die Dechsenreiter Bescheid weiß«, sagte Xij. »Mahan wusste nur Gutes über sie zu berichten. Sie seien ein Stamm von hoher Ehre, sagte er damals.«
    »Seither ist viel Zeit vergangen«, meinte Matt. »Hoffen wir, dass sich ihre Sitten und Gebräuche nicht grundlegend geändert haben.«
    »Hoffen wir, dass du richtig liegst«, grunzte Rulfan. »Bedenke bitte: Im Gegensatz zu dir werden wir nicht wiedergeboren, wenn man uns die Hälse durchschneidet.«
    »Sterben wird allgemein überbewertet. Ist gar nicht so schlimm, wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat.« Xij grinste Rulfan herausfordernd an.
    »Und die Pueraquilas?«, fragte Matt.
    »Sind keine Gefahr, weil tagaktiv«, sagte Xij. »Nachts verkriechen sie sich in den Ruinen. Und wenn sie morgen nochmals angreifen, habe ich lieber einen Trupp Jäger in der Nähe, der sich mit ihnen auskennt.« Sie blickte die Gefährten der Reihe nach an. »Also, was soll ich ihnen sagen? Nehmen wir ihre Hilfe an?«
    »Wenn sie so viel Stolz und Ehre haben, sollten wir sie nicht verprellen«, sagte Matt Drax. »Was meint ihr?«
    Aruula und Rulfan nickten zögerlich.
    »Dann nehmen wir ihr Angebot dankend an«, sagte Matt. »Bitte sag ihnen das…«
    ***
    Schon eine Stunde später knisterte ein großes Feuer, um das herum sämtliche Reiter und die Gefährten Platz genommen hatten. Die Dechsen grasten in Sichtweite das wenige Grün, das zwischen den Ruinen wuchs. Niemand hatte ihnen die teilweise immensen Lasten, mit denen sie beladen waren, abgenommen. Das sei nicht üblich, hatte Xij von Freydoon über die geckoartigen Tiere und deren Haltung erfahren.
    Der Zeppelin war sicher am Boden vertäut. Matt und Rulfan hatten das Leck mit Nähzeug und Tüchern, die ihnen die Dechsenreiter zur Verfügung stellten, eilig repariert, damit so wenig Wasserstoff wie möglich ausströmte; ihre Gasvorräte waren begrenzt.
    Die Jäger bereiteten in der Zwischenzeit ein frugales Mahl zu, das sie ganz selbstverständlich mit ihren Gästen teilten. Wieder übernahm Xij das Dolmetschen, zumal ihr ganz persönliche Fragen unter den Nägeln brannten.
    »Gibt es keine Menschen mehr in Tah Ran?«, wollte sie von Freydoon wissen.
    »Schon seit Jahrzehnten nicht mehr«, antwortete der Dechsenreiter bereitwillig. »Der Vater meines Vaters lebte noch hier. Doch als die Plage aufkam…«
    »Die Pueraquilas?«
    »Die Pueraquilas«, bestätigte Freydoon. »Es wurden immer mehr, von Jahr zu Jahr. Und ihre Vorliebe galt von Anfang an Menschenfleisch. Zunächst versuchten die Bewohner, allen voran die Bahai, die Plage in den Griff zu bekommen. Aber sie war nicht einzudämmen, und nach Jahren

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