2944 - Rache ist ein seltsames Spiel (German Edition)

um ihm die Täterschaft nachzuweisen.
    Immerhin war nach seiner Verhaftung ein Hausdurchsuchungsbeschluss für sein Apartment ausgestellt worden. Wir konnten nur hoffen, dass die Scientific Research Division dort einen Hinweis auf Laura Darro finden würde.
    Phil und ich befragten Ron Tatum noch eine Zeitlang, aber er beteuerte nach wie vor seine Unschuld. Wir ließen ihn zurück in die Zelle bringen, wo er auf seinen Haftprüfungstermin wartete. Einen Rechtsbeistand hatte er abgelehnt.
    ***
    Kaum hatten Phil und ich wieder unser Büro betreten, als mich ein SRD-Kollege anrief.
    »Jerry, wir haben einen neuen Hinweis im Entführungsfall Laura Darro entdeckt.«
    Mein Pulsschlag beschleunigte sich.
    »In Ron Tatums Apartment, Henry?«
    »Nein, in Laura Darros eigener Wohnung. Das dortige Team hat erst vor kurzem ein Geheimfach in Lauras Schreibtisch gefunden. Darin befanden sich einige Ermittlungsakten des NYPD sowie eine Mappe mit Zeitungsausschnitten. Das Material müsste euch durch einen Boten demnächst zugestellt werden.«
    Der Kollege von der Scientific Research Division hatte es geschafft, meine Neugier zu wecken. Auch Phil fiel aus allen Wolken, denn er hatte über Telefon-Lautsprecher mitgehört.
    »Warum verbirgt Laura Ermittlungsakten der City Police in ihrem Schreibtisch? Das passt überhaupt nicht zu ihr. Und außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass sie in letzter Zeit einen Fall hatte, bei dem das FBI mit dem NYPD kooperiert hat.«
    »Davon ist mir auch nichts bekannt, Phil. Laura Darro sagte sogar einmal zu mir, dass sie sich grundsätzlich keine Arbeit mit nach Hause nehmen würde, weil sie sonst nicht abschalten könnte. Diesmal muss sie dieser Gewohnheit aus irgendeinem Grund untreu geworden sein.«
    Zum Glück wurde unsere Geduld nicht mehr auf eine große Probe gestellt. Schon wenige Minuten nach diesem Wortwechsel erschien der Bote und überreichte mir das Beweismaterial.
    »Die Fingerabdrücke auf den Mappen sind größtenteils verschmiert und nicht mehr zu identifizieren«, sagte er. »Doch diejenigen, die wir zuordnen konnten, stammen von Laura Darro selbst und von einigen Cops, die inzwischen aber pensioniert sind.«
    Der Kollege verschwand wieder, und ich schlug den ersten Schnellhefter auf. Sofort wurde mir klar, weshalb die Police Officers, deren Prints gefunden wurden, nicht mehr im Dienst waren.
    Die Ermittlungsakte war nämlich vor mehr als dreißig Jahren angelegt worden. Phil kam zu mir herüber und schaute mir über die Schulter. Er pfiff durch die Zähne.
    »Der Brooklyn-Golem . Das ist doch einer der bekanntesten ungelösten Serienmörder-Fälle von New York City. Aber ich habe nur mal in der Presse darüber gelesen, denn das FBI hatte niemals etwas mit den Ermittlungen zu tun. Woher kommt dieser Spitzname überhaupt?«
    »Ein Kriminalreporter hat ihn sich ausgedacht, soweit ich weiß«, erwiderte ich. »Der Golem war eine Sagengestalt des Judentums. Er war ein künstlicher Mensch aus Lehm und konnte nicht sprechen. Die wenigen Augenzeugen, die den Brooklyn-Golem von weitem sahen, beschrieben ihn als riesigen massigen Kerl. Und er gab niemals einen Laut von sich. Aufgrund dieser Fakten ist dem Journalisten wohl der Name Brooklyn-Golem eingefallen.«
    Phil nickte.
    »Und die Bluttaten haben sich ausnahmslos in Brooklyn abgespielt, das passte also auch. Aber was hatte Laura Darro mit diesem alten ungelösten Fall zu schaffen? Ob Mister High ihr einen Geheimauftrag erteilt hat?«
    Das konnte ich mir zwar nicht vorstellen, aber wir mussten uns vergewissern. Phil und ich gingen mit dem Beweismaterial zum Chef. Glücklicherweise hatte der Assistant Director sofort Zeit für uns.
    John D. High runzelte die Stirn, als ich ihm die NYPD-Ermittlungsakten zeigte.
    »Ich habe Laura Darro niemals angewiesen, diesen alten Fall wiederaufzunehmen, Jerry. Sie sehen selbst, dass es sich um Ermittlungen des NYPD handelt. Wenn sich das FBI hätte einschalten sollen, wäre bei mir eine schriftliche Anforderung vom Police Commissioner eingegangen. Und das ist nicht geschehen.«
    »Dann hat Laura Darro offenbar auf eigene Faust ermittelt. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    Der Chef stimmte mir zu.
    »Geben Sie mir Bescheid, falls Sie Unterstützung benötigen.«
    »Wie konnte Laura das nur tun?«, fragte Phil, nachdem wir in unser gemeinsames Büro zurückgekehrt waren. »Sie muss doch wissen, dass Einzelaktionen ohne Rückendeckung durch Kollegen brandgefährlich sind.«
    Ich klopfte auf den