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296 - Totes Land

296 - Totes Land

Titel: 296 - Totes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Oberste Liquidator?«, fragte der Albino nach.
    »Das geistige Oberhaupt der Prypten. Ihm schulden wir Respekt, und Gehorsam. Unsere armselige Existenz hängt von seinem Wohlwollen und seiner Gunst ab.«
    »Inwiefern?«, fragte Matt.
    »Wenn der Oberste Liquidator einem Prypten das bei Neumond stattfindende Ritual der Reinheit verweigert, stirbt der Unglückliche in kürzester Zeit. Deshalb können wir auch die Stadt nicht verlassen. Sie müssen wissen, dass das Ritual nur im Tempel vollzogen werden kann.«
    Matt hatte während der elf Jahre, die er nun schon in der dunklen Zukunft der Erde verbrachte, bereits viel religiös verbrämten Unfug gehört. Die Lebensweise der Prypten schien ebenfalls in diese Kategorie zu fallen.
    Offenbar sah Akimow ihm die Skepsis am Blick an. »Sie glauben mir nicht? Seien Sie versichert, dass es die Wahrheit ist! Ich habe Menschen qualvoll zugrunde gehen sehen, die dem Obersten Liquidator die Gefolgschaft verweigert hatten, die das Ritual der Reinheit für Unsinn hielten. Nur wenige Wochen später erstickten sie an ihrem eigenen Blut!« Der Russe räusperte sich. »Wer das einmal miterlebt hat, weiß, wie er künftig sein Leben zu führen hat. In Demut und Gehorsam vor dem, dem wir alles zu verdanken haben.«
    Für Matt klang das nicht so, als würde er diesen geistigen Oberfuzzi besonders gut leiden können. Wer ein hilfloses Volk derart kontrollierte, kotzte ihn an.
    Der Lauf von Akimows Waffe zeigte schräg nach unten. Die Wachsamkeit des Russen hatte erkennbar nachgelassen. Vermutlich wäre es Matt und Rulfan ein Leichtes gewesen, den Mann zu überwältigen und aus dem Wohnblock zu entkommen. Doch zunächst brauchten sie mehr Informationen.
    »Jetzt verstehen Sie sicher auch«, fuhr ihr Wächter fort, »warum ich Sie nicht einfach gehen lassen kann. Selbst wenn Sie nichts mit den Hageren zu tun haben, müsste ich die Entscheidung des Rats abwarten. Das Risiko, durch eigenmächtiges Handeln in Ungnade zu fallen, wäre mir zu groß.«
    Irgendwie tat er Matt ein bisschen leid. Die Unterwürfigkeit vor dem Obersten Liquidator beruhte nicht auf Respekt, sondern auf Angst. »Was geschieht, wenn der Rat uns fälschlicherweise für… Mitarbeiter, Gesandte oder Spione der Hageren hält?«
    Akimow sah zu Boden und scharrte verlegen mit den Füßen. Auf die wenigen sichtbaren Teile seines Gesichts legte sich ein schwer deutbarer Ausdruck.
    »Moment mal!«, rief Rulfan. »Soll das etwa heißen…«
    Er brach mitten im Satz ab, doch Matt vollendete ihn im Geiste: Soll das etwa heißen, dass man uns töten wird?
    »Sehen Sie es positiv«, meinte Akimow. »Der Rat macht gewiss keinen Fehler. Wenn man Sie für unschuldig befindet, stehen Ihnen noch viele schöne Jahre in Prypt bevor.«
    Matt sprang auf. »Bitte was ? In Prypt? Wir müssen unsere Reise fortsetzen!«
    Sofort zuckte Akimows Waffenlauf wieder hoch. »Das geht nicht!«, sagte der Russe bestimmt. »Niemand, der den Umkreis des Tempels betreten hat, darf ihn ungereinigt wieder verlassen. Das widerspricht den ehernen Gesetzen.« Er verfiel in einen Tonfall, der Matt zeigte, dass er nur herunterleierte, was man ihm von klein auf eingetrichtert hatte. »Es ist die traditionelle, geheiligte Aufgabe der Liquidatoren, der Tempelwächter, ja aller Prypten, für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen.«
    »Wer hat diese Regeln aufgestellt?«
    »Wer? Vorvater Sacharov und der Oberste Liquidator natürlich.«
    War ja klar, dass diese Type ihre Finger im Spiel hatte. Allmählich konnte Matt den Begriff nicht mehr hören. »Na, wenn das so ist, dann reinigt ihr uns eben und -«
    Ein peitschender Knall ließ ihn und Rulfan zusammenzucken. Ein Schuss! Draußen auf der Straße.
    Seite an Seite stürzten sie ans Fenster und sahen hinaus. Ihnen bot sich ein Bild, wie es skurriler kaum sein konnte. Einer der Streifengänger hielt die Leinen beider Flöhe fest. Nur mit Mühe vermochte er die Tiere unter Kontrolle zu halten, denn sie zerrten und rissen und hüpften. Die Hinterbeine waren zusammengebunden, so fielen die Sprünge nur etwa bis auf Schulterhöhe aus, aber die Kraft der Rieseninsekten machte dem Vermummten schwer zu schaffen.
    Der Grund für die Erregung der Wachtiere lag regungslos, vermutlich tot zwischen den Patrouillengängern. Matt konnte nur den Kopf schütteln. Die beiden hatten tatsächlich eine Katze erschossen! Was war nur mit diesen Menschen los?
    Matt beobachtete, wie der flohlose Wachmann ein Rohr hinter dem Rücken hervorzog, das

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