297 - Die Zeit läuft ab
durchzuckte es Ann. Sie haben es schon vorher gewusst. Ohne dass sie ein Wort miteinander gewechselt hatten.
Der Barbar grunzte unwillig. »Da kann man wohl nix dran ändern«, stellte er fest. »Aber ich hab noch 'n Auftrag für euch.« Er deutete auf den Haufen Metallschrott, der sich an der linken Innenseite der Halle bis zur Decke auftürmte. »Schmelzt für die neuen Bohrer die alten ein. Diesen Schrott da brauchen wir für Bleche, mit denen der Schacht ausgekleidet wird. Außerdem müss'mer den Bohrtrichter abstützen, damit er nich einbricht. Die Pläne bringt Gonzales euch im Laufe des Tages, aber fangt schon mal mitten Blechen an!«
Der Vorarbeiter nickte verstehend. »An die Arbeit, Männer!«, brüllte er.
Fasziniert beobachtete Ann, wie einer der Arbeiter eine Maschine mit zwei großen und schweren Metallwalzen in Bewegung setzte. In einen Tiegel oberhalb des Ofens wurden kleinere Metallteile geworfen, die nach einer Weile ihre Form verloren und schmolzen. Über eine Rinne floss das silbrige Gemisch in einen trichterförmigen Aufsatz oberhalb der Walzenkonstruktion. Unter Zischen und metallischem Reiben schob sich eine weißglühende dünne Platte aus dem Schlitz zwischen den Rollen hervor.
Pieroo stapfte zu den Steinstelen hinüber, auf denen die Platte schließlich zu ruhen kam. Zwei weitere Arbeiter schütteten eimerweise kaltes Wasser auf das glühende Blech. Der heiße Wasserdampf trieb die Temperaturen noch einmal nach oben.
Längst war Ann komplett durchgeschwitzt. Doch obwohl die drückende Hitze ihr langsam ein Schwindelgefühl verursachte, war sie doch überaus fasziniert von dem Vorgang und konnte den Blick nicht von dem langsam dunkel und stumpf werdenden Metall abwenden. Sie schrak zusammen, als Pieroo sie am Arm fasste.
»Wenn Mutter nich wär, dann könnten wir solche Wunderdinge gar nich vollbringen«, sagte er, und Ann sah, wie der Vorarbeiter der Gießerei zustimmend nickte.
»Große Dinge stehen bevor!«, ergänzte der Mann. »Die Ankunft ist nah!«
Ja, ich hab's kapiert , dachte das Mädchen entnervt. Es wird nicht besser dadurch, dass ihr es ständig wiederholt!
Doch sie nickte nur stumm und ließ sich von Pieroo aus der Halle ziehen.
***
Waarza
»… und so zog der Solnosc mit seiner neu aufgestellten Armee und den Dampfpanzern los, um die umliegenden Provinzen zu erobern«, schloss Jola und senkte seufzend die Augenlider.
Matthew Drax wusste im ersten Moment nicht, was er sagen sollte. Wenn er ehrlich zu sich war, dann hatte er damals nicht lange darüber nachgedacht, was seine Idee für Folgen haben könnte, die Macht des Solnosc und des Jonpoola zu vereinigen. Es war ihm damals als eine gute Idee erschienen, insbesondere deswegen, weil er ja auch die Teilherrschaft der Bunker-Community als Bedingung daran geknüpft hatte. Aber manchmal nahmen die Dinge eine seltsame und unerwartete Wendung, und genau das schien hier passiert zu sein.
Die Luft im Keller schien immer kälter geworden zu sein, während die Enkelin des damaligen Bunkerkommandanten die Geschichte von Waarza erzählte.
»Wie ging es weiter?«, wollte Xij wissen.
Matt erschrak, als er zu ihr hinsah: Sie war blass und Schweiß stand ihr auf der Stirn. Sie gähnte immer wieder und hing schlapp auf dem Stuhl, den man ihr hingeschoben hatte.
Jola warf im Schein der blakenden Petrool-Lampen einen Blick in die Runde. »Der Solnosc gewann an Macht«, berichtete sie. »Er scharte immer mehr Waarzaner um sich, und bald war es für uns Technos nicht mehr sicher. Lange Zeit verschanzten wir uns wieder im Bunker. Mein Großvater konnte nichts mehr gegen den Mann und seine wachsende Armee unternehmen. Als dann mit einem Mal der Strom und mit ihm alle Technik ausfiel, war das für viele von uns das Ende…«
Bilder tauchten unwillkürlich vor Matts geistigem Auge auf.
Jola meinte den globalen EMP(Elektromagnetischer Impuls), verursacht vom erwachenden Wandler , jenem kosmischen Wesen, das als Komet »Christopher-Floyd« im Februar 2012 auf die Erde niedergegangen war, im Gepäck die Daa'muren in ihren Speicherkristallen, die der postapokalyptischen Welt mit ihren Genmanipulationen ihren Stempel aufgedrückt hatten.
Der EMP, der von dem Wandler ausging, hatte vom Oktober 2521 bis zum Juli 2523 angehalten - bis sich das Wesen mitsamt seiner Daa'muren von der Erde zurückzog -, und unzählige Opfer gerade bei den Technos gefordert. Nicht nur alle Bunkertechnik war ausgefallen, auch die Serumsproduktion kam zum
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