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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

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Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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    ... gibt’s in jedem Laden ... elf Mark achtzig ...«
    Die Heimleiterin fingert an ihren Haaren.
    »Das geht doch nicht ...«, jammert sie.
    »Es geht«, versetzt Klaus. Es klingt härter als ein Befehl. Die Heimleiterin legt das Kind in das Bett zurück. Sie wagt nicht, ihm den Orden wegzunehmen. Sie starrt auf den leeren Schlips des Fliegerhauptmanns wie auf einen geschändeten Altar.
    Noch einmal geht Klaus an das Bett heran. Er betrachtet fast andächtig die hohe Stirn seines Kindes. Die Stirn von Doris, denkt er. Dann dreht er sich auf dem Absatz um. In diesem Moment kommen die anderen Besucher. Ein Schwall von Worten und von Gesten. Männer in braunen Uniformen. Alle bewundern das Kind, das sie nichts angeht. 274
    Ein Hoheitsträger baut sich vor der Vorsteherin auf.
    »Gefällt mir«, sagt er zackig, »ist er noch frei?«
    »Ja ... ich glaube ...«, erwidert sie.
    »Ihnen gefällt er auch, Herr Hauptmann, was?« schnarrt der Goldfasan gut gelaunt.
    Klaus reagiert nicht. Halte deine Faust fest, denkt er, verkrampft, verzerrt, halt sie fest! Denk an Erika, an Doris, an den Kleinen! Schluck den Speichel! Los, schnell, reiß dich zusammen, Mann! Er steht wie ein Steinsockel, starr, kalt und entsetzlich alt.
    In diesem Augenblick springt Erika ein. Sie weiß nicht, wie sie es fertigbringt, zu lächeln.
    »Heimleiterin«, sagt sie, »dieses Kind hier darf nicht vergeben werden ... Befehl von Obersturmbannführer Westroff-Meyer ... Sie wissen doch?«
    Die Vorsteherin nickt so heftig, daß die Brosche auf ihrer Brust flimmert.
    »Schade«, sagt der Hoheitsträger.
    »Suchen Sie sich ein anderes aus, Herr Kreisleiter«, tröstet Erika, »es sind ja noch so viele da ...«
    Dann steht Klaus ein paar Sekunden allein am Bett seines Kindes. Seine Hand fährt unbeholfen über den Blondschopf. Er beugt sich über das Gesicht. Er nimmt die beiden kleinen Hände, die mit dem Orden des Vaters spielen.
    »Nie ...«, murmelt er, »nie wirst du später ... allein sein ...«
    Er richtet sich auf, dreht sich scheu um.
    Der Hoheitsträger ist gegangen. Im Hintergrund sagt die Heimleiterin zu Erika: »Etwas eigenartig, der Hauptmann, wie?«
    »Ja«, antwortet Erika trocken, »er hat auch viel Eigenartiges erlebt ...«
    275
    »Ach ja«, seufzt die Vorsteherin, »unsere armen Soldaten machen ja so viel mit.«
    276
    17. KAPITEL

    Der kleine Klaus wurde immer größer, das Großdeutsche Reich immer kleiner. Zwei Jahre nach der erschütternden Begegnung zwischen dem Fliegerhauptmann Steinbach und seinem Kind war der Anfang vom Ende gekommen. Die Amerikaner hatten längst den Rhein überschritten, und die Russen die Oder erreicht. Der Krieg fraß seinen Nachtisch, und bis zum letzten Tag hatten Hunderttausende deutscher Soldaten und ebenso viele Zivilisten, Frauen, Kinder und Greise zu sterben. Das System krepierte so barbarisch, wie es gelebt hatte. Es erstickte im Blut, das es selbst vergossen, es verkohlte im Brand, den es selbst gelegt, und es verendete unter Trümmern, die es selbst geschaffen hatte. Ein Pendel schlug zurück. Von Ost nach West. Von West nach Ost. Doris fühlte den Hauch des letzten Sterbens, aber sie wurde von ihm nicht angerührt. Seit zwei Jahren lebte sie als Evakuierte mit dem Kind auf einem bayerischen Bauernhof. Seit zehn Wochen hatte sie keine Post mehr von Klaus. Statt dessen schickte der Frühling 1945 seine ersten Botschaften. Gelbe Falter taumelten mit klammen Leibern über die zarten Schlüsselblumen auf den Wiesen. Aber auf einen Falter kamen zehn Todesvögel. Flinke Käfer krabbelten über wachsgelbe Gesichter. Mit heulenden Maschinen jagten amerikanische Tiefflieger über das vergessene Dorf. Immer öfter. Immer länger. Aber ihre offenen Kanonenschlünde starrten gleichgültig auf die geduckten Höfe, die bis in die Fensterscheiben zitterten.
    Dann löste sich die Spannung auf in dünnen Explosionen, die sich irgendwo vorne oder hinten oder seitlich wie Blasen in einem Topf aufwarfen, den der Tod umrührte, und den er, in Tagen oder in Stunden, über das Dorf ausgießen konnte. 277
    Die Nächte von Doris waren ausgefüllt mit Unruhe und Wirrnis. Hier auf dem Lande brachte sich Deutschlands gehetztes Leben in Sicherheit. Schreie, Flüche, Rufe, das endlose Getrampel von Kolonnen, Klirren von Metall, Heulen von Motoren.
    Am nächsten Morgen lagen die Gräben und Höfe voll Waffen und Gerät ... rostende Meilensteine der strömenden Flucht.
    Jede Nacht lauschte Doris am Bett ihres Kindes, beugte

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