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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Stadt auf dem Mond? Gut, wir haben keine Städte auf dem Mond. Und brauchen sie auch nicht. Aber dass die normalen Städte nur noch dahinsiechen, dass die ganze Welt bis heute mit Schrecken auf uns blickt... »Du Arme«, sagte Swetlana. »Hast du sehr gelitten?«
    Im ersten Moment glaubte ich, sie mache sich über Arina lustig. Den gleichen Gedanken muss die Hexe gehabt haben. »Hast du Mitleid mit mir oder verarschst du mich?«, fragte sie. »Ich habe Mitleid«, antwortete Swetlana.
    »Die Menschen tun mir nicht leid, das brauchst du nicht zu denken«, fuhr die Hexe fort. »Das Land ja, das tut mir leid. Es ist mein Land, wie auch immer es sein mag, aber es ist meins! Und so, wie alles gekommen ist, ist es besser. Das Leben geht weiter. Die Menschen werden neue Menschen zur Welt bringen, neue Städte bauen, neue Felder pflügen.«
    »Du hast dich nicht wegen der Tscheka in den Winterschlaf gelegt«, sagte Swetlana plötzlich. »Und auch nicht wegen der Inquisition. Denen hättest du irgendeinen Unsinn erzählt, das weiß ich ... Nein, du wolltest nicht sehen, was nach deiner Sabotage aus Russland wird.« Arina schwieg. Swetlana sah mich an. »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie.
    »Entscheide du«, antwortete ich, da ich nicht genau wusste, worauf die Frage abzielte. »Wohin wolltest du fliehen?«, wollte Swetlana wissen.
    »Nach Sibirien«, sagte Arina gelassen. »Das ist in Russland doch so üblich: Entweder wird man nach Sibirien verbannt oder man flieht dorthin. Ich werde mir ein sauberes Dorf suchen und mich etwas abseits davon niederlassen. Für meinen Unterhalt kann ich sorgen ... Ich werde einen Mann finden.« Lächelnd strich sie mit der Hand über die volle Brust. »Dann warte ich noch zwanzig Jährchen, gucke mir an, was geschieht. Und ich werde mir Gedanken darüber machen, was ich der Inquisition sage, wenn sie mich schnappt.«
    »Allein kommst du nicht durch die Sperren«, murmelte Swetlana. »Und wir dürften dich kaum rauskriegen.«
    »Ich... verstecke ... dich...«, hüstelte der Werwolf heiser. »Bin... dir... noch ... was ... schuldig.«
    Arina kniff die Augen zusammen. »Weil ich dich gerettet habe?«, fragte sie.
    »Nein ... nicht dafür...«, antwortete der Werwolf nebulös. »Ich bringe ... dich durch den Wald ... ins Lager ... dort verstecke ich dich... später... gehst du...« »Niemand wird irgendwohin ...«, setzte ich an. Doch Swetlanas Hand berührte sanft meine Lippen - ganz so, als bringe sie Nadjuschka zum Schweigen.
    »Es ist besser so, Anton. Arina sollte besser gehen. Schließlich hat sie Nadenka nicht angerührt, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. Das war doch alles Mist. Unsinn. Quatsch. Ob die Hexe es fertig gebracht hatte, Sweta ihrem Willen zu unterwerfen? »Es ist besser so!«, wiederholte Swetlana nachdrücklich.
    Dann wandte sie sich an Arina. »Hexe! Schwöre, dass du nie wieder einem Menschen oder einem Anderen das Leben nehmen wirst!«
    »Einen solchen Schwur kann ich nicht leisten.« Arina schüttelte den Kopf.
    »Schwöre, dass du in den nächsten hundert Jahren weder einem Menschen noch einem Anderen das Leben nimmst, sofern er dein Leben nicht bedroht ... und dir keine sonstigen Möglichkeiten zu deiner Verteidigung bleiben«, sagte Swetlana nach kurzem Zögern.
    »Das hört sich schon besser an!« Arina lächelte. »Man merkt gleich, dass du jetzt eine Große bist... Ein Jahrhundert zahnlos zu verbringen ist keine Freude. Trotzdem beuge ich mich. Möge das Dunkel mein Zeuge sein!«
    Sie hob die Hand, auf der sich im nächsten Moment ein Klumpen Dunkelheit bildete. Die Tiermenschen, sowohl der Erwachsene wie auch die Kinder, winselten leise.
    »Ich gebe dir deine Kraft zurück«, sagte Swetlana, noch bevor ich sie daran hindern konnte. Daraufhin verschwand Arina.
    Ich sprang auf und stellte mich neben die ruhig dasitzende Swetlana. Ein wenig Kraft war mir noch geblieben... Für ein paar Schläge würde es reichen, nur dass die Hexe diese Schläge ...
    Abermals tauchte Arina vor uns auf. Bereits angezogen, anscheinend sogar gekämmt. Lächelnd.
    »Ich kann dir auch schaden, ohne dich zu töten«, sagte sie gemein. »Dich lähmen oder in ein Monster verwandeln.«
    »Stimmt«, pflichtete Swetlana ihr bei. »Das streite ich nicht ab. Nur, was hättest du davon?«
    Einen kurzen Moment loderte in Arinas Augen eine solch durchdringende Wehmut auf, dass etwas in meiner Brust zu schmerzen begann.
    »Nichts, Zaubermeisterin. Gut, lebe wohl. Gutes vergesse ich, aber ich bin

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