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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Ende.
    Jetzt würden die Zauberin und die Hexe ihre Kräfte in einem offenen Zweikampf messen.
    Ich nutzte die kurze Pause, um ebenfalls Kraft zu sammeln. Sollte Swetlana überraschend ins Hintertreffen geraten, würde ich zuschlagen... Doch es war Arina, die das Nachsehen hatte.
    Als Erstes fiel ihr das Gewand vom Körper. Einen Mann hätte das sicher demoralisiert.
    Dann fing die Hexe an, mit ungeheurem Tempo zu altern. Das prächtige schwarze Haar verwandelte sich in einen erbärmlichen weißgrauen Mopp. Die Brüste fielen ein, Arme und Beine trockneten aus. Sie sah aus wie die Hexe Gingema aus den Märchen von Wolkow, wie die Gagool von Rider Haggard. Schluss mit den schönen Effekten. »Name!«, schrie Swetlana. Arina zögerte nur kurz.
    Der zahnlose Mund bewegte sich. »Arina ...«, nuschelte sie. »Ich bin in deiner Macht, Zaubermeisterin...«
    Erst jetzt entspannte sich Swetlana - und schien förmlich in sich zusammenzusacken. Ich ging um die ruhig gestellte Arina herum, um meine Frau zu stützen.
    »Schon gut ... ich halte mich.« Swetlana lächelte. »Es hat geklappt.«
    Die Alte - meine Zunge weigerte sich, sie Arina zu nennen - sah uns traurig an.
    »Erlaubst du ihr, ihr bisheriges Aussehen wieder anzunehmen?«, fragte ich.
    »War das etwa ansprechender?«, versuchte Swetlana zu scherzen.
    »Sie kann jeden Augenblick an Altersschwäche sterben«, sagte ich. »Schließlich ist sie über zweihundert Jahre alt...«
    »Soll sie doch verrecken ...«, murmelte Swetlana. Von unten herauf sah Swetlana Arina an. »Hexe! Ich erlaube dir, jünger zu werden!«
    Zügig richtete sich Arinas Körper auf, strömte Leben in ihn. Gierig rang die Hexe nach Luft. Sie sah mich an. »Danke, Zauberkundiger ...«, sagte sie.
    »Gehen wir hier raus«, befahl Swetlana. »Und keine Dummheiten ... Ich habe dir nur das Recht eingeräumt, das Zwielicht zu verlassen!«
    Die ganze Kraft der Hexe - jener Teil, der nicht mit der Kleidung und den Amuletten verschwunden war - unterlag jetzt der uneingeschränkten Kontrolle Swetlanas. Bildlich gesprochen hatte sie die Hand am Hebel.
    »Zauberkundiger ...«, brachte Arina heraus, ohne den Blick von mir zu wenden. »Nimm als Erstes die Schilde von deiner Tochter. Unter ihr liegt eine Granate mit herausgezogenem Sicherungssplint. Die kann jede Sekunde hochgehen.« Swetlana schrie auf.
    Ich stürzte zu der regenbogenfarbigen Kugel. Zerschlug sie und drang in die Negationssphäre ein. Unter ihr lagen noch zwei Schilde, die ich mit roher Gewalt zerstörte, ausschließlich mit Körperkraft. Von der zweiten Schicht aus ließ sich nichts erkennen.
    Ich fand meinen Schatten, stürzte mich in die erste Schicht. Hier war alles sauber, keine Spuren des blauen Mooses. Der Kampf hatte alles verbrannt.
    Fast sofort sah ich die alte Handgranate, die unter Nadjuschka lag. Arina hatte sie im Zwielicht dorthin gepackt. Gut abgesichert hatte sie sich, das Luder...
    Der Sicherungssplint war herausgezogen. Irgendwo in der Granate brannte langsam der Zündkanal. In der Menschenwelt waren bereits drei, vier Sekunden vergangen... Die Reichweite lag bei zweihundert Metern.
    Sollte die Granate unter den Schilden explodieren, würde von Nadjuschka nur blutiger Staub übrig bleiben...
    Ich bückte mich, griff nach der Granate. Solange man sich im Zwielicht aufhält, ist es sehr schwierig, mit Gegenständen der realen Welt zu hantieren. Immerhin besaß die Granate einen gut erkennbaren Doppelgänger im Zwielicht: ein genauso geripptes Ding, verdreckt und verrostet... Ob ich es wegschmeißen sollte? Nein.
    In der Menschenwelt würde die Granate nicht weit fliegen. Holte ich sie ins Zwielicht, würde sie hier explodieren.
    Mir fiel nichts Klügeres ein, als die Granate zu halbieren. Als schälte ich den Kern aus einer Avocado heraus. Und teilte die Frucht dann noch in mehrere Stückchen. Wobei ich zwischen dem Splitterkörper und dem Sprengstoff den glühenden Strang des Verzögerers suchte. Mit einer imaginären Klinge, einem Keil reiner Kraft, zerschnitt ich die Granate, als handle es sich um eine reife Tomate.
    Schließlich entdeckte ich das winzige Feuerchen, das schon an den Zünder herangekrochen war. Ich erstickte es mit den Fingern.
    Und stürzte zurück in die Menschenwelt. Schweißgebadet, mich kaum auf den zitternden Beinen haltend, meine Hand wild schüttelnd: Die verbrannten Finger schmerzten.
    »Männern braucht man doch bloß was zum Rumschrauben zu geben«, bemerkte Arina, die hinter mir auftauchte, giftig.

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