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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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und leer wie bei einem Baby. Der Mund stand ihm leicht offen. Die Finger hielten die Armlehnen des Sessels gepackt, die Knöchel traten weiß hervor. Der Gefrierzauber. Nicht schwer, absolut üblich.
    Hinter mir stand jemand. Am Fenster. Ich sah ihn nicht, spürte ihn nur mit dem Rücken...
    So schnell ich konnte, sprang ich zur Seite. Dennoch bekam ich den eisigen Atem der Kraft mit, die auf mich gerichtet war. Nein, das war kein Gefrierzauber. Aber etwas Vergleichbares aus dem Repertoire der Vampire. Einer ihrer kleinen Späße.
    Die Kraft glitt über mich hinweg. Und entlud sich in dem unglückseligen Security-Mann. Der von Geser gefertigte Schild tarnte mich nicht nur, sondern schützte mich auch!
    Ich prallte mit der Schulter gegen die Wand. Gleichzeitig riss ich die Arme nach vorn, hielt aber in letzter Sekunde inne und schlug nicht zu. Blinzelte. Und zog den Schatten meiner Lider vor meine Augen.
    Am Fenster stand ein Vampir mit vor Anspannung gebleckten Zähnen. Ein hochgewachsener, mit den Gesichtszügen eines vornehmen Europäers. Ein Hoher Vampir, da gab's keinen Zweifel. Nicht so ein frühreifer wie Kostja. Mindestens dreihundert Jahre alt war er. Und seine Kraft hätte meine ganz bestimmt überstiegen.
    Aber nicht Gesers! Dass ich ein Anderer war, konnte der Vampir nicht erkennen. Jetzt brachen all die unterdrückten Instinkte eines Untoten, die Hohe Vampire normalerweise im Zaum halten, aus ihm heraus. Keine Ahnung, was er in mir sah: einen besonderen Menschen, dessen Reaktionsvermögen sich mit dem eines Vampirs messen kann, ein mythisches »Halbblut«, das Kind einer Menschenfrau und eines Vampirmannes, einen nicht weniger phantastischen »Hexer«, der Jagd auf niedere Andere machte. Auf alle Fälle würde der Vampir keine Sekunde zögern, die Zügel schießen zu lassen und alles um sich herum kurz und klein zu schlagen. Sein Gesicht zerfloss - wie Knete, die über die Stirn eines Tierkopfs modelliert ist. Aus dem Oberkiefer ragten nun Eckzähne hervor, an den Fingern wuchsen ihm rasiermesserscharfe Krallen. Ein rasender Vampir ist etwas Schreckliches. Schlimmer ist nur noch ein abgeklärter Vampir.
    Vor einem Duell mit unklarem Ausgang bewahrten mich meine Reflexe. Ich hielt mich zurück und schlug nicht zu, sondern schrie die traditionelle Formel bei einer Verhaftung heraus: »Nachtwache! Treten Sie aus dem Zwielicht!«
    »Stopp!«, erklang in diesem Moment eine Stimme von der Tür her. »Das ist einer von uns!«
    Erstaunlich, wie schnell sich der Vampir wieder im Griff hatte. Krallen und Eckzähne schrumpften ein, sein Gesicht schwabbelte, als sei es Sülze, während er nach und nach wieder den gefassten, vornehmen Ausdruck eines durch und durch erfolgreichen Europäers annahm. Und an diesen Europäer erinnerte ich mich noch gut: von der ruhmreichen Stadt Prag her, wo es das weltweit beste Bier und die weltweit schönste Gotik der Welt gibt. »Viteszlav?«, rief ich. »Was erlauben Sie sich denn?«
    An der Tür stand natürlich Edgar. Der Dunkle Magier, der nach nur kurzer Arbeit in der Moskauer Tagwache zur Inquisition gewechselt war.
    »Anton, das tut mir leid!« Der gelassene Balte wirkte in der Tat verunsichert. »Uns ist da ein kleiner Fehler unterlaufen. Das kann im Eifer des Gefechts schon mal vorkommen...«
    Viteszlav war nun die Freundlichkeit in Person. »Nehmen Sie unsere Entschuldigungen an, Wächter. Wir haben Sie einfach nicht erkannt...« Sein Blick huschte rasch über mich hinweg, in seiner Stimme schwang Anerkennung mit. »Was für eine Tarnung ... Meinen Glückwunsch, Wächter. Wenn das Ihre Arbeit ist, kann ich nur ehrfürchtig das Haupt neigen.«
    Auf wen mein Schutzschild zurückging, erklärte ich nicht. Nur selten gelingt es einem Lichten Magier (und einem Dunklen übrigens auch, da braucht man kein Geheimnis draus zu machen), einen Inquisitor so befriedigend runterzuputzen.
    »Was haben Sie dem Mann angetan?«, brüllte ich. »Er steht unter meinem Schutz!«
    »Wie mein Kollege schon gesagt hat, dergleichen kann bei der Arbeit vorkommen«, erwiderte Viteszlav schulterzuckend. »Uns interessieren die Aufzeichnungen dieser Videokameras.«
    Edgar schob den Sessel mit dem eingefrorenen Security-Mann kurzerhand zur Seite und kam auf mich zu. Lächelnd. »Es ist alles in Ordnung, Gorodezki. Wir bearbeiten doch denselben Fall, oder?«
    »Habt ihr eine Genehmigung für... diese Art des Vorgehens?«, fragte ich.
    »Wir haben jede Menge Genehmigungen«, presste Viteszlav kalt hervor.

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