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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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das wegen mir, diesem Idioten. Damit ich, der ich auf der zweiten Kraftstufe versauern würde, keine Komplexe bekam...
    Und Nadjuschka war eine Andere! Nie würde ich den Horror eines Anderen durchmachen, dessen Kind heranwächst, altert und stirbt. Früher oder später würden wir Nadenka erzählen, was sie war. Dann würde sie eine Große werden wollen, ohne Zweifel. Und sie würde eine Große werden. Vielleicht würde sie diese unvollendete Welt sogar etwas besser machen.
    Und ich spielte irgendwelche kindlichen Agentenspiele! Machte mir Sorgen, dass ich meinen Auftrag nicht erfüllte, statt mich abends mit meinem lustigen Nachbarn zu amüsieren oder - natürlich nur um meine Tarnung aufrechtzuerhalten - ins Casino zu gehen.
    Ich stand auf, legte das Geld auf den Tisch und ging. In ein, zwei Stunden würde sich der Vorhang auflösen, der Wirt das Geld sowie die leeren Gläser sehen und sich daran erinnern, dass irgendwelche unscheinbaren Männer hier ihr Bier getrunken hatten. 

Fünf
    Den halben Tag verbrachte ich mit absolut nebensächlichen Dingen, die niemandem etwas nutzten. Vermutlich hätte der Vampir Kostja seinen weißlippigen Mund verzogen und mir einen Vortrag darüber gehalten, was er von meiner Naivität hielt...
    Als Erstes fuhr ich ins Assol, zog mir Jeans und ein einfaches Hemd an, danach ging ich in den nächsten normalen Hof, der zu einem tristen achtstöckigen Plattenbau gehörte. Zu meiner uneingeschränkten Genugtuung entdeckte ich dort einen Fußballplatz, auf dem die Schule schwänzende ältere Jungen einem abgewetzten Ball hinterherjagten. Auch ein paar jüngere Männer waren dabei. Trotz allem machte sich die gerade zu Ende gegangene Fußballweltmeisterschaft, bei der sich unsre Mannschaft nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte, positiv bemerkbar. In einige der noch erhaltenen Höfen kehrte der Hofgeist zurück, der völlig verloren gegangen schien.
    Man nahm mich in eine Mannschaft auf. In die, in der nur ein erwachsener Mann spielte - der eine beeindruckende Wampe vor sich hertrug, aber dennoch ausgesprochen agil und draufgängerisch war. Ich selbst spiele nicht gut, aber hier hatten sich auch nicht gerade Weltmeister versammelt.
    Etwa eine Stunde rannte ich über die staubige, fest gestampfte Erde, schrie, schoss auf das Tor aus durchlöchertem Maschendraht und traf sogar ein paar Mal. Einmal schaffte es ein baumlanger kräftiger Zehntklässler, mich geschickt auszutrippeln. Er lächelte mich großmütig an. Ich nahm's nicht krumm, ärgerte mich nicht.
    Als das Spiel dem Ende zuging - irgendwie ganz von selbst -, steuerte ich das nächste Geschäft an, kaufte Mineralwasser und Bier sowie für die jüngsten Fußballer Limo der Marke Baikal. Natürlich hätten sie Coca-Cola bevorzugt, doch allmählich sollte man anfangen, ihnen das transatlantische Gift wieder...
    Was mich enttäuschte: Mein großzügiges Verhalten - das entging mir nicht - beschwor die unterschiedlichsten Mutmaßungen herauf. Gute Taten muss man also in Maßen vollbringen.
    Nachdem ich mich von den »eigenen« und den »gegnerischen« Spielern verabschiedet hatte, ging ich zum Ufer hinunter, wo ich begeistert ins dreckige, aber erfrischende Wasser stieg. Ganz in der Nähe erhob sich das Assol mit seinem pompösen Hof. Soll es doch...
    Irgendwann ging mir etwas auf, das urkomisch war: Ein Dunkler Magier an meiner Stelle könnte genauso handeln. Nicht einer der ganz jungen, der sich noch auf alle zuvor unerreichbaren Vergnügen wie frische Austern und teure Prostituierte stürzt, sondern ein älterer Dunkler, der bereits hinter das Prinzip dieser Welt gekommen war: Vanitas vanitatum (et omnia vanitas) - alles ist nichtig.
    Auch er wäre über den kleinen Bolzplatz gejagt, hätte geschrien, den Ball getreten und die ungeschickt fluchenden Jugendlichen angeschnauzt: »Halt deine Zunge im Zaum, du Knallkopf!« Dann wäre er an den Strand gegangen, hätte im trüben Wasser geplanscht, im Gras gelegen, in den Himmel geschaut ...
    Wo verläuft sie, die Grenze? Gut, bei den niederen Dunklen ist alles klar. Sie sind die Untoten. Sie müssen töten, um existieren zu können. Hier hilft auch kein sprachlicher Eiertanz. Sie sind das Böse. Aber wo verläuft die eigentliche Grenze?
    Und warum verschwindet sie mitunter? In Momenten, wenn es darum geht, dass ein einzelner Mensch ein Anderer werden will? Ein einziger! Wen setzt man da gleich an, um ihn zu suchen! Dunkle, Lichte, die Inquisition ... Denn nicht nur ich befasse mich mit

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