Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
das Badezimmer betrat, akkurat über die Bodenfliesen schreitend.
    »Ich werde wirklich alt«, seufzte er. »Da komme ich neben der Tür raus ...« Er sah Viteszlav an und bedachte ihn mit einem freudestrahlenden Lächeln. »Was für eine Begegnung. Warum bist du nicht mal bei mir vorbeigekommen?«
    »Arbeit«, erwiderte Viteszlav einsilbig. »Ich denke, wir sollten die uns interessierenden Fragen so schnell als möglich klären ...«
    »Du verbringst zu viel Zeit hinterm Schreibtisch«, seufzte Geser. »Ein richtiger Bürokrat bist du geworden ... Was haben wir denn?« »Den hier...«, warf ich ein.
    Geser lächelte mich ermutigend an und betrachtete dann Timur Borissowitsch.
    Stille senkte sich herab. Selbst Kostja gab Ruhe und beendete sein lautloses Gespräch mit Sebulon, der es nicht sehr eilig hatte, hier aufzutauchen. Viteszlav schien förmlich zu erstarren. Ich versuchte, die Luft anzuhalten.
    »Wie interessant«, meinte Geser. Er trat an Timur Borissowitsch heran, der teilnahmslos vor sich hinstierte, und berührte seine Hand. »Ei, ei, ei...«, seufzte er. »Kennen Sie diesen Mann, Helllichter Geser?«, fragte Viteszlav.
    Geser wandte sich uns mit einer Miene zu, die tiefsten Schmerz ausdrückte. »Glaubst du etwa, ich hätte meinen Instinkt völlig eingebüßt?«, fragte er bitter. »Das ist mein Blut, Viteszlav! Das ist mein Sohn!« »Tatsächlich?«, fragte Viteszlav ironisch.
    Geser beachtete ihn einfach nicht weiter. Er umarmte den älteren Mann, der nach menschlichen Dafürhalten sein Vater hätte sein können. Zärtlich strich er ihm über die Schulter. »Wo warst du nur all die Jahre, mein Junge ...«, flüsterte er. »Und unter welchen Umständen begegnen wir uns jetzt... Aber man hat mir gesagt, du seist gestorben... An Diphtherie, hieß es...«
    »Meine aufrichtigen Glückwünsche, Geser«, sagte Viteszlav. »Aber ich würde gern ein paar Erklärungen bekommen!«
    Edgar kehrte ins Badezimmer zurück. Verschwitzt, mit der Mappe unterm Arm.
    »Das ist eine einfache Geschichte, Viteszlav«, erwiderte Geser, der seinen Sohn, diesen alten Mann, noch immer im Arm hielt. »Vor dem Krieg habe ich in Usbekistan gearbeitet. Samarkand, Buchara, Taschkent... Ich war verheiratet. Dann beorderte man mich nach Moskau. Ich wusste, dass ich Vater eines Jungen geworden war, habe meinen Sohn jedoch nicht ein einziges Mal gesehen. Es war halt... Krieg. Dann starb die Mutter des Kleinen. Und seine Spuren verloren sich.«
    »Und selbst du konntest ihn nicht finden?«, fragte Viteszlav ungläubig.
    »Selbst ich nicht. Aus den Unterlagen ging hervor, dass er gestorben war. An Diphtherie...«
    »Das ist eine mexikanische Telenovela«, platzte Edgar heraus. »Helllichter Geser, wollen Sie uns weismachen, dass Sie diesen Menschen noch nie getroffen haben?« »Nicht einmal«, meinte Geser traurig.
    »Sie haben nie mit ihm gesprochen, ihm nicht - entgegen allen Gesetzen - vorgeschlagen, ein Anderer zu werden?«, ließ Edgar nicht locker.
    Geser bedachte den Magier mit einem ironischen Blick. »Ihnen sollte doch bekannt sein, verehrter Inquisitor, dass ein Mensch kein Anderer werden kann.« »Antworten Sie auf die Frage!«, bat - oder befahl - Edgar.
    »Ich habe ihn noch nie gesehen, noch nie mit ihm gesprochen und ihm nichts versprochen. Ich habe den Wachen und der Inquisition keinen Brief geschickt! Ich habe niemanden gebeten, sich mit ihm zu treffen oder diese Briefe abzuschicken! Möge das Licht meine Worte bezeugen!«, skandierte Geser. Er streckte einen Arm aus und auf seinem Handteller flackerte kurz ein weißes Feuer auf. »Wollt ihr meine Worte etwa anzweifeln? Wollt ihr behaupten, ich sei dieser Verräter?«
    Er wuchs über sich hinaus, als sei in ihm eine Feder hochgeschnellt. Mit Gesers Blick hätte man jetzt Nägel einschlagen können.
    »Wollt ihr mich anklagen?«, fuhr Geser mit erhobener Stimme fort. »Du, Edgar? Oder du, Viteszlav?«
    Kostja wich nicht rechtzeitig aus und bekam ebenfalls eine Portion von dem versengenden Blick ab. »Oder du, kleiner Vampir?«
    Selbst ich wollte mich verstecken. Doch in den Tiefen meiner Seele musste ich lachen. Geser hatte alle reingelegt! Wie genau, wusste ich nicht - aber reingelegt hatte er sie!
    »Wir würden an dergleichen nicht einmal denken, Helllichter Geser.« Viteszlav neigte als Erster den Kopf. »Edgar, Ihre Fragen waren unhöflich formuliert.«
    »Ich bitte um Entschuldigung.« Edgar ließ den Kopf hängen. »Verzeihen Sie mir, Helllichter Geser. Es tut mir

Weitere Kostenlose Bücher