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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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tatsächlich ein Hund. Ein großer grauer Hund mit Fangzähnen. Der sie ansah und das Maul aufriss, als lächle er.
    »So einen Hund möchte ich haben«, sagte Romka ohne zu stocken und sah seine Schwester voller Stolz an.
    Xjuscha, ein Stadtkind, hatte Wölfe bisher nur auf Bildern gesehen. Und im Zoo, wo es allerdings nur irgendwelche seltenen Sumatrawölfe gab... Jetzt bekam sie es mit der Angst zu tun.
    »Gehen wir, komm«, hauchte sie ganz leise und packte Romka fester bei der Hand. »Das ist ein fremder Hund, mit dem dürfen wir nicht spielen.«
    Vermutlich erschreckte irgendetwas in ihrer Stimme Romka. Und zwar so, dass er nicht zu heulen anfing, sondern die Schwester von sich aus an der Hand fasste und ihr gehorsam folgte.
    Der graue Hund blieb ein Weilchen stehen und lief den Kindern dann langsam hinterher.
    »Er ff-folgt uns«, sagte Romka, als er sich einmal umdrehte. »Xjucha, ist da-das ein Wolf?«
    »Das ist ein Hund«, erwiderte Xjuscha. »Du darfst nicht wegrennen, hörst du? Wölfe beißen diejenigen, die wegrennen!«
    Der Hund stieß einen hüstelnden Laut aus, fast eine Art Lachen.
    »Lauf!«, schrie Xjuscha. Und sie rannten los, quer durch den ganzen Wald, durch das dichte pikende Gebüsch, vorbei an einem fürchterlich hohen Ameisenhaufen, der groß wie ein erwachsener Mann war, entlang an einer Reihe moosbewachsener Baumstümpfe; irgendjemand musste hier ein Dutzend Bäume gefällt und abtransportiert haben.
    Bald verschwand der Hund, bald tauchte er wieder auf. Hinter ihnen, rechts, links. Von Zeit zu Zeit hüstelnd. Oder lachend. »Er lacht über uns!«, schrie Romka unter Tränen.
    Der Hund war jetzt irgendwohin verschwunden. Xjuscha blieb an einer mächtigen Eiche stehen und drückte Romka an sich. Normalerweise sträubte sich ihr kleiner Bruder seit einiger Zeit gegen solche Zärtlichkeiten, doch diesmal leistete er keinen Widerstand, presste sich mit dem Rücken gegen seine Schwester und bedeckte die Augen verängstigt mit den Händen. »Ich hahabe kei-keine Angst«, beteuerte er immer und immer wieder mit kaum hörbarer Stimme. »Hier ist niemand.«
    »Nein, hier ist niemand«, versicherte Xjuscha. »Nun heul doch nicht! Der Wol... Hund passt auf seine Jungen auf. Deshalb hat er uns weggejagt. Hast du das verstanden? Wir gehen jetzt nach Hause.«
    »Ja«, stimmte Romka erleichtert zu und nahm die Hände vom Gesicht. »Oj, da sind die Jungen!«
    Die Angst verschwand, sobald er die aus dem Gebüsch heraustretenden Jungen sah. Drei kleine graue Tiere mit hoher Stirn und dummen Augen. »Die Ju-Jungen...«, rief Romka begeistert.
    Xjuscha wollte panisch zur Seite springen. Die Eiche, gegen die sie sich pressten, ließ sie jedoch nicht los - das Baumwollkleidchen klebte fest am Harz. Xjuscha zerrte heftiger, der Stoff knisterte, löste sich. Dann sah sie den Wolf. Er stand hinter ihr und lächelte. »Wir müssen auf den Baum raufklettern...«, flüsterte Xjuscha. Der Wolf lachte auf.
    »Ob er nur will, dass wir mit seinen Jungen spielen?«, fragte Romka hoffnungsvoll.
    Der Wolf schüttelte den grauen, dunkel gefleckten Kopf. Antwortete gleichsam: nein, nein. Ich möchte, dass meine Jungen mit euch spielen.
    Dann schrie Xjuscha, so laut und durchdringend, dass selbst der Wolf einen Schritt zurücktrat und die Schnauze verzog. »Hau ab! Hau ab!«, brüllte Xjuscha und vergaß, dass sie ja bereits ein großes und ein tapferes Mädchen war.
    »Schreit doch nicht so«, erklang es da in ihrem Rücken. »Ihr weckt ja den ganzen Wald auf...«
    Mit aufkeimender Hoffnung drehten sich die Kinder um. Neben den Wolfsjungen stand eine erwachsene Frau, eine schöne, schwarzhaarige Frau, barfuß und in einem langen Leinengewand. Der Wolf knurrte drohend.
    »Ganz brav«, sagte die Frau. Sie beugte sich vor und packte eines der Jungen beim Fell, das so reglos in ihren Armen hing, als schlafe es. Die andern waren ebenfalls an ihrem Platz erstarrt. »Wen haben wir denn hier?«
    Der Wolf achtete nun nicht mehr auf die Kinder, sondern steuerte finster auf die Frau zu. Die stimmte einen Singsang an: Wolfsdickicht, Dunkel, Grauen Niemals werd ich euch vertrauen. Der Wolf blieb stehen. Den Blick auf ihn gerichtet, beendete die Frau ihr Lied: Seh die Wahrheit, seh die Lüge, Erkenn in dir - wessen Züge? Der Wolf fletschte die Zähne.
    »Aj, aj, aj...«, sagte die Frau. »Und was sollen wir jetzt mit dir machen?«
    »Geh... weg...«, bellte der Wolf. »Geh... weg... He-xe...«
    Die Frau warf das Wolfsjunge ins weiche

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