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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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was ich weiß.“
    „Unmöglich! Ich habe mit der Politik ja gar nichts zu tun.“
    „Sehr viel sogar, Effendi!“
    „Das müßte ich doch wissen!“
    „Nein. Der Vogel hat mit der Schlange ja auch nichts zu tun, und sie kommt dennoch und frißt ihn auf.“
    „Das ist etwas ganz anderes. Die Politik ist gerade dasjenige, was mir am fernsten liegt. Wie kann mir von daher Gefahr drohen? Ich beschäftige mich daheim nicht mir ihr, hier noch viel weniger.“
    „Allah! Du willst mich nicht hören, und ich wiederhole dennoch meine Warnung.“
    „Warnung sagst du? So ist die Gefahr, welche mir nach deiner Ansicht droht, eine große?“
    „Ja. Es kann sich um dein Leben handeln.“
    „Maschallah! Welcher ägyptische Politiker kennt mich? Welcher von diesen Herren trachtet mir nach dem Leben?“
    Er machte eine Bewegung der Ungeduld und rief heftig aus:
    „Willst du mich denn wirklich zwingen, zu sagen, was ich nicht sagen darf? Es handelt sich gar nicht persönlich um dich!“
    „Und doch ist meine Person in Gefahr? Du widersprichst dir selbst.“
    „Nein. Ich meine, es handelt sich nicht um dich allein.“
    „Um wen noch?“
    „Um alle Europäer.“
    „Ah! Stehen alle Europäer in Gefahr?“
    „Ja.“
    „Schahad! Das klingt ja ganz so, als ob es sich um eine Verschwörung gegen die Ausländer handle, welche hier leben!“
    „Ich sage nichts.“
    „An so etwas ist aber gar nicht zu denken.“
    „Nicht?“
    „Nein. Es ist ja hier im Land alles ruhig. Es hat zwar vor einiger Zeit hier gegärt; aber das ist vorüber, seit der Khedive im vorjährigen Juli das Liquidationsgesetz unterzeichnet hat.“
    „Nur der Seemann sieht es dem heitern Himmel an, daß trotz dieser Herrlichkeit ein Sturm im Anzug ist. Du bist ein Laie. Nun aber habe ich genug gesprochen. Du hörst weiter kein Wort von mir!“
    „Hm! Du meinst es jedenfalls gut, und ich danke dir. Aber du hast weit mehr gesagt, als du weißt.“
    „Wieso, Effendi?“
    „Wenn deine Warnung einen Grund hat, so kann es sich, wie gesagt, nur um eine Verschwörung, um einen Aufstand handeln; du mußt davon wissen und gehörst also zu den Verschwörern!“
    „Allah '1 Allah, was fällt dir ein! Wie kann ein armer Schahad ein Verschwörer sein? Solche Leute müssen Männer mit Einfluß und Bedeutung sein; ich aber lebe von den Almosen der Mildtätigen. Sprechen wir von etwas anderem! Ich soll dich grüßen, Effendi.“
    „Von wem?“
    „Von meinem Freund.“
    „Ah? So hast du mit ihm gesprochen?“
    „Ja.“
    „Was sagt er?“
    „Du sollst jetzt erfahren, wie lieb ich dich habe und welches Vertrauen ich in dich setze. Mein Freund ist ein strenggläubiger Moslem, der seinen Harem heilig hält. Als ich ihm sagte, was ich gestern mit dir besprochen habe, war er empört über so eine Zumutung –“
    „Ich habe ihm nichts zugemutet“, fiel ich ihm in die Rede. „Mir liegt nichts an der Heilung seiner Tochter, die mir vollständig fremd ist. Mag sie ihren Ghodda behalten!“
    „Werde nur nicht gleich zornig, Effendi! Ich habe dich doch mit dem Wort Zumutung gar nicht beleidigen wollen. Er wünscht allerdings sehr, daß diese Verunzierung der Gestalt verschwinde, und ich sagte ihm, daß dieser schlimme Ghodda mit der Zeit noch viel größer werden könne.“
    „Das ist sehr richtig; er wird immer größer.“
    „Ja semaji, ia robaji, hijarani – o mein Himmel, mein Schreck, mein Entsetzen! Wer möchte das mit ansehen! Er war ganz unglücklich, als er dies hörte, und seine Tochter, welche die Freude und der Glanz seines Alters ist, weinte vor Kummer. Da erklärte ich ihm, daß der Ghodda gar nicht zu ihrem Körper gehöre, was ihn sofort beruhigte. Er zeigte sich bereit, dir zu erlauben, den bösen Ghodda zu berühren.“
    „Wann?“
    „Schon heut abend.“
    „Wo? Soll ich zu ihm kommen?“
    „Nein; er wünscht, daß es hier geschehe.“
    „So wird er mit seiner Tochter kommen?“
    „Auch das nicht. Sein Stand verbietet ihm, hierher zu gehen. Er hat mich beauftragt, seine Stelle zu vertreten. Wenn du es erlaubst, werde ich jetzt gehen, um die Tochter zu holen.“
    „Ganz wie du willst, Schahad.“
    „Vorher muß ich dir sagen, daß dich eine große Belohnung erwartet, wenn es dir gelingt, die Tochter von dem Makel ihrer Schönheit zu befreien.“
    „Ich tue es dir zu Gefallen und verlange nichts dafür.“
    Er ging. Als er hinaus war, sah mich mein Reiniger der Pfeifen bei offenem Mund mit großen Augen an.
    „Was sagst du dazu, Effendi?“

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