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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gartens zu. Wollte ich um denselben herumbiegen, um das vordere Tor zu erreichen, so verging mir zuviel Zeit; ich hielt also direkt auf den Zaun zu, nahm das Pferd empor und sprengte über denselben hinweg. Ich kam nicht so glatt hinüber, als ich gewünscht hatte. Ich hatte während des scharfen Ritts die Steigbügel nicht benützen können, da sie mir viel zu niedrig hingen, und mir auch nicht Zeit genommen, sie höher zu schnallen. Der Gaul war jedenfalls, wie mir auch die ganze Sattelung zeigte, von dem unendlichen Sir Gilbert Grey geritten worden. Im Sprung über den Zaun blieb der eine Bügel an demselben hängen, der Riemen riß, und Pferd und Reiter überschlugen sich. Im nächsten Augenblick aber waren wir wieder auf den Beinen; der gefährliche Sturz hatte uns beiden keinen nennenswerten Schaden gebracht; ich überließ das Pferd sich selbst und eilte durch den Garten nach dem Wohngebäude.
    Hierbei traf ich auf einen der Hottentotten.
    „Ist jemand bei Jeffrouw Soofje?“ fragte ich ihn.
    „Oh, Mynheer“, antwortete er ängstlich, „Zulu sein im Haus – drei Zulu. Auch groß' Häuptling sein da!“
    Ich fragte nicht weiter und trat in den Flur, wo mir laute Stimmen aus der Stube entgegen tönten. Die Tür ein wenig öffnend, gewahrte ich drei Kaffern, von denen zwei in der Nähe des Einganges standen, während der dritte in der Mitte des Raums war und Mietje beim Arme gefaßt hatte. An der Tür zur Schlafstube lehnte schreckensbleich die Hausfrau; sie hatte vor Angst um die Pflegetochter das Lager verlassen und eilfertig nur die nötigsten Kleidungsstücke übergeworfen.
    „Hier wohn' Jan van Helmers“, hörte ich den Häuptling in gebrochenem Holländisch sagen. „Er sein Boer van het Roer; er schieß' auf Zulu; er muß sterb' und Frau muß sterb'!“
    „Er wird nicht sterben, sondern kommen, um uns zu rächen!“ antwortete das Mädchen unverzagt.
    „Er wird sterb' und Frau wird sterb', doch nicht du! Hier ist Zahn von Schlang', darum du nicht sterb', sondern geh' mit Sikukuni für Straf an schlimm' bös' Somi!“ fügte er hinzu, auf eine aus Schlangenzähnen gefertigte Kette deutend, welche das Mädchen am Halse trug. „Wo ist her Zahn von Schlang' an Schnur hier?“
    „Von meiner Mutter.“
    „Wo ist Mutter?“
    „Sie ist tot; sie verschmachtete in der Kalahari.“
    „Oh, Sikukuni weiß nun all'! Weib von Somi hatt' Zahn von Schlang' hier; Weib von Somi floh mit Kind in Kalahari; Weib starb, Kind nahm Boer und auch Zahn von Schlang'. Hier steh' Kind von Somi und muß geh' mit Sikukuni bei Zulu; Boer aber sterb' und auch Frau!“
    Er gab seinen beiden Leuten einen Wink; sie traten zu Jeffrouw Soofje und zogen die Messer. Mietje schrie auf und wollte sich losringen; der gewaltige Häuptling aber hielt sie so fest umschlossen, daß ihr Arm mit Blut unterlief. Er gab einen kurzen, mir unverständlichen Befehl in der Zulusprache, dessen Bedeutung ich jedoch sogleich erkannte, denn die beiden andern erhoben ihre Messer. Ich hatte bereits die Büchse emporgenommen; meine beiden Schüsse krachten rasch hintereinander, und ein dreifacher Schrei erscholl in dem Zimmer. Durch den Rauch vordringend, erhob ich den Kolben gegen Sikukuni. Er stand, das Mädchen noch immer mit der Linken haltend, mit blitzenden Augen vor mir; eine Binde von Otternfell und Ohrdecken von Leopardenfell schmückten sein Haupt, von welchem fünf Straußenfedern und eine Kaffernfinkenfeder wehten. Seine herkulischen Glieder waren außer einem aus Straußflaum gefertigten Lendenschurze unbekleidet, und von den breiten Schultern hing ein Mäntelchen von zusammengenähten, weißen Kuhschwänzen. Ich wußte, daß der Schlag meines Kolbens stets tödlich gewesen war, hatte aber die geringe Höhe der Zimmerdecke nicht in Rechnung gezogen. Ich blieb im Ausholen an einem der Balken hängen und gab dadurch eine Blöße, welche der Kaffernkönig blitzschnell benützte. Seine kurze Keule schwingend, versetzte er mir auf den Kopf einen Hieb, unter welchem ich augenblicklich zusammenbrach.
    Glücklicherweise blieb ich, wie sich gleich herausstellte, nur einige Sekunden besinnungslos. Von dem Gedanken an die Gefahr, welche den Frauen drohte, elektrisiert, raffte ich mich auf. Ein Blick auf die Umgebung zeigte mir, daß Sikukuni und Mietje fort seien; die beiden Kaffern lagen mit zerschossenen Schädeln am Boden neben Jeffrouw Soofje, welche dagegen unverletzt schien und wohl nur infolge des Schreckens das Bewußtsein verloren hatte.
    Den

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