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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gilbert Grey aus Kingsfield der Vertreter einer Waffenfabrik war, welche im Auftrag des englischen Gouvernements eine Lieferung von Gewehren, Patronen, Blei und Pulver an die jenseits der Randberge sich zusammenziehenden Zulukaffern zu machen hatte. Um diesen Brief als unverfänglich erscheinen zu lassen, hatte man ihm diese künstliche Fassung gegeben und ihn unter die anderen gesteckt; er war jedenfalls an einen englischen Agenten gerichtet, welcher sich bei den Zulus befinden mußte, und verwies auf nähere Details und Instruktionen, welche, doppelt angefertigt, sich in dem Fernrohr Greys, und falls dasselbe verloren gehe, unter dem Futter seiner Rhinoceroshaube befanden.
    Ich nahm natürlich sofort die Züge des Perspektives auseinander und gewahrte da einen beschriebenen Bogen, welcher zusammengerollt und hineingesteckt worden war. Die Adresse lautete an einen Lieutenant Mac Klintok, welcher angewiesen wurde, mit einem Detachement von Kaffern über den Kerspaß zu gehen, um an einem genau bezeichneten Tage am Attersberg mit dem Transport zusammenzutreffen und denselben dann über das Randgebirge zu begleiten. Aus einer kurzen Bemerkung ging hervor, daß die Zulus sofort nach dem Eintreffen der Waffen den Kleipaß besetzen würden, um die diesseits befindlichen Boers abzuhalten, ihren jenseitigen Kameraden Hilfe zu bringen.
    Aus dem allen ging hervor, daß die bevorstehende Erhebung der Kaffern eine Folge englischer Einflüsse sei, und es ließ sich vermuten, daß die Briten eine Anzahl von Offizieren entsandt hatten, um das Unternehmen strategisch zu leiten.
    Wie aber kam Sikukuni hierher, und wie hatte ich mir die Gegenwart dieses Sir Gilbert Grey bei ihm zu erklären? Diese Fragen vermochte mir der Brief nicht zu beantworten. Es mußten sehr wichtige Gründe sein, welche den Häuptling bewogen hatten, in so geringer Begleitung über das Gebirge zu gehen. Jedenfalls war es notwendig, Kees Uys und den Boer van het Roer von dem Geschehenen und dem Waffentransport zu benachrichtigen.
    Noch in Gedanken darüber, wurde ich von Mietje zum Abendessen gerufen, welches ich nur mit ihr einnahm, da Jeffrouw Soofje durch ihr Unwohlsein daran verhindert war. Jetzt erst fand ich Gelegenheit, das Nähere über den Überfall Sikukunis zu erfahren. Das Mädchen sagte mir nochmals Dank für die rechtzeitige Hilfe und fügte hinzu:
    „Ich glaubte an keine Gefahr, da erst nur ein Zulu erschien, der übrigens die Stammeszeichen abgelegt hatte und daher von uns für einen Fingo gehalten wurde.“
    „Er ist von Sikukuni vorausgesandt worden, um zu rekognoszieren. Was gab er vor?“
    „Er fragte, ob er bei uns Arbeit haben könne, und wollte wissen, ob der Boer daheim sei. Da wir Leute genug haben und Jan nicht daheim ist, so mußte ich ihn fortschicken.“
    „Und er ging ohne weiteres?“
    „Nein. Er hatte die Kette bemerkt, welche ich hier trage, und fragte mich, wie ich zu derselben gekommen sei.“
    „Ihr habt es ihm erzählt?“
    „Ja. Er betrachtete mich darauf mit einem sehr bösen Blick und entfernte sich. Wenige Minuten später kehrte er mit Sikukuni und dem dritten Kaffer zurück.“
    „Kanntet Ihr den Häuptling?“
    „Nein; ich hatte ihn noch niemals gesehen.“
    „Was gab er als Ursache seines Besuches an?“
    „Er fragte nach Jan und wollte wissen, wann er aufgebrochen, wohin er und wer mit ihm geritten sei.“
    „Und Ihr habt ihm die verlangte Auskunft erteilt?“
    „Wie konnte ich! Er drohte mir mit dem Tod, aber ich wäre doch lieber gestorben, als daß ich Jan verraten hätte. Dieser trifft ja nur deshalb mit den Anführern zusammen, um den Angriff gegen die Zulus mit ihnen zu besprechen und Somi zu fragen, ob er König der Zulus werden will.“
    „Ah! Somi will erscheinen? Das ist eine wichtige Neuigkeit! Ich denke, man hat über seinen Aufenthalt nicht das mindeste gewußt.“
    „Jan und Kees Uys wußten alles. Somi hatte eine Zufluchtsstätte da oben im Norden bei den Makua gefunden.“
    „Und erst als Ihr ihm die Auskunft verweigertet, begann Sikukuni von dieser Kette zu sprechen?“
    „Ja.“
    „Und glaubt Ihr, was er darüber sagte?“
    „Ich weiß nicht, ob ich es glauben soll. Nur die Frauen von berühmten Häuptlingen dürfen solche Ketten tragen, das hat mir Jan gesagt. Jeffrouw ist mir stets eine gute Mutter gewesen, aber ich würde doch sehr froh sein, meinen Vater kennen zu lernen.“
    „Nach Sikukunis Ausspruch ist Somi Euer Vater, und wenn es den Boers gelingt, ihren Plan

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