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301 - Libretto des Todes

301 - Libretto des Todes

Titel: 301 - Libretto des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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verschwinden.
    Von hier aus hatte Matt einen prächtigen Überblick über die gesamte Szenerie. Vor ihm, in gut fünf Metern Tiefe, erstreckte sich der leere Zuschauerraum. Nur Xij und Wahnfried saßen dort. Im Hintergrund, auf der Lichtbühne, arbeiteten ein paar Techniker. Links von ihm saß das Orchester im Graben und gab sein Bestes, vor allem Gunnter verausgabte sich mit seinem Taktstock völlig.
    All das aber interessierte Matthew nicht. Denn er roch Pulverrauch! Und jetzt, da die Musik für einen Moment aussetzte, hörte er ganz deutlich ein Zischen.
    Matts Nackenhärchen richteten sich auf. Er schaute sich gehetzt um, machte zwei weitere Schritte in Richtung Bug – und erstarrte.
    Unter einer Holzverstrebung lag Dynamit! Drei Stangen, mit einem Band zu einem handlichen Päckchen verschnürt. Eine Zündschnur ging davon ab. Eine bläuliche Flamme fraß sich daran entlang und hatte das Dynamit fast erreicht...
    Matt stieß einen durchdringenden Warnschrei aus und sprang auf die vordere Reling. Zu spät, um die Explosion noch zu verhindern. Ohne lange nachzudenken, hechtete er nach einem der Taue, die direkt vor ihm aus der Takelage hingen. Er bekam es zu fassen, und während die Truveers nach allen Seiten auseinanderspritzten, schwang er sich in den Zuschauerraum. Als er die Bühnenkante erreichte und direkt vor und unter sich Xij und Wahnfried sah, ließ er los.
    In diesem Augenblick ging das Dynamit hoch. Ein greller Blitz zuckte durch den Raum, gefolgt von einem dumpfen Explosionsdonner. Matt spürte die Druckwelle als Schlag im Rücken, spürte den heißen Feueratem der Explosion und glaubte sich für einen Moment mitten in der Hölle.
    Xij und Wahnfried starrten ihn entsetzt an, während er auf sie zu stürzte. Im nächsten Moment kollidierte er mit dem fetten Festspielmeister, was die Landung einigermaßen komfortabel machte. Der XXL-Stuhl kippte nach hinten um und sie rollten in den Gang hinein.
    Von der Bühne ertönten schrille Schmerzensschreie, während Matt vom Festspielmeister herunterrutschte, taumelnd und noch halb benommen auf die Beine kam – und beinahe in ein Loch gefallen wäre, das sich plötzlich am Bühnenrand aufgetan hatte.
    Während Xij hustend herankam und sich die Kleider abklopfte, lag Wahnfried wie ein Käfer auf dem Rücken und strampelte hilflos. Mit einem Rundumblick sondierte Matt, der außer einigen Holzsplittern im Nacken kaum etwas abbekommen hatte, die Lage.
    Auf der Bühne lagen Truveers mit zerrissenen Kostümen. Ihre Schreie mischten sich mit denen aus dem Orchestergraben. Zwei der Verletzten streckten bittend die Arme aus, ein dritter tastete an seinem stark blutenden Kopf herum. Die Frau, die die Senta gespielt hatte, schien es am übelsten erwischt zu haben. Sie lag in der Nähe des Schiffes, ihr Bein stand in einem unmöglichen Winkel vom Körper ab. Sie schaute darauf und wimmerte leise, während neben ihr bereits das komplette vordere Drittel der Schiffsrequisite in hellen Flammen stand.
    Die Feuersbrunst leckte an der Takelage hoch und begann auch die Bühne in Brand zu setzen! Dicke, träge, nach Schwefel stinkende Rauchschwaden zogen durch den Raum, stiegen unter die Decke und zerfaserten dabei langsam.
    Matt sah auf den ersten Blick keine Toten. Etliche Truveers hatten die Explosion dank seines Warnrufs sogar unverletzt überstanden. Einer versuchte in rührender Hilflosigkeit, mit seinem Hut die Flammen auszuschlagen, und musste dabei immer weiter zurückweichen. Zwei andere standen unschlüssig da, ein dritter floh in den Zuschauerraum.
    »Helft den Verwundeten auf der Bühne!«, brüllte Matt. »Holt sie da runter, sofort!«
    In die Männer kam tatsächlich Bewegung. Matt und Xij halfen Wahnfried auf. Mit Mühe und Not bekamen sie den Festspielmeister wieder auf die Beine. Sie zogen und schoben ihn ein paar Meter in Richtung Ausgang, aber Wahnfried sträubte sich dagegen.
    »Geht’s noch?«, fragte Matt und musterte Xij besorgt. Die war totenbleich und bekam kaum Luft.
    »Ja, geht«, krächzte sie.
    Durch das Prasseln der Flammen ertönten neue Schreie. Matt fuhr herum. Gebannt starrte er zu den Logen im hinteren Bereich des Zuschauerraums hoch. Sie befanden sich gute drei Meter über den letzten Rängen unter der Decke und waren mit dicken roten Brokatvorhängen behängt. In einer von ihnen kämpften zwei Männer!
    Der Erste schrie irgendetwas Unverständliches und prügelte mit bloßen Händen auf den Zweiten ein. Matt glaubte in dem Angreifer Annder zu

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