307 - Späte Vergeltung
Sänfte, die auf vier Stangen ruhte und rundum geschlossen war.
Sobald die Träger freies Gelände erreichten, verfielen sie in einen leichten, trippelnden Laufschritt. Die anderen Diener schlossen sich an. Ebenso wie die restlichen acht Exekutoren, die zu Fuß die Nachhut bildeten.
Kurze Zeit später hielt der seltsame Trupp vor der herabgelassenen Zugbrücke, die sich über den Burggraben spannte. Eine der schweren Ketten schien erst kürzlich beschädigt und repariert worden zu sein.
Bei den zwanzig bunt gewandeten Dienern handelte es sich ausschließlich um Asiaten. Matt fühlte sich an Agartha erinnert. Ein ungutes Gefühl stieg in ihm hoch. Er glaubte plötzlich zu wissen, wer gleich aus der Sänfte steigen würde.
Es war ein alter, hagerer, glatzköpfiger Asiat in dunkelblauem Gewand. Seine Bewegungen waren kraftvoll und geschmeidig, eher die eines jungen Mannes. Der Alte steckte noch immer voller Energie.
Rulfan streckte ihm die Hand entgegen. Er ergriff sie und schüttelte sie herzlich. Die beiden Männer begrüßten sich wie Freunde, während Matt bei den anderen Burgbewohnern, die er im Blickfeld hatte, Misstrauen und sogar Angst erkannte. Einige schienen im Angesicht der Exekutoren regelrecht erstarrt zu sein.
Der Mann aus der Vergangenheit kletterte ebenfalls vom Dach und trat an Rulfans Seite.
»Ich werde Ihnen und Ihrem Gefolge den Südflügel des Hauptgebäudes überlassen, Meister Chan«, sagte der Albino gerade. »Folgen Sie einfach meinem Diener Been. Ah, Matthew, schön, dass du kommst. Darf ich dir meinen Gast vorstellen?«
Chan lächelte höflich und ignorierte Matts finstere Miene dabei vollkommen. »Sie sind also der berühmte Maddrax? Es freut mich sehr, Sie endlich kennen zu lernen. Ich denke, wir werden eine interessante Zeit zusammen verbringen.«
Matt nickte. »Mögest du in interessanten Zeiten leben«, murmelte er.
Chan kicherte. »Sie kennen den Spruch? Erstaunlich. Aber seine wahre Bedeutung ist Ihnen sicher nicht geläufig, Maddrax, oder?«
Matt grinste ihn spöttisch an. »Es ist kein Segenswunsch. Gemeint sind schlimme Zeiten, Zeiten des Krieges.«
»So ist es tatsächlich. Sie sind ein interessanter Mann. Wir sollten uns bald näher unterhalten. Sie haben sicher viel zu erzählen.«
Die Traiks donnerten über die Zugbrücke in den Burghof, Fußvolk und Sänfte folgten. Kurze Zeit später waren die Ankömmlinge im Haus verschwunden. Lediglich zwei mit Gewehren bewaffnete Exekutoren postierten sich vor der Eingangstür.
Matt schüttelte den Kopf. »Sag mal, spinnst du jetzt vollkommen?«, fuhr er seinen Blutsbruder an. »Du empfängst diesen Verbrecher wie einen guten Freund? Was geht hier eigentlich vor?«
Rulfan musterte Matt mit kalten Blicken. »Ich lasse mich von dir nicht belehren, was ich zu tun habe und was nicht. Sei also etwas vorsichtiger in deiner Wortwahl, ja? Waren es nicht deine Worte, dass wir alles Menschenmögliche tun müssen, um eine Waffe gegen den Streiter zu finden? Nun, Chan will mich beim Aufbau meines Wissenshortes unterstützen. Er ist ein Mann mit Einfluss und immensem Wissen und kann sicher viel für mich tun. Vielleicht gibt gerade er uns ja den entscheidenden Hinweis.«
»Er ist ein Verbrecher, sonst nichts. Ich an deiner Stelle würde mit ihm niemals zusammenarbeiten.«
»Ach ja? Agartha ist lange vorbei. Und in der Gegenwart hat Chan nichts nachweislich Böses getan. Oder hast du andere Informationen? Ganz konkrete, meine ich.«
»Die Besetzung deiner Burg...«
»Das war der Alleingang eines karrieregeilen Exekutors. Haben wir alles geklärt.«
»Aber Chan ist ein Gewaltherrscher...«
»Was du nicht sagst, Matt. Aber hat nicht auch Jed schon Gewalt gegen seine Feinde anwenden müssen? Würdest du ihn deswegen als Diktator bezeichnen?«
Die Stimmen der beiden wurden immer lauter und aggressiver.
Matt schlug wütend seine linke Faust in die rechte Handfläche. »Du redest Bullshit, Rulfan!«
»Ach ja? Das sagt der Richtige...«
Die beiden standen sich wie kampfbereite Widder gegenüber. Bevor sie tatsächlich handgreiflich werden konnten, trat Meinhart Steintrieb an Rulfans Seite. Er trug den Modellhelikopter bei sich und grinste breit. »He, Matt, ich weiß jetzt wirklich nicht, wo dein Problem ist. Das Wissen und die Möglichkeiten, die Chan hat, sind enorm, oder etwa nicht? Ich find’s auf jeden Fall faszinierend, was der Kerl auf der Pfanne hat. Von dem können wir alle noch was lernen. Ich denk, die Chance dürfen
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