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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Vater, Liebe, bitte, mehr Liebe mußt du zeigen!“
    „Bemühe dich nicht, klüger zu sein, als dein Vater ist! Es haben die Tempel der Heiden in aller Welt zu fallen. Ihre Säulen müssen zerstört und ihre Mauern eingestürzt werden. Es darf keinen Allah und keinen Mohammed, keinen Zoroaster, keinen Brahma, keinen Konfuzius und Mencius mehr geben!“
    Er sprach erregt, erregter, als der öffentliche Ort, an dem er sich befand, es eigentlich erlaubte. Sie legte ihm begütigend die Hand auf den Arm und bat: „Sprich leiser! Du bist so unruhig jetzt, gar nicht so still und heiter, so überlegend und bedächtig, wie du warst, solange die Mutter lebte. Ich hoffte, daß die Reise dich zerstreuen werde; aber die ‚Heidentempel‘ kommen dir fast gar nicht mehr aus dem Sinn.“
    Sie sprach so eindringlich und so ernst, und ihr Auge hatte dabei einen so tiefen, dunklen Blick. Sie schien noch besorgter zu sein, als sie sich merken lassen wollte. Die Wirkung ihrer Worte war keine nachhaltige. Ein Weilchen war er still oder sprach wenigstens in so gedämpftem Ton, daß ich ihn nicht verstehen konnte. Aber bald war er wieder so deutlich wie vorher geworden. Und, sonderbar, die Heidentempel bildeten das Thema, auf welches er so oft wie möglich zurückzukommen strebte, obgleich Mary sich Mühe gab, ihn immer wieder davon abzubringen. War dies nichts anderes zu nennen als nur ein bevorzugter Gesprächsgegenstand? Ließ es sich einfach nur aus seinem Beruf als Missionar erklären, daß dieses Wort sich in seinem Ideenkreis so fest eingenistet hatte? Oder sollte –? Nein! Den Gedanken an eine geistige Störung mußte ich in Rücksicht auf eben diesen Beruf von mir weisen. Wer nach China geht, um ‚Heiden zu bekehren‘, bei dem ist doch wohl eine vollständig gesunde Psyche vorauszusetzen. Jedenfalls aber war im Verlauf dieses Abendessens mein Interesse nicht nur für die beiden Chinesen, sondern auch für den Amerikaner und seine Tochter um ein bedeutendes gesteigert worden.
    Nach Tisch ließ ich mir den Kaffee, wie gewöhnlich, hinaus auf den elektrisch beleuchteten Vorplatz bringen und saß noch kaum einige Minuten da, als Waller und Mary das Hotel verließen, um einen Spaziergang zu machen. Sie kamen nahe an mir vorüber und – ob ich mich irrte, weiß ich nicht, aber es war mir, als ob er schon wieder über irgendeinen Tempel mit ihr spreche.
    Sejjid Omar, der Eselsjunge, stand drüben auf seinem Platz. Nach einiger Zeit band er seinen Esel an und kam herüber bis an die breiten Aufgangsstufen, welche Dienstpersonen, die nicht in das Hotel gehören, nicht ohne Erlaubnis betreten dürfen. Als er den dort befindlichen zweiten Portier um diese Erlaubnis bat, sah ich, daß er nach mir herüberzeigte. Sie wurde ihm gewährt, und dann kam er auf mich zugeschritten, langsam und würdevoll wie ein Ambassadeur des Padischah von Stambul. Vor mir stehenbleibend, kreuzte er die Hände auf der Brust, verbeugte sich und grüßte:
    „Guttakk!“
    Ich sah ihn fragend an und antwortete nicht.
    „Guttakk!“ wiederholte er, und als ich auch dann noch nichts sagte, besann er sich eines Besseren und fügte noch eine Silbe hinzu: „Guttertakk!“
    Er hatte ‚Guten Tag!‘ gemeint.
    „Iis'id masak!“ antwortete ich, ihm dadurch andeutend, daß er arabisch sprechen solle, weil meine Sprachkenntnisse für sein Deutsch nicht ganz ausreichend seien. Da er hörte, daß ich seiner Muttersprache mächtig war, holte er erleichtert Atem und erkundigte sich:
    „Ich bin Sejjid Omar. Welchen Titel soll ich dir geben, wenn ich mit dir spreche?“
    „Man hat mich stets Sihdi (‚mein Herr‘) genannt“, antwortete ich.
    „Nun wohl, Sihdi; ich hörte von dem Kellner, der dich auf deinem Zimmer bedient, daß du eine sehr lange und sehr weite Reise machen willst und einen arabischen Diener brauchst, der dich begleiten soll. Es haben sich schon viele gemeldet, doch keiner hat dir gefallen. Wenn Allah will und du stimmst bei, so gehe ich mit dir.“
    Es war so, wie er sagte. Ich wollte zunächst nach dem Sudan hinauf, und deshalb mußte der Betreffende arabisch sprechen können.
    „Wie kommst denn du dazu, dich mir anzubieten?“ fragte ich. „Bringt dir dein Esel zuwenig Geld ein? Gefällt es dir nicht mehr in Kairo?“
    „Ich habe mein gutes Auskommen und bin mit dieser meiner Vaterstadt zufrieden. Ich wäre nie von hier fortgegangen, aber mit dir möchte ich gern reisen, weil ich dich liebgewonnen habe.“
    „Liebgewonnen? Weshalb?“
    „Aus

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