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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wollen. Vielleicht erfahren Sie selbst auch noch, daß es kein einfacheres, billigeres und praktischeres Bindemittel zwischen unsern Hunderttausenden, ja Millionen geben kann als diese Nuß, die überall zu haben ist und deren Verlust man allezeit und sofort ersetzen kann.“
    Das war im höchsten Grade interessant; ganz selbstverständlich aber belästigte ich den Pu-Schang nicht mit zudringlichen Fragen nach dieser Verbrüderung, die mit jedem neuen Tag ein größeres Interesse für mich gewann. Es war also ganz freiwillige Äußerung, was er noch über sie sprach:
    „Ihr werdet bemerkt haben, daß der Ort ein festliches Aussehen zeigt. Der nähere Grund liegt allerdings in Eurer Ankunft heut. Es gibt aber auch noch einen zweiten. Übermorgen feiern wir nämlich den größten Festtag unseres Landes, den ‚Shen-Ta-Shi‘ (Großer Tag der Shen), auf den wir uns schon jetzt vorbereiten. Da strömen uns aus weit von jenseits unserer Grenzen die Freunde unsers Bundes in Scharen zu, und wohl nirgends auf der weiten Welt gibt es eine Versammlung, in welcher in Beziehung auf Bruderpflicht und Menschlichkeit so Weittragendes entschieden wird, wie hier bei uns an diesem einen Tag. Ihr werdet es ja sehen!“
    Wir hatten inzwischen den Hafen erreicht und waren so weit am Wasser hingegangen, daß wir uns grad bei unserer Jacht befanden. Auf dem Deck saß der Governor. Seine Aufmerksamkeit schien auswärts, nach der Wasserseite gerichtet zu sein; bei einer unwillkürlichen Bewegung des Kopfes aber fiel sein Blick zu uns herüber; er sah mich und winkte mir, zu ihm zu kommen. Der Pu-Schang wollte sich entfernen, ich lud ihn aber ein, mit mir zu kommen, da Raffleys Onkel sich jedenfalls freuen werde, ihn kennenzulernen. Das geschah denn auch. Ich stellte die beiden Herren einander vor und sah bereits nach kurzer Zeit, daß der Hafenmeister dem Gentleman sehr wohlgefiel.
    Der letztere behauptete, uns gar nicht beschreiben zu können, was das Kreuz, welches jetzt nach der Entfernung der Wolke wieder zu sehen war, für einen Eindruck auf ihn mache. Leider habe er es nicht eher bemerkt, als bis John mit seiner Yin im Boot fortgefahren sei. Er fügte hinzu:
    „Indem ich diesen beiden nachschaute, sah ich plötzlich dieses diamantene Wunder dort an den Bergen leichten, und ich versichere Euch, ich finde auch jetzt noch keine Worte, um Euch zu sagen, wie tief es mich ergreift. Doch, lieber Charley, da fällt mir ein: Ich wollte Euch etwas zeigen. Seht hier; was ist das wohl?“
    Das, was er mir reichte, war eine Arekanuß allerkleinster, niedlichster Gestalt, als Knopf-, Schal- oder Gürtelschließer in Gold gefaßt. Auf der einen Seite stand das Wort ‚Shen‘ und darunter der Name Yin; auf der andern las ich die drei schon einmal erwähnten Zeichen Schin, Ti und Ho. Die Satzungen der ‚Shen‘ waren mir unbekannt; vielleicht gab es überhaupt keine; aber wenn ich an die Karte dachte, mit welcher Tsi damals in Kota-Radscha dem Malaien so imponiert hatte, so mußte die Person, welcher diese kleine Nuß gehörte, für die Bruderschaft eine außerordentlich wichtige und angesehene sein.
    „Sir, wo habt Ihr das Schmuckstück her?“ fragte ich den Onkel.
    „Es ist von Yin; aber John hat es mir gegeben“, berichtete er.
    „Wann? Darf ich das wissen?“
    „Warum nicht? Solange ich England bin und Ihr Deutschland seid, brauchen beide keine Geheimnisse voreinander zu haben. Ich eilte, wie ihr wißt, unserer Yin nach, um mich von ihr zu verabschieden. Aber die Sänftenkulis liefen so rasch, daß ich hier ankam, als sie bereits ausgestiegen war. John hatte auf sie gewartet und das Boot bemannt, um sich mit ihr hinüber nach dem Land rudern zu lassen, wo man mit Pferden auf sie wartete. Ich war ganz außer Atem und wollte am liebsten mit; natürlich wurde ich abgewiesen. Das ging mir aber derart gegen den Strich, daß ich in meiner Aufregung zu schwatzen begann, was ich jetzt gar nicht mehr weiß. Ich erinnere mich nur noch ganz dunkel, mit größtem Nachdruck beteuert zu haben, daß es unbedingt ein wahres Glück für meinen Neffen sei, seine Yin zur Frau zu haben; denn wenn dies nicht der Fall wäre, so würde ich sie heiraten, ich, ich, ich, und zwar gleich auf der Stelle; jawohl, hier von der Stelle weg! Ohne irgendeinen dummen Verwandten da drüben in Old England erst zu fragen! Sie lachten beide so herzlich, wie eben nur so ein chinesischer Engländer oder so eine englische Chinesin lachen kann. Ganz selbstverständlich wurde ich

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