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314 - Exodus

314 - Exodus

Titel: 314 - Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Waldmann und fasste nach ihrer Hand. Sein Blick klärte sich.
    Clarice spürte ein angenehmes Prickeln, als er fester zugriff. Wie lange war es her, dass sie das letzte Mal miteinander geschlafen hatten? Seit dem Tod von Mariann Braxton und Sinosi Gonzales hatte Vogler kein Interesse mehr an Sex gezeigt. Sie verübelte es ihm nicht, aber sie wünschte sich, ihm wieder näher zu sein. Obwohl ihre Hände sich berührten und sie ein Lager teilten, lag zwischen ihnen ein Abgrund, tiefer als die Canyons des Mars.
    »Was ist mit dir los?«, fragte sie leise. »Was quält dich? Ist es der Streiter? Spürst du ihn?«
    Vogler schien ihre Traurigkeit zu fühlen; er setzte sich ebenfalls auf und zog sie näher an sich. »Clarice«, murmelte er. »Das verstehst du nicht. Du kommst nicht aus dem Wald.«
    Warum musste er ihr ausgerechnet jetzt mit diesem Unterschied zwischen ihnen kommen? Wald- und Stadtbevölkerung des Mars lebten seit Jahrhunderten getrennt. Die Waldleute fühlten sich mit dem Mars, den sie ihren Roten Vater nannten, weit mehr verbunden. Sie grenzten sich nicht nur durch ihre naturverbundene Kultur, sondern auch durch ihre telepathische Begabung von den Städtern ab.
    Trotzdem: Hatten Vogler und sie nicht genug Gemeinsames auf der Erde und auf dem Mars erlebt, um sich nahe zu sein und diese elenden Ressentiments zwischen sich endlich zu beseitigen? »Nein«, sagte sie bitter. »Ich komme nicht aus dem Wald. Aber du versuchst auch gar nicht, mir deine Gefühle zu erklären. Wovon hast du geträumt?«
    Vogler schwieg. Einen Moment fürchtete Clarice, er würde aufstehen und sie mit ihrer Frage ohne eine Antwort sitzen lassen. Doch nach wenigen Sekunden sprach er doch.
    »Windtänzer«, flüsterte er kaum hörbar, als wäre seine Stimme nur ein Lufthauch. »Windtänzer wandelt sich. Die Bäume bluten. Kein Vogel singt mehr im Geäst. Auf dem Mars geht Furchtbares vor sich.«
    »Das wissen wir nicht.« Der Kontakt zum Mars war abgebrochen, doch sie konnte und wollte nicht vom Schlimmsten ausgehen.
    »Ich weiß es«, wisperte Vogler. »Ich fühle es. Der Streiter hat sie alle vernichtet. Sie sind alle tot. Und Windtänzer ruft mich in der Dunkelheit.«
    Clarice lief ein eisiges Prickeln über den Nacken. Sie schob ihn ein Stück von sich. Ihre Stimme blieb fest. »Das sind deine Ängste. Mehr nicht. Dem Mars ist nicht dasselbe widerfahren wie dem Neptun. Wir werden dorthin zurückkehren. Ich verspreche es dir. Du musst durchhalten, verstehst du, Vogler?«
    Er lächelte schwach. »Ja. Ich verstehe. Durchhalten, bis wir den Streiter besiegt haben.« Seine Worte klangen nicht überzeugt. Als er sich von ihr abwandte und aufstand, beschlich Clarice das Gefühl, dass sich die Kluft zwischen ihnen noch vergrößert hatte.
    ***
    Rulfan hatte dank dem Schubpropeller auch ohne Bodenpersonal eine sanfte Landung hingelegt. Nun konnte er das Gefährt mittels der Plastiflex-Räder wie ein Flugzeug über den Boden rollen lassen. Mit sehr langsamer Fahrt kam er den beiden bewaffneten Südpolbewohnern entgegen und stoppte ab.
    »Priwjét, priwjét!«, rief ihnen einer der Männer zu und winkte mit dem Gewehr. »Atkúda wy prijéchali?«
    Rulfan hatte seine Laserpistole griffbereit auf dem Schoß liegen, hoffte aber, sie nicht zu brauchen. Die Worte des breitschultrigen Mannes in der Fellweste klangen harsch, aber nicht unfreundlich. Und eindeutig russisch; eine Sprache, die er nicht beherrschte. Neben sich sah er Aruula mit gesenktem Kopf lauschen . Sie versuchte herauszufinden, ob den Männern zu trauen war. Falls die beiden vorhatten, sie anzugreifen, würde Aruula ihn warnen.
    »Ich heiße Rulfan. Wir sind Reisende«, gab Rulfan zurück. »Dürfen wir landen?«
    Die beiden Männer sahen sich an. Der eine war schwarzhaarig und leicht untersetzt. Sein voller Bart überwucherte das halbe Gesicht. Er hatte Rulfan und Aruula angesprochen und schien das Sagen zu haben, denn er ließ die Waffe sinken und trat einen Schritt zurück, was der andere ihm nachmachte.
    »Da. Einverstanden«, sagte er in gebrochenem Englisch. »Bitte, landet, Fremde. Solange ihr nicht kommt vom Zaritsch aus Nischi-Nowgorod, um einzutreiben Steuern.« Er lachte rau. »Aber so ihr nicht seht aus.«
    Der zweite Mann kicherte albern. Trotz seiner Fellkleidung wirkte er hager. Er musste unter dem dicken Material nur aus Haut und Knochen bestehen und hätte zweimal in seinen dickeren Begleiter hineingepasst. Während das dunkle Haar seines Kumpanen dick und borstig

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