314 - Exodus
Rulfan stimmte gut gelaunt in das Nastrovje der drei Russen und der Afranerin mit ein. Dabei erwartete er, süßes Wasser zu trinken. Er und Aruula husteten fluchend, als sie stattdessen reinen Wodka hinunterschluckten, der ihre Speiseröhren zu verätzen drohte.
Aruula, die ohnehin nur wenig Alkohol vertrug, lief dunkelrot an und musste sich an der Tischplatte festhalten, um nicht vom Stuhl zu stürzen. Sie stieß Flüche in der Sprache der Wandernden Völker aus. Rulfans Augen tränten, dass ihm die Sicht verschwamm. Ihm lief die Nase. Dabei konnte er einen guten Schluck Uisge vertragen. Aber dieses Gesöff zog ihm die Stiefel aus.
»Prijatnawa apitita!«, tönte Nadeschda lachend mit ihrem lauten Organ, als wäre nichts geschehen, und klopfte Rulfan mütterlich auf die Schultern. Auch die anderen Russennachkommen fielen in das Gelächter ein.
Rulfan beruhigte sich, brachte ein schiefes Grinsen zustande und griff nach etwas, das aussah wie eine Hasenkeule. Dieses Mal erlebte er keine unangenehme Überraschung, als er zubiss. Das Fleisch schmeckte zart und saftig. Er zwinkerte Aruula zu. Gemeinsam ließen sie es sich schmecken.
***
Wenige Minuten zuvor
Während Nadeschda Juri in der Küche ausschimpfte und Jubov die Gäste betreute, schlich sich Igir aus dem Haus. Er nutzte die Zeit bis zum Essen. Jubov hatte ihn angewiesen, hinüber zur Funkstation zu gehen. Agafon musste informiert werden. Sicher würde er gut für die Informationen bezahlen, die Igir ihm anzubieten hatte. Schließlich suchte der Anführer der Bratwa [4] schon lange nach einem guten Boot, das ihn mit geringem Risiko hinüber nach Afra brachte. Das Luftschiff der Fremden kam da wie bestellt. Igir grinste schmutzig. Und aus den beiden Gestalten ließ sich auch noch Kapital schlagen, da war er sicher. Besonders der Albino würde auf dem Sklavenmarkt viel Gold einbringen.
Igir pfiff fröhlich vor sich hin, während er sich das Geschäft seines Lebens ausmalte.
***
Im Flächenräumer
Matt sah sich in der Runde um. Vogler fehlte noch, ansonsten hatten sich alle in der Zentrale der Anlage am Tisch versammelt. Matt gefiel die Vorstellung nicht, dass Vogler allein im Flächenräumer unterwegs war. Eigentlich galt die Regel, dass sie immer wenigstens zu zweit blieben, bis der Vorfall um die Beschädigung geklärt war. Er sah Clarice an, doch die wich seinem Blick aus.
»Wir konnten keinen Eindringling finden«, begann er die Sitzung umständlich, denn im Grunde sagte er etwas, was alle wussten. Er suchte nach dem Einstieg in das für ihn schwierige Thema. »Es wäre gut, wenn wir ab jetzt wirklich immer zu zweit bleiben und niemanden allein lassen. Xij und ich bilden eine Gruppe, Vogler und Clarice, die Hydriten.« Er sah Steintrieb an. »Du kannst die Sabotage nicht begangen haben, deshalb stelle ich dir frei, wem du dich anschließt. Aber auch du solltest nicht allein durch die Gänge ziehen.« Mit leicht flauem Gefühl betrachtete er einen nach dem anderen. Ob sie ihm seine Direktheit übel nahmen? Doch zu seiner Erleichterung sah er nur verständnisvolle Blicke. Xij schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
»In Ordnung«, meinte er abschließend. »Wenn niemand etwas dagegen hat, halten wir es so. Falls Vogler innerhalb der nächsten Minuten nicht auftaucht, holst du ihn, Clarice. Einverstanden?«
Die Marsianerin nickte schuldbewusst. »Er fühlt sich nicht wohl, aber er wollte gleich nachkommen. Konnte der Schaden denn repariert werden?«
Steintrieb räusperte sich. »Wir ham’s hinbekommen. Alles wieder im grünen Bereich.« Er sah den am Tisch stehenden Takeo mit der ihm eigenen Faszination an. Steintrieb machte kein Geheimnis daraus, dass er den Androiden am liebsten auseinanderbauen und in seine Einzelteile zerlegen würde, um herauszufinden, wie er funktionierte. Wann immer es um Technik ging, war der Retrologe aus Doyzland kaum zu stoppen.
Quart’ol ergriff das Wort. »Auch der Splitter für die Zieloptik ist fertig gestellt«, verkündete er und legte das Bauteil vor sich auf den Tisch, wo alle es bewundern konnten. »Es hat einen halben Tag länger gedauert als geplant, aber nun können wir mit Hochdruck an die Justierung gehen. Gilam’esh und ich bauen ihn gleich nachher ein.«
»Und wozu das alles?«, erklang da eine hohl klingende Stimme aus dem inneren Ring. Vogler hatte sich ihnen so leise genähert, dass sie ihn erst jetzt bemerkten und herumfuhren.
Der Marsianer sah abgerissen aus. Er schien sich seit Tagen nicht
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