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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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die Gruppe der Gaukler zu. Matt blickte ihm nach. Er fühlte sich gleichzeitig erleichtert und bedrückt. Sicher; einerseits stellte der Daa’mure dank seiner gestaltwandlerischen Fähigkeiten eine große Hilfe dar. Andererseits blieb er unberechenbar.
    Auf eines jedoch würde er sich verlassen können: dass Grao am Treffpunkt auftauchen würde. Ansonsten säße er hier fest. Bis dahin hoffte Matt, Xij gefunden zu haben.
    Er ging an den Gauklern vorbei und hörte die laute, anklagende Stimme eines Mannes. Nur wenige Meter entfernt stand ein Kaufmann im Pelzmantel mit Fellmütze auf einer umgedrehten Kiste und predigte irgendetwas auf Italienisch.
    Matt kannte ein paar Worte in dieser Sprache, mehr aber auch nicht. Er hatte sich in Vorbereitung seiner Stationierung in Deutschland hauptsächlich Kenntnisse in Deutsch und Französisch angeeignet.
    Aber auch damit musste sich doch etwas anfangen lassen, schließlich bildete Venedig das Tor zur Welt. Es musste auch Deutsche und Engländer – die man jetzt wohl Britannier nannte – vor Ort geben.
    Matt Drax schlang die Ärmel der Kutte um seine Hände und nahm sich fest vor, niemanden zu berühren. Nur so blieb er gesund.
    Zwei Herren in prunkvoller Kleidung, offenbar aus einer gebildeten Schicht, weckten seine Aufmerksamkeit. Langsam ging er auf sie zu und fragte, ob sie vielleicht Englisch sprechen würden.
    »Latino?«, bot ihm einer auf Italienisch an. Matt schüttelte den Kopf; Latein hatte er nie gelernt. Der Mann berührte seine Mütze, dachte kurz nach und winkte dann einem anderen auf dem Platz. Ein kleiner, älterer Herr mit ähnlicher Kopfbedeckung kam in einen Mantel gehüllt auf sie zu. Er begrüßte Matt mit einem Lächeln, das zwei fehlende Zähne zeigte, und unterhielt sich kurz mit seinem Bekannten. Dann wandte er sich an Matt. »Sie sind Britannier?«, fragte er auf Englisch.
    »Eigentlich... Waliser.« Fast hätte er »Amerikaner« gesagt, knapp hundertfünfzig Jahre, bevor Amerika entdeckt wurde.
    »Oh, ein Priester aus Wales. Schön. Ich bin Fabio, Händler an der Rialto. Wenn du mich morgen besuchst, zeig ich dir die beste Ware, si, si. Nur die Beste, Freund. Aber komm doch an eins der Feuer, da ist es wärmer.«
    Matt nickte; er hatte Mühe, das mittelalterliche Englisch zu verstehen. Gemeinsam mit Fabio trat er an eine der Feuerstellen und überlegte dabei, wie er das Thema Xij anschneiden konnte. Wenn er zu dreist fragte, würde er sich verdächtig machen. »Ich hörte, es gab ein Erdbeben?«
    »Oh, ein kleines Beben nur, nichts Besonderes seit dem großen Beben vor ein paar Wochen.« Fabio grinste und schob seine Zunge in die mittlere Zahnlücke. »Angeblich sollen Dämonen aus dem Nichts aufgetaucht sein.« Er zeigte auf den feisten Redner in der Mitte des Platzes, der inzwischen mehr Publikum gefunden hatte als die Gaukler. »Der da drüben, das ist Giacomo. Vor drei Tagen hat’s seine Frau hingerafft. Seitdem stellt er sich hin und redet über Pestdämonen, die seine Alte mitgenommen haben. Eigentlich sollten die Wachen so was verbieten, aber denen steckt er Geld zu. Wer hält da nicht sein Maul? Magst du Reden über geflügelte Dämonen und dieses ganze abergläubische Gewäsch?« Fabios Mundwinkel verzogen sich angewidert.
    Matt ahnte seine Chance. Mit etwas Glück wusste Fabio von den Vorfällen vor ein paar Stunden. »Wie kommt Giacomo darauf? Wann will er denn einen Dämon gesehen haben?«
    »Ach, der sieht ständig Dämonen. Solche, die rumfliegen, solche, die im Wasser sind, vermutlich sogar in seinem Spiegelbild.« Fabio lachte krächzend.
    Matt machte ein übertrieben enttäuschtes Gesicht. »Ich hörte von einem Dämon, der vor wenigen Stunden auf dem Markusplatz gewesen sein soll, kurz nach dem Erdbeben.«
    »Si, si«, Fabio klatschte begeistert in die Hände. »Ich sehe schon, mein englischer Freund, du bist studiert, wie’s einem Mönch ansteht, und magst doch den Tratsch. Kein Wunder. Wenn ich nachts nicht zum Zuge käme, würd’s mir vielleicht ähnlich gehen. Ist doch kein Leben, so ganz ohne Weiber.«
    »Äh, ja. Und was ist mit dem Dämon? Gab es nun einen oder nicht?«
    Fabios Gesicht bekam einen misstrauischen Ausdruck. Er musterte Matt von oben bis unten. »Hast du mit der Inquisition zu schaffen, mein Freund?«
    »Nein«, beteuerte Matt schnell. Er musste einen Schritt weitergehen. »Ich... mache mir Sorgen um eine Sünderin, die bei mir beichtete. Eine junge blonde Frau. Ich fürchte, sie hat den falschen Umgang und

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