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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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irrlichterte es. Ihre Pupillen erweiterten sich schlagartig. Sie zeigte die Zähne, wie es Hydriten taten, um Hass auszudrücken.
    Matt schaffte es nicht, ihren Griff aufzubrechen. Wenn er nicht sofort etwas tat, würde sie ihn erwürgen. Obwohl er ihr nicht wehtun wollte, durfte er keine Rücksicht nehmen.
    Seine Hand stieß hart gegen ihr Kinn, bog den Kopf zurück, bis ihre Körperhaltung instabil wurde. Sein Herz schlug heftig, als er sie herumrollte, sich aufrichtete und dabei ihren Griff endlich mit seinen Armen sprengte. Gierig atmete er ein.
    Xij schlug nach ihm, er packte ihre Handgelenke. »Xij, beruhige dich!«
    Mehrere Minuten wehrte sich die junge Frau unter ihm, aber gegen sein Gewicht kam sie nicht an. Sie erschien Matt geschwächt, was nach der langen, anstrengenden Flucht kein Wunder war. Zum Glück kämpfte sie nicht mit voller Kraft. Endlich erlahmte ihr Widerstand. Tränen traten in ihre Augen. »Ich will nicht Manil’bud sein, Matt. Sie quält mich.«
    Eine Weile schwiegen sie beide. Matt wusste nicht, wie er ihr helfen konnte. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie tatsächlich Xij war, oder ob Manil’bud ihn täuschte, um sich wieder auf ihn zu stürzen. Zwar lockerte er seinen Griff, doch er ließ sie nicht los.
    Xij fasste sich. »Manil’bud und ich waren immer eins«, sagte sie leise. »Seit der Einfluss des Streiters sie aus meinem Unterbewusstsein gerissen hat, sind wir getrennt.« Ihre Augen hatten sich verändert. Matt ließ sie vorsichtig los. Xij kroch von ihm fort, zur Wand. Sie umschlang mit den Armen ihre Knie.
    Matt betrachtete sie besorgt. Seine Gedanken arbeiteten auf Hochtouren. Er selbst hatte damals für Monate den Geist Quart’ols in seinem Kopf getragen, und später war sein Bewusstsein durch eine Vorrichtung auf dem Mars in Gilam’eshs Geist transferiert worden, wo er ein ganzes Leben verbracht hatte. Er wusste genug über das Geistwandern, um die Gefahren, aber auch die Möglichkeiten zu sehen, die sich Xij und Manil’bud boten. »Kann Manil’bud nicht deinen Körper verlassen?«, fragte er. »Sie ist schließlich eine Quan’rill.«
    Xij nickte langsam. »Das wäre das Beste. Dann könnte ich zwar vermutlich in keinen anderen Körper mehr wechseln, und vielleicht würde ich auch andere Gaben verlieren...« Sie verstummte, setzte neu an. »Sie kommt zurück! Halt sie auf, Matt!«
    Matt spannte sich sprungbereit. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg.
    Xij wurde von Krämpfen geschüttelt. Zwar griff sie Matt kein weiteres Mal an, aber ihr Zustand verschlechterte sich von einem Moment auf den anderen rapide. Sie so hilflos zu sehen, tat mehr weh, als er in Worte fassen konnte. Wie konnte er ihr helfen? Matt biss die Zähne aufeinander, bis sie schmerzten. Wenn nicht bald etwas geschah, würde Xij wahnsinnig werden.
    ***
    Xij verkrampfte sich auf dem Stroh. Immer wieder flüsterte sie unzusammenhängende Worte auf Hydritisch. Matt versuchte sie anzusprechen, um sie durch seine Stimme in die Gegenwart zu holen, aber es war, als wäre er für sie gar nicht im Raum. Nur in wenigen Momenten lag sie still, sah ihn an und schaffte es, einfache Antworten zu geben. Matt presste seine Hände gegen die Schläfen. Ihm war übel; selbst das Wasser, das man ihnen brachte, rührte er kaum an.
    »Es ist das Gefängnis«, flüsterte Xij in einem klaren Moment auf Englisch. »Manil’bud erträgt es nicht...« Sie verdrehte die Augen und fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Matt legte seine Kutte über sie. Er zog ihren Kopf auf seinen Schoß und wischte ihr den Schweiß von der Stirn. Als er draußen Schritte und Stimmen hörte, sah er auf. Adrenalin schoss durch seinen Körper. Am Gitter in der Tür erschien das dunkle Gesicht eines Mannes. Der Fremde sah kurz hinein, dann öffnete er die Zelle. Matt legte Xijs Kopf vorsichtig ab. Sein Herzschlag beschleunigte, er spannte sich kampfbereit an, überlegte, ob und wie er die Situation für sich nutzen konnte.
    Doch als die Tür ganz offen stand, erkannte er fünf Wachen mit gezückten Dolchen. Enttäuschte Hoffnung auf Flucht ließ seine Knie weich werden. Er sah in die feindseligen Gesichter der Wachen. Wenn er wenigstens einen Arzt für Xij holen könnte, aber was sollte ein Arzt dieser Zeit schon ausrichten können?
    Vier Wachen traten vor. Zwei von ihnen hielten Stricke in der Hand. Er hob die Fäuste, ließ sie jedoch wieder sinken, als die Spitzen zweier Dolche auf seinen Hals wiesen. In seinem Zustand und ohne Waffen hatte er

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