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319 - Paris - verbotene Stadt

319 - Paris - verbotene Stadt

Titel: 319 - Paris - verbotene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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mit Beute vom Kampfplatz davonzumachen, und opfern ihr Leben dafür.« Er hatte wieder die Gestalt Hermons angenommen und trug die entkräftete Xij huckepack. »Mir kam es vor, als hätte jede einzelne dieser bedauernswerten Hungergestalten in jedem Moment das Überleben des gesamten Stammes im Blick statt ihr eigenes Leben.«
    Seit zwei Stunden strebten sie schon durch das unterirdische Tunnel- und Stollensystem Richtung Süden. Der junge Mann mit dem weißblonden Haar, Dylan McNamara, kämpfte gegen Schwäche und Schmerzen. Man sah ihm – abgesehen von der Stirnwunde – keine äußerliche Verletzung an, doch die grässlichen Erlebnisse der letzten Stunden und Tage schienen seine Nerven arg strapaziert zu haben. Irgendwann sank er einfach zwischen zwei stinkenden Pfützen zu Boden und tat keinen weiteren Schritt mehr.
    »Er war bis vor kurzem ein Großstadtpflänzchen«, flüsterte Lola dem Mann aus der Vergangenheit zu. »Ein unauffälliger Konsument, ein braver Chipträger, ein Weichei. Man muss es verstehen, wenn er nicht mehr kann. Wundert mich, dass er nicht schon längst schlappgemacht hat.«
    »Unauffällig?«, meldete sich Xij mit schwacher Stimme zu Wort. Sie wechselte von Graos auf Matts Rücken. »Glaub ich nicht. Einer wie der muss sich schon länger mit rebellischen Gedanken getragen haben. Dass man seinen Vater zum Sterben abgeholt hat, war wohl nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.« Und dann erzählte Xij, wie Dylan in der Folterkammer der SecPol dem geschundenen General Cleveland auf dessen Bitte hin den Gnadenschuss gegeben hatte.
    Das zu hören, verschlug sogar Grao die Sprache. Der Daa’mure lud sich den Weißblonden auf den Rücken, und weiter ging es.
    Man verfolgte sie nicht – oder hatte die Verfolgung rasch aufgegeben, weil die Rats und ihr Watonga dermaßen viele Abzweigungen und Einmündungen benutzten, dass jemand, der dieses unterirdische Labyrinth nicht kannte, zwangsläufig die Orientierung verlieren musste.
    Schließlich erreichten sie einen weitläufigen Raum, der wie ein alter Gewölbekeller aussah und dessen Decke von vielen Säulen getragen wurde. Er musste wohl in der Nähe des Hudsons oder des East Rivers liegen, denn Matt hörte Wasser rauschen und einen Laut, der ihn an das Presslufthorn eines Schiffes erinnerte. Brennende Fackeln steckten hier an feuchten Wänden, zahllose in stinkende Lumpen gehüllte Menschen umringten sie auf einmal, und Gekicher und Stimmengewirr waren allgegenwärtig.
    Grao legte den halb betäubten Dylan auf etwas ab, das wie eine alte Matratze aussah. Die Rats standen in kleinen Trauben zusammen, tuschelten und stießen Schreckensrufe aus. Die am Kampf in der Zentralkuppel teilgenommen hatten, berichteten offenbar den anderen davon. Manche deuteten verstohlen auf Grao, und es schien, als würden die Lumpenleute vor dem Daa’muren zurückweichen.
    Die entkräftete Xij warf sich neben Dylan und schlief sofort ein. Lola deckte sie mit ihrer Jacke zu, und die jungen Rats aus der direkten Umgebung Watongas umringten sie, als müssten sie die beiden vor den gierigen Blicken und Händen ihrer Artgenossen schützen.
    Das erschien Matt auch bitter nötig, denn etliche dieser Lumpenleute stürzten sich auf zwei tote SecPol-Männer und zerrten sie in eine Wandnische, vor der Feuer in rostigen Motorwannen brannten. Eine Rotte Katzen sprang hinter ihnen her.
    Plötzlich erklang ein jammerndes Flehen. »Nicht!«, rief jemand. »Bringt mich nicht um!«
    Ein überlebender SecPol-Mann; ein schwarzhäutiger junger Bursche mit kurzem Kraushaar! Offenbar hatte man ihn für tot gehalten und mitgenommen.
    Matt trat vor den Watonga. »Denk an unsere Vereinbarung«, forderte er. »Die Überlebenden werden verschont!«
    Der Greis zuckte die Schultern. »Er ist zu nichts mehr nütze«, sagte er leichthin. »Was sollten wir sonst mit ihm anfangen?«
    In Matt reifte eine Idee. Sie mussten irgendwie zum Flughafen gelangen. Am geeignetsten erschien ihm ein Gleiter – doch um ein Flugzeug der Geheimpolizei zu erobern, würden sie einen Lockvogel brauchen.
    »Für uns ist er noch von Nutzen«, erwiderte er. »Überlasst ihn uns. Außerdem brauchen wir Kleidung und Kapuzen weiterer SecPol-Leute, möglichst ohne Blutflecken. Und natürlich Waffen. Damit könnten wir es zum Flughafen schaffen.«
    Der Häuptling musterte ihn kurz. Dann wandte er sich ab und ging zu seinen wichtigsten Rattenjägern. Getuschel und Gezische erhoben sich.
    »Ihr seid ja

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