319 - Paris - verbotene Stadt
wahnsinnig, einen Gleiter kapern zu wollen.« Lola verdrehte die Augen – und grinste. »Das gefällt mir so an euch.«
Der greise Häuptling der Lumpenleute löste sich aus der Gruppe seiner Jäger und kehrte zu Matt, Lola und Grao zurück. »Der Kampf mit euch hat uns Nahrung für viele Tage und Wochen eingebracht. Es wäre kleinlich von uns, wenn wir euch den Überlebenden nicht überlassen würden.«
»Wie heißen Sie?«, fragte Matt den jungen SecPol-Mann, als er und seine Gefährten in die Uniformen von Gefangenen stiegen und sich deren Kapuzen überzogen.
»George Roots«, antwortete der andere gleichmütig.
Matt Drax stutzte. Schon wieder ein Name, den er kannte. »Kennen Sie einen gewissen Merlin Roots?« Der Angesprochene schüttelte nur müde den Kopf. »Und Washington Roots?«
Diesmal nickte der Gefangene. »Einer meiner Urgroßväter hieß so.«
»Diese Hunde lügen, wenn sie den Mund aufmachen«, ätzte Lola.
Matt betrachtete den Schwarzen von oben bis unten. Er machte ganz den Eindruck eines Mannes, der sich in sein Schicksal ergeben hatte. »Hören Sie zu, Roots – wir wollen weiter nichts als verschwinden. Aus Manhattan, aus Amerika. Sie werden uns helfen, einen Gleiter Ihrer Firma zu kapern und damit auf den Fernflughafen zu gelangen.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf Grao’sil’aana. »Sie wissen jetzt, wer in dieser Haut steckt – wenn Sie also versuchen sollten, uns zu verarschen, sind Sie tot. Alles klar?« Roots spitzte die Lippen und nickte langsam.
»Zum Fernflughafen zu kommen, ist schwer«, sagte Lola bissig. »Willst du dir aber wenigstens eine Chance wahren, dann bring diesen Kerl um.« Voller Hass taxierte sie Roots. »Er wird auf jeden Fall versuchen, uns ins Laserfeuer seiner Leute zu führen.«
»Wir versuchen es mit ihm«, entschied Matt. »Vielleicht will er sich ja die Chance aufs Überleben wahren.«
Rats schnitten drei der Leichen die ID-Chips aus der Stirn und wuschen sie. Matt, Grao, Dylan und Xij befestigten sie im Kopfteil ihrer Kapuzen und zogen sich die über.
Der Abschied von den Rats fiel kurz aus. Zwei junge Lumpenmänner führten sie auf Watongas Anweisung hin zu einem Ausstiegsschacht. »Was wollt ihr in Venedig?«, fragte Dylan McNamara, als ihm Xij ihr weiteres Vorgehen schilderte. Beide waren wieder zu Kräften gekommen.
»Auf die Gefahr hin, Ihre Fantasie zu überfordern, Dylan: Wir brauchen ein Zeitportal, um in unsere Welt zurückkehren zu können.«
Die beiden Scouts der Rats deuteten in den Schacht hinauf, nickten flüchtig und trollten sich. »Sie sind kein Klon, Sir?«, staunte Dylan. »Sie kommen aus einer anderen Welt?«
»So ist es wohl.« Matt griff nach der ersten der rostigen Eisensprossen. »Das Zeitportal, durch das wir hierher gelangt sind, ist so gut wie unerreichbar. Wir müssen also ein anderes nehmen, eines, dessen genaue Lage wir kennen. Zwar wissen wir auch von einem Portal im mittleren Westen Nordamerikas, doch das werden wir nach all den Jahren kaum wiederfinden. Also versuchen wir nach Europa zu gelangen.« Er kletterte nach oben, Grao’sil’aana folgte ihm.
»Ihr braucht natürlich nicht mit uns gehen«, sagte Xij an Dylan gewandt. »Lola und du, ihr setzt euch am besten ab, sobald ihr eine Möglichkeit dazu seht.«
Lola nickte grimmig, und Dylan wirkte auf einmal irgendwie in sich gekehrt. »Europa?« Er lächelte verträumt. »Ich kenne da jemanden in Paris...«
***
Drei Dutzend Chinesen bevölkerten mittlerweile das Zentraloffice. Die besten zur Verfügung stehenden Wissenschaftler und Informatiker hatte die Generalsekretärin zu sich in die eroberte Machtzentrale der APU beordert, nachdem sie Silvester Smythe verabschiedet hatte. Die Blicke aller hingen am Ortungsschirm. Nacheinander erloschen dort Reflexe von ID-Chip-Sendern.
»Sie zerstören die Chips der Gefangenen«, erklärte einer der Informatiker. »Vermutlich töten sie die Männer auch.«
»Wer?«, wollte die junge Chinesin wissen.
»Entweder Drax und seine Bande oder diese Katzenmenschen«, sagte der Informatiker. »In ganz New York hausen sie unter der Erde. Die Aufnahmen aus dem Ruhepark sind noch nicht vollständig ausgewertet, doch alles spricht dafür, dass Drax und seine Bande sich mit den Katzenmenschen verbündet haben.«
Die Generalsekretärin nickte langsam. »Lass die Reflexe auf eine topographische Karte rechnen und zeig mir das Hologramm.«
Mit Sprachbefehlen lud der Informatiker die gewünschte Karte von Manhattan hoch. So gut
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