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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Befehl, die Unsern außerordentlichen Gesandten gleich zu achten, ihren Befehlen ohne Widerrede zu gehorchen und ihnen in allen ihren Angelegenheiten förderlich zu sein.
    Besonders wird denjenigen, die dem
    Me-thu-sa-le-me
    die schuldige Achtung verweigern, die schnellste Strafe angedroht, und er wird, um sofortige Anzeige erstatten zu können, hiermit mit dem Rang eines Schun-tschi-schu-tse bekleidet, ohne indessen gezwungen zu sein, die Kleidung seines Landes abzulegen und die Abzeichen dieses Ranges zu tragen.“
    Unterzeichnet war der Paß von dem Nei-ko, dem großen Sekretariat in Peking. Unter einem Schun-tschi-schu-tse versteht man einen allerhöchsten Beamten, welcher als Vertrauensmann des Kaisers die Erlasse und Entscheidungen des Monarchen zu redigieren hat.
    Eine bessere Legitimation konnte der Methusalem sich gar nicht wünschen. Nur zweifelte er, ob man derselben auch Folge leisten werde. Darum fragte er: „Wird man diesen Kuan auch wirklich so achten, als ob er von einem hohen Mandarin vorgezeigt wird?“
    „Ganz gewiß. Ein Schun-tschi-schu-tse steht über dem höchsten Mandarin. Daß Sie ein Fremder sind, ändert nichts an der Achtung, welche diesem Kuan entgegengebracht werden muß. Man wird alle Ihre Befehle sofort ausführen.“
    „Und wenn ich aber etwas verlange, was gegen die Gesetze dieses Landes ist?“
    „Selbst dann wird man Ihnen gehorchen. Wenn Sie einmal in Gefahr sind, können Sie nicht durch, sondern gegen das Gesetz gerettet werden. Darum muß ich Sie mit einer Macht ausrüsten, welche über den Regeln unsres Landes steht.“
    „Aber die Verantwortung wird und muß dann später Sie treffen, der Sie mich mit diesem Kuan ausgerüstet haben!“
    Der Chinese zog ein unbeschreiblich verschmitztes Gesicht. Er blickte eine Weile still vor sich nieder und antwortete dann: „Kommt es in Ihrem Land nicht auch vor, daß ein Beamter in die Gefahr gerät, alles, sein ganzes Eigentum und auch das Leben zu verlieren?“
    „Sein Eigentum, wenn er es unrechterweise erworben hat, sein Leben, wenn er eines Mordes überführt wurde und infolgedessen zum Tode verurteilt wird.“
    „Nur dann? Glückliches Land und glückliche Mandarinen, die in demselben wohnen! Hier trachtet jeder nach Reichtum und nimmt denselben von seinem Untergebenen. Habe ich mir ein Vermögen erworben, so bin ich keinen Tag sicher, daß mein nächster Vorgesetzter mich eines schweren Verbrechens, mag ich dasselbe nun begangen haben oder nicht, überführt, mich enthaupten läßt und mein Vermögen konfisziert. Für diesen Fall ist es gut, einen solchen Kuan zu besitzen. Nur mit seiner Hilfe kann man Rettung durch die schleunigste Flucht finden.“
    „Und solche Kuans bekommen Sie vom Nei-ko in Peking?“
    „Ja, aber nicht offiziell. Sie sind klug genug, mich zu verstehen!“
    Der Methusalem verstand ihn wohl. Das Blankett war entwendet, war gestohlen. Jedenfalls befand der Mandarin sich im Besitz noch mehrerer solcher Pässe. Hätte er nur diesen einen besessen, so wäre es ihm gar nicht eingefallen, einen Fremden mit demselben zu unterstützen.
    „Sie sehen also“, fuhr der Chinese fort, „daß mich keine Verantwortung treffen kann. Sie werden nicht verraten, daß ich Ihnen diesen Kuan ausgestellt habe. Nur das Nei-ko hat das Recht, eine solche Legitimation zu verfassen. Man hat derselben auf alle Fälle zu gehorchen. Zweifelt eine Behörde an der Echtheit derselben oder daran, daß Sie sie rechtmäßigerweise besitzen, so fragt sie in Peking an, und ehe von dort die Antwort kommt, sind Sie längst von dannen.“
    „Aber in meinem Vaterland ist es nicht erlaubt, sich falscher Pässe zu bedienen!“
    „Hier auch nicht. Aber dieser Paß ist nicht falsch. Es stehen Ihre Namen darin. Sie haben ihn von mir erhalten. Ob Sie sich seiner bedienen wollen oder nicht, das ist nun Ihre Sache. Ich wiederhole, daß er Ihnen alle möglichen Vorteile bringen wird. Er öffnet Ihnen selbst des Nachts alle Türen und Straßenpforten, nur nicht diejenigen eines Gefängnisses.“
    „Dazu bedarf es andrer Legitimationen?“
    „Ja, dieser hier.“
    Er deutete nach der Wand, an welcher mehrere große, gelbe Münzen hingen, auf denen der Methusalem die erhabene Figur eines Drachen und darunter einige kleine Schriftzeichen bemerkte.
    „Wer das vorzeigt“, fuhr er fort, „hat zu jeder Tageszeit und beim schlimmsten Verbrecher Zutritt. Mit Hilfe einer solchen Münze werde ich unsern heutigen drei Gefangenen zur Verbannung

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