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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind mein Gast und ich selbst würde dem Verderben nicht entgehen können, wenn die Untersuchung alles genau an das Tageslicht brächte. Schweigen Sie also; schweigen Sie, sonst sehen Sie Ihre Heimat niemals wieder, obgleich Sie dort ein mächtiger Kuan-fu sind! Sie würden hier auf eine Weise verschwinden, daß keinen eine Verantwortung treffen könnte. Niemand, auch ich selbst nicht, darf erfahren, wie die Sache eigentlich zugegangen ist. Ich muß dafür sorgen, daß Sie dabei gar nicht in Rede kommen. Sie haben mir das Leben gerettet, und ich freue mich, Ihnen dankbar sein zu können. Aber schweigen müssen Sie, sonst sind wir alle mit verloren!“
    Der Mandarin wandte sich nach dieser Warnung mit ernstem Gesicht an die Polizisten und befahl ihnen, die Sänftenträger auszusuchen. Das Geld wurde bei ihnen gefunden. Er ließ ihnen die Knebel abnehmen und fragte sie in drohendem Ton: „Soll ich euch die Hände und Füße zerquetschen lassen, oder wollt ihr mir meine Fragen freiwillig beantworten? Bedenkt, daß ihr auf der Tat betroffen seid und nicht leugnen könnt! Gebt ihr mir nicht die Auskunft, die ich haben will, so trifft euch allein die Strafe und zwar zehnfach hart!“
    Das Zerquetschen der Finger und Zehen war in China bis in die neueste Zeit eine sehr oft in Anwendung gebrachte und außerordentlich schmerzhafte Tortur. Die beiden Männer sahen ein, daß es besser sei, freiwillig ein Geständnis abzulegen, als es sich durch solche Qualen entreißen zu lassen. Darum antwortete der eine im demütigsten Ton: „Der hohe Mächtige mag fragen und wir Unwürdigen werden antworten.“
    „Ihr habt die Götter aus dem Tempel geholt?“
    „Ja.“
    „Wing-kan hat euch dazu verführt und dafür bezahlt?“
    „So ist es. Hätte er uns nicht verführt, so hätten wir es nicht getan, denn wir sind sonst ehrliche Leute und fürchten und ehren die Gottheiten.“
    „Hat er euch gesagt, wozu er sie haben will? Bedenkt wohl, ihr stinkenden Ratten, daß eure Strafe eine doppelt harte sein wird, wenn es sich herausstellt, daß ihr ihm helfen wolltet, andre zu verderben!“
    Die Diebe waren klug genug, einzusehen, daß er recht hatte, und welche Aussage er von ihnen hören wollte. Darum antwortete der ältere, welcher auch bisher gesprochen hatte: „Er verlangte sie, um sie in seinem Haus anzubeten. Wir haben sie geholt; aber wir haben sie unterwegs tausendmal um Verzeihung gebeten und ihnen versprochen, sie später ganz gewiß wieder zurückzubringen.“
    „Hättet ihr das getan?“
    „Ja. Wir wollten sie schon morgen wiederholen.“
    „So ist es euer Glück, daß ihr sie mit Ehrfurcht behandelt habt, denn das wird eure Strafe mildern. Ihr habt sie also keinem andern und nur ihm gebracht?“
    „Nur ihm.“
    „Und sie ihm also über seine Mauer hereingegeben?“
    „Ja.“
    „Dann seid ihr nachgestiegen, um sie in seine Wohnung zu tragen?“
    „Genauso ist es, Urahne der Ehrwürdigen.“
    „Wie aber ist es gekommen, daß sie nun vergraben waren und wir euch dabei in Fesseln gefunden haben?“
    „Das wissen wir nicht, denn kaum waren wir über die Mauer, so faßten uns die Götter bei den Kehlen und raubten uns das Bewußtsein. Als wir dann erwachten, waren wir hier angebunden.“
    „So haben die beleidigten Gottheiten euch selbst überwältigt, um euch der Strafe zu überliefern. Ihr mögt daraus erkennen, wie stark und mächtig sie sind. Da ihr aber ein so offenes Geständnis ablegt, werde ich, aber nur wenn ihr bei demselben bleibt, dafür sorgen, daß euch eine möglichst milde Strafe treffe.“
    Wing-kan hatte sich bemüht, dieses kurze Verhör zu unterbrechen, um der Aussage seiner Mitschuldigen zu widersprechen. Er war aber von dem Mandarinen zum Schweigen verwiesen worden und sah schließlich auch ein, daß es die ihn erwartende Strafe verschärfen werde, wenn er sage, daß er das Verbrechen begangen habe, um einen andern zu verderben. Daran dachte er jetzt im Augenblick freilich nicht, daß er diese Absicht dadurch deutlich zu erkennen gegeben habe, daß er vorhin die Tat auf Hu-tsin hatte schieben wollen. Der Tong-tschi wandte sich jetzt an ihn: „Auch du kannst deine Lage nur durch ein offenes Geständnis verbessern. Gibst du zu, daß du diese Leute veranlaßt hast, die Götter zu stehlen?“
    „Ja, hoher Herr, ich gestehe es ein!“ antwortete der Gefragte, indem er sich vor dem Mandarin niederwarf.
    „So will ich vergessen, was du vorhin in meinem Haus zu mir gesagt hast. Weshalb wolltest du die

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