322 - Götterdämmerung
würde. Würde es nicht alles kompliziert machen? Und dann war da noch Aruula... die dich bei der nächsten Begegnung umbringen will, du Narr!
Außerdem wusste er ja gar nicht, ob Xij ihn überhaupt wollte. Er wusste ja nicht mal, wo sie im Augenblick war. Sie hatte ihm ausrichten lassen, dass sie später zu den Festlichkeiten stoßen würde, doch sie war nicht gekommen.
Ist ihr vielleicht etwas passiert?
Matts Schritte wurden schneller, als er die Stallungen hinter sich ließ und auf die Wohngebäude zu eilte. Aus allen Winkeln der Siedlung ertönten Lachen, Juchzen und Lustschreie. Einzelne Feuer brannten vor den Häusern und verbreiteten den Geruch von Räucherwerk.
Matthew wurde es ganz wirr im Kopf. Ob nun von den Gerüchen und Geräuschen oder vom Met, vermochte er nicht zu sagen.
Dann glaubte er, Xijs Gestalt hinter einem der Feuer zu sehen. Gleichzeitig packte ihn plötzlich jemand bei der Schulter. Als er sich umwandte, stand Dimmbrá vor ihm, betörend schön! Sie lächelte, sprach kein Wort. Zog ihn nur sanft in den Eingang eines Hauses, schloss die Tür hinter ihnen und führte ihn in ihr Gemach. Rund um die Bettstatt in der Mitte des Zimmers waren Tranfunzeln und Gefäße mit duftendem Räucherwerk aufgestellt. Dem Mann aus der Vergangenheit war es, als würde er träumen, als Dimmbrá ihn aus Mantel und Jacke schälte und selbst alle Hüllen fallen ließ.
Der Anblick ihres wunderschönen Körpers verschlug ihm den Atem. Obwohl all seine Sinne ihn begehrten, hörte er sich sagen: »Ich sollte nicht hier sein, Dimmbrá.« Doch die schöne Nackte lächelte nur. Schmiegte ihren Körper an seinen und drängte ihn sanft zu ihrem Lager. Das Flüstern ihrer rauen Stimme im Ohr ließ Matt sich fallen. Warum eigentlich nicht? Während er ihre prallen Brüste liebkoste, fuhr ihre Hand unter sein Hemd und umschloss den Magtronschlüssel. »Nicht«, flüsterte Matthew und löste Dimmbrás Finger von dem Anhänger. Im gleichen Moment wurde die Tür aufgestoßen und Xij stand plötzlich im Zimmer.
Erschrocken schob Matt die Sklavin von sich und setzte sich auf. Er fühlte sich ertappt. Warum, wusste er nicht. Nur, dass ihm das Ganze mehr als unangenehm war.
Xij rührte sich nicht von der Stelle. Mit einer Miene, die Matt nicht deuten konnte, blickte sie schweigend von ihm zu Dimmbrá. Dann machte sie plötzlich auf dem Absatz kehrt und rannte davon.
»Ich sollte nicht hier sein«, wiederholte Matt tonlos. Er sprang vom Lager, klaubte Jacke und Mantel vom Boden auf. Bei der Tür wandte er sich noch einmal um. »Tut mir leid, Dimmbrá.« Dann rannte er nach draußen.
Er fand Xij in der Wohnküche des Götländers. Wütend lief sie auf und ab. Als sie ihn sah, warf sie die Arme in die Luft. »Was zum Teufel willst du hier?«, fauchte sie. An der gegenüberliegenden Wand blieb sie stehen und begann ihn zu beschimpfen. Nannte ihn einen hirnlosen Wakudabullen, der nicht merkte, wenn man ihm den Futtertrog unter dem Maul wegstehlen würde. Verfluchte den Tag, an dem sie ihn getroffen hatte, und wünschte ihm die Pest aus Venedig an den Hals.
Doch Matt störte sich nicht an ihren Beschimpfungen. Er sah nur ihre funkelnden Augen und die Tränen, die darin schwammen. Und er wusste, dass er hier bei ihr genau richtig war. Mit großen Schritten durchquerte er den Raum. Wortlos packte er seine Gefährtin, zog sie an sich und küsste sie.
Und Xij erwiderte seinen Kuss. Wild und leidenschaftlich rissen sie sich die Kleider vom Leib und liebten sich vor dem Kamin des Götländers.
Als sie sich lange danach in ihrem Schlafgemach in den Armen lagen und Xij Matt von ihrem einstigen Leben als Dimmbrá erzählte, stieg draußen die Sichel des Mondes über dem Dach der Halle des Friedens auf.
Vor der Siedlung lösten sich Schatten aus der Dunkelheit und näherten sich unbemerkt dem Zelt des Häuptlings. Lautlos schlüpfte die Seherin hinein. »Wach auf, Efstur!«, rief sie mit schriller Stimme. »Hier ist jemand, der dich sprechen will.«
***
Der nächste Morgen war ein Albtraum für die Jotunheimener. Man hatte den Häuptling, seine Hauptfrau Frega und die Zeltwachen erschlagen vor dem Stadttor aufgefunden. Die Götterwaffe war verschwunden und die Spuren im Schnee ließen keinen Zweifel daran, wer für die Verbrechen verantwortlich war: Ofótan, der Riese aus Lom.
Unter Entsetzen und Trauer mischte sich Zorn. Viele wollten in den Krieg ziehen gegen Lom, den Tod des Häuptlings rächen und die Götterwaffe zurückholen.
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