322 - Götterdämmerung
zahnlose Kauleiste?«, rief er.
Das Lachen des Riesen erstarb augenblicklich. Er neigte den Kopf, schien zu überlegen und entschied dann, Matts Worte als Kampfansage zu verstehen. Brüllend hob er die Axt und stampfte auf seinen Riesenstiefeln heran. Schneewolken stoben auf und bei den Palisaden erklang Gejohle.
Dann hatte der Riese Matt erreicht. Zischend sauste die Doppelaxt nieder.
Matt wich ihr aus, sprang nach vorn und schlug seine Waffe in den Ofótans linken Stiefel. Der Hüne stieß einen krächzenden Schrei aus. Wutschnaubend riss er die Doppelaxt aus dem gefrorenen Boden und setzte zum nächsten Hieb an.
Doch plötzlich betrat ein neuer Gegner den Kampfplatz.
Matt wusste, dass es Grao’sil’aana war, doch selbst er hielt unwillkürlich den Atem an. Der Daa’mure erschien in Gestalt des Gottes Thor, der seinen Hammer schwang – was Ofótan verständlicherweise völlig aus der Fassung brachte. Irritiert ließ er die Axt sinken und taumelte einige Schritte zurück.
Jetzt oder nie! Matt schnellte vorwärts und rammte seine Axt in ein Knie des Riesen. Der zahnlose Hüne krümmte sich vor Schmerzen.
Grao wechselte in seine Echsengestalt, sprang in den Rücken des Riesen. Er packte mit der Rechten Ofótans Kinn und riss dessen Kopf nach hinten. Dann hieb er ihm die Klauenpranke in die Augen.
Der Riese kreischte und tobte. Die Doppelaxt entglitt seiner Hand. Wild um sich schlagend sank er in die Knie. Während er nach Grao greifen wollte, schwang dieser sich in den Schnee, packte blitzschnell die Doppelaxt und hieb sie Ofótan in den Hals. Mit gurgelnden Lauten hauchte der Riese sein Leben aus.
Der Göttersprecher Urg beugte sich über die Palisaden und starrte ungläubig auf das Wesen, das seine Gestalt wechselte wie andere ihre Gewänder. Eben noch hatte er geglaubt, Thor selbst würde in den Kampf eingreifen; nun war es ein Echsenmann, der gemeinsam mit dem Blonden seinen Riesen getötet hatte.
Bei Odin, wie konnte das sein? Widda hatte von Schwächlingen gesprochen, die ohne ihre Götterwaffe nichts ausrichten konnten. Nun aber waren leibhaftige Götterwesen zu ihrem Dorf gekommen. Jedenfalls hielt er sie dafür. Der Echsenartige musste Jörmungandr sein und der Goldschopf der Verbündete der Midgardschlange.
Jetzt kamen sie auf das Dorf zu! Sie wollten die Götterwaffe!
Der Göttersprecher wandte sich zu seinen Wächtern um. »Schnell, schließt das Tor!« Doch außer ihm befand sich niemand mehr auf den Palisaden und unten war das offene Tor verlassen. Sämtliche Krieger hatten sich ängstlich auf dem Marktplatz um ihren Häuptling Wulfried geschart. Während Urg noch um Fassung rang, betraten die beiden Gestalten den Platz. Der Göttersprecher beschloss zunächst einmal zu beobachten, wie sich die Situation entwickelte, bevor er eingriff – oder auch nicht.
Auge in Auge standen die Lomer mit den Fremden. Eine Weile herrschte Totenstille. Dann trat der Blondschopf vor. Entschlossen deutete er auf die Götterwaffe in der Hand des Häuptlings. Er rief etwas in einer Sprache, die Urg nicht verstand. Anscheinend verlangte er die Götterwaffe. Das Wesen neben ihm unterstrich die Forderung seines Gefährten mit einem zischenden Fauchen. Zu Urgs Entsetzen machten daraufhin viele der Krieger Anstalten, sich in die Hütten zu flüchten. Er musste sie stoppen.
»Haltet die Stellung und fürchtet euch nicht!«, rief er von den Palisaden. »Ihr seid Söhne von Riesen und Göttern! Diese hier sind Lokis Diener!« Wütend deutete er auf den Blondschopf und den Echsenmann. »Tötet die Schlange Jörmungandr und Odin wird euch reich belohnen!«
Matt Drax hielt den hageren Mann, der in seinem Rücken von den Palisaden rief, für den Göttersprecher des Dorfes. Offensichtlich verlangte er von den Kriegern, sie anzugreifen. Doch er konnte weder die Wikinger noch ihren einäugigen Häuptling so recht überzeugen. Unentschlossen und ängstlich beobachten sie ihn und Grao. Doch plötzlich stürmten einige der Krieger vor und griffen mit Äxten und Schwertern an. »Gib mir Deckung – ich hole das Magtron!«, rief Matt Grao’sil’aana zu.
Grao stellte sich den Angreifern. Er packte einen der Wikinger mit der Linken beim Kragen und kugelte ihm mit der Rechten den Arm aus. Als der Unglückliche schreiend zu Boden sackte, entriss Grao ihm das Schwert und stürzte sich auf den nächsten.
Inzwischen war Matthew Drax ungehindert bis zum Häuptling vorgedrungen. Bei ihm angelangt, duckte er sich unter dessen
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