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323 - Die Hölle auf Erden

323 - Die Hölle auf Erden

Titel: 323 - Die Hölle auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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mitten in der Nacht auf dem Berg herumtrieb?« Unwillkürlich wurde der Obere des Daishô-in-Tempels an seine eigene Begegnung erinnert – an die junge Frau, mit der er sich auf dem Gipfel unterhalten hatte.
    »Und das ist noch nicht alles, was uns rätselhaft erscheint«, fuhr Kaito fort. »Nachdem wir den Toten hergebracht und abgelegt hatten, war es, als würden sein Körper an der Hüfte zerfließen!«
    »Zerfließen? Ist die Verwesung denn schon so weit fortgeschritten?« Mit einem Kopfschütteln beantwortete sich Shi Kao die Frage selbst. »Unsinn. Nach den paar Stunden unmöglich. Es sei denn, er lag schon länger unter dem Geröll. Gibt es dafür Anzeichen?«
    »Am besten seht Ihr ihn Euch selbst an, ehrwürdiger Shi Kao«, antwortete Kaito ausweichend. »Was wir erlebt haben, ist schwer zu beschreiben. Er ist schwer zu beschreiben.«
    Der Obere hob seinen dürren Arm und legte in dem Versuch, den jungen Mönch zu beruhigen, seine Hand auf dessen Schulter.
    Kaito winkte er einen anderen Mönch heran, der bislang im Hintergrund gewartet hatte: seinen leiblichen Bruder Yuuto. Der verneigte sich ehrerbietig vor Shi Kao und hielt einen Leinensack so vor sich, dass der Saum auseinanderklaffte.
    Kaito griff hinein und holte einen Gegenstand hervor, wie Shi Kao noch keinen gesehen hatte.
    »Was ist das?«
    »Das hatte der Tote bei sich. Es scheint so, als wäre es in seinem Körper verborgen gewesen, bis die Haut zerfloss und es herausfiel. Plötzlich lag es neben ihm...« Kaitos Redefluss geriet ins Stocken.
    »Es fiel aus ihm heraus? Habe ich dich gerade richtig verstanden?«
    Kaito nickte.
    Der Tempel-Obere griff nach dem x-förmigen Gegenstand, der sich metallen und kühl anfühlte. »Eine Skulptur – oder eine Gerätschaft?«, sagte er schließlich, obwohl er sich nicht sicher war. »Was für ein Metall ist das? Silber? Platin?«
    Kaito und Yuuto zuckten einhellig mit den Schultern. »Wir wissen es nicht«, sagte Kaito rau.
    »Wir wissen nicht einmal sicher, ob der Schuppenmann überhaupt tot ist«, sprach Yuuto aus, was auch Kaito insgeheim schon überlegt hatte.
    Der Blick, mit dem der Obere Yuuto maß, war undeutbar.
    Shi Kao ließ das Metall-X zurück in den Beutel aus Leinen gleiten. »Los jetzt – führt mich zu ihm. Ich will ihn mit eigenen Augen sehen!«
    ***
    Der Prozess des Erwachens war mit Qualen verbunden.
    Was ist passiert?
    Das Letzte, woran Grao’sil’aana sich erinnerte, war der Erdrutsch, der lawinenartig den Hang heruntergekommen war, so schnell, dass er nicht mehr hatte reagieren können. Er war von dem Geröll mitgerissen und begraben worden. So viel hatte er noch mitbekommen – aber dann das Bewusstsein verloren. Und nun, nach unbestimmter Dauer, erlangte er es wieder zurück. In einem so qualvollen Akt, dass er in die nächste Ohnmacht abzugleiten drohte.
    Mit eisernem Willen kämpfte er dagegen an. Nur träge reagierte sein Körper. Offenbar hatte sich sein Organismus auf das Allernötigste heruntergefahren, um ihm ein Überleben unter den Geröllmassen überhaupt zu ermöglichen.
    Endlich gelang es Grao, wenigstens die Augen zu öffnen. Überrascht sah er sich in seinen Erwartungen getäuscht – was ihn erleichterte.
    Ich dachte, ich wäre begraben und halb zerquetscht.
    Sein nächster Gedanke war: Mefju’drex und Xij... sie müssen mich gefunden und hierher gebracht haben!
    Er befand sich in einer menschlichen Behausung, daran gab es überhaupt keinen Zweifel. Ein Öllicht stand auf einem Schemel neben einer Tür. Grao lag auf dem nackten Steinboden, obwohl der Raum ein schmales Bett und einen ebenso schmalen Schrank aufwies. Man hatte ihn hier abgelegt wie... wie ein Ding! Oder einen Toten. Das würde auch erklären, warum niemand bei ihm war.
    Erst jetzt kam ihm der Gedanke, dass er zwar entdeckt und ausgegraben worden war – aber nicht unbedingt von seinen beiden Begleitern.
    Grao richtete sich auf und blickte an sich hinab. Wenn mich Fremde gefunden haben, müssen sie mich für ein Monster halten. Seine Echsengestalt war ihm schon bei den Wikingern fast zum Verhängnis geworden.
    Ohne lange zu überlegen, konzentrierte er sich und änderte sein Aussehen, strukturierte sein Erscheinungsbild um. Die Gestalt des dicklichen, bärtigen Händlers Hermon war sicherlich besser als die einer großen Echse.
    Während des Verwandlungsprozesses fiel ihn noch etwas auf – etwas von enormer Brisanz. Das Superior Magtron befand sich nicht mehr in seinem Körperversteck! Er musste es

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