323 - Die Hölle auf Erden
gewohnt. Das 26. Jahrhundert hatte ihn in den zwölf Jahren, die er darin oft genug ums nackte Überleben gekämpft hatte, stärker geprägt als die Jahrzehnte davor, die er in der zivilisierten Epoche vor dem Kometeneinschlag durchlebt hatte.
»Mahó«, sagte das Mädchen. Es wirkte schüchtern und aufgeweckt zugleich. Beide Wesenszüge schienen miteinander um die Oberhand zu streiten. »Und wer... seid ihr?«
»Ich bin Matt, das hier ist Xij. Du brauchst keine Angst vor uns zu haben. Wir tun dir nichts.«
Auf Mahós Gesicht erschien ein kleines Lächeln. »Ich hab keine Angst.« Sie hatte noch nicht ausgesprochen, als sie in leicht geduckter Haltung über sich blickte, zum wolkenlosen Himmel hinauf, so als fürchtete sie doch – vor etwas, das irgendwo dort oben lauerte.
Matt fühlte sich unwillkürlich an die Bombe erinnert, die wie ein Damoklesschwert über diesem Landstrich schwebte.
»Dann ist es gut«, wandte sich Xij an das Mädchen. »Lebst du hier?«
Mahó zeigte zur Bucht hinunter. »Dort unten. Meine Eltern und ich wohnen in dem schönen Haus am Ufer... Von hier aus ist es leider nicht zu sehen.«
»Wenn du von hier bist und dich so gut auskennst«, kam Matt ohne Umschweife auf das Wesentliche zu sprechen, »kannst du uns vielleicht helfen.«
»Wie?« Das Mädchen erweckte den Eindruck, als lägen ihm eigene Fragen auf der Seele, die es aber zurückhielt.
»Wir sind auf der Suche nach jemandem, den wir... nun, den wir verloren haben. Letzte Nacht, als die Erde bebte. Wir waren hier ganz in der Nähe unterwegs – und dann wurden wir getrennt. Wir fürchten, unser Freund wurde verschüttet, und wir haben auch eine Grube gefunden, in der er gelegen haben könnte – aber sie ist leer. Weißt du etwas davon, dass man... einen seltsamen Mann gefunden hat?«
Ein Schatten fiel über das Gesicht des Mädchens. Es zuckte zusammen, als hätte es einen körperlichen Schlag erhalten. Wieder huschte sein Blick zum strahlenden Blau über ihnen.
Mahós nächste Worte trafen dann auch Matt und Xij wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
»Er ist tot. Ich habe ihn gefunden. Aber der Prinz hat das Unglück nicht überlebt...«
6.
»Tot...? Woher weißt du...?« Matt trat einen Schritt auf Mahó zu.
Das Mädchen lächelte spröde – und verhielt sich noch seltsamer als zuvor. Es hob beide Arme wie schützend über den Kopf, als würde es Schläge wegen seiner Worte fürchten. »Ich muss gehen. Der Sturm wird zu stark. Kommt mit. Kommt mit zu mir nach Hause.«
»Sturm?«, fragte Matt irritiert.
Mahó wandte sich zum Gehen – obwohl ein Teil von ihr wohl gerne geblieben wäre. Zumindest deutete Matt die Art und Weise so, wie sie sich von ihnen ab-, gleich aber auch wieder zuwandte.
»Warte!« Xij lief an ihr vorbei und versuchte ihr den Weg zu verstellen. »Woher willst du wissen, dass unser Freund tot ist? Vielleicht war er nur bewusstlos.«
Mahó trat von einem Fuß auf den anderen, das Gesicht schmerzhaft verkniffen. Kurz senkte sie die Arme. Doch dann schrie sie leise auf, als wäre sie von etwas getroffen worden. Sofort waren die Arme wieder oben, und sie versuchte, an Xij vorbeizukommen.
Xijs Hand schnappte zu wie die Kiefern einer Schlange. Eisern legten sich die Finger um den Arm des Mädchens. »Es ist wichtig «, sagte sie eindringlich. »Erzähl uns alles, was du weißt, dann kannst du gehen.«
Mahó starrte zu Boden. Sie sah aus, als wollte sie losheulen.
Matt konnte es kaum mit ansehen. Er wollte Xij schon auffordern, das Mädchen loszulassen, als es unverhofft und wie ein sprudelnder Wasserfall zu sprechen begann.
Sie erfuhren, dass durch Zufall ausgerechnet Mahó den Verschütteten gefunden hatte. Das Aussehen des Daa’muren beschrieb Mahó als »schönen Prinzen«, aber gerade das gab ihnen Hoffnung, dass Grao noch lebte. Er musste eine andere Erscheinungsform angenommen haben.
»Du hast also deine Brüder zur Hilfe gerufen, die im Tempel hier ganz in der Nähe leben?«, drängte Matt, als sie an diesem Punkt angelangt waren. »Und weiter? Was geschah dann?«
»Sie gruben ihn aus und hoben ihn heraus. Aber er war bereits tot. Kaito und Yuuto schickten mich nach Hause.«
»Kaito und Yuuto«, wiederholte Matt die Namen. »Und was taten sie mit der Leiche?«
»Wahrscheinlich haben sie sie zum Tempel mitgenommen.«
»Der Mönch!«, sagte Xij an Matt gewandt. »Damit dürfte klar sein, warum ein Mönch die Soldaten führt. Er muss sie alarmiert haben.«
»Du hast die Soldaten doch
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