Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
323 - Die Hölle auf Erden

323 - Die Hölle auf Erden

Titel: 323 - Die Hölle auf Erden
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
Augen seiner Glaubensbrüder abgeführt wurde, begegnete er auf dem Gang Kaito, den er bei der Morgenandacht vermisst hatte. Der junge Mönch war nicht in der Lage, ihm in die Augen zu schauen.
    Obwohl es Shi Kao einen Stich versetzte, versuchte er, keine Verbitterung aufkommen zu lassen. »Du?«, fragte er nur im Vorbeigehen.
    Kaito stand da wie versteinert. Als Shi Kao an ihm vorbei war, hörte er ihn zu einem der Soldaten sagen: »Mir wurde versprochen, dass keiner etwas zu befürchten hat! Das wurde mir garantiert – von Tadamichi Ariaga persönlich!«
    Niemand schenkte seiner Intervention Beachtung.
    Vor dem Tempel wurden Shi Kao wie einem gemeinen Verbrecher Handfesseln angelegt und er musste warten, bis auch der letzte Soldat das Gebäude wieder verlassen hatte.
    Ein zweiter Gefangener wurde herausgeführt.
    Hermon , dachte Shi Kao beim Anblick des fülligen Fremden. Oder wie immer dein wahrer Name lauten mag .
    Als er sich noch einmal zum Eingang des Tempels umschaute, sah er dort Kaito in Gesellschaft seines Bruders Yuuto stehen. Yuuto sprach aufgebracht auf ihn ein. Kaito verzog keine Miene – nur seine Augen bettelten um Vergebung.
    ***
    »Da ist er – von wegen tot!«, zischte Xij Matt ins Ohr.
    Sie hatten sich unweit des Tempeleingangs positioniert, sodass sie den Vorplatz einsehen konnten, ohne selbst entdeckt zu werden. Ein Soldat hatte Posten vor dem Tor bezogen, der Rest des Trupps schien im Inneren des Pagodenbaus unterwegs zu sein. Anfänglich war noch die eine oder andere aufgebrachte Stimme nach außen gedrungen, inzwischen aber war nichts mehr zu hören.
    Vor zwei Minuten dann waren die ersten Uniformierten wieder ins Freie getreten, mit einem gefesselten Mönch, den Xij sofort wiedererkannte: Es war derselbe, mit dem sie sich beim Gipfelfeuer unterhalten hatte.
    Einen Reim konnten sie sich nicht darauf machen. Aber nun, weitere zwei, drei Minuten später, war derjenige aufgetaucht, dem ihre dringende Suche galt: Grao!
    Auch er war in Ketten gelegt. Er konnte selbständig gehen, ansonsten war seine Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt. Die Mündungen mehrerer auf ihn gerichteter Schnellfeuerwaffen taten ein Übriges, um Fluchtgedanken im Keim zu ersticken.
    Grao wirkte angeschlagen, was in dem von ihm gewählten Erscheinungsbild umso deutlicher wurde.
    »Warum hat er sich in Hermon verwandelt?«, flüsterte Xij. »Da hätte er auch gleich seine wahre Gestalt behalten können.«
    »Wahrscheinlich kam er nicht dazu, sich rechtzeitig an Land und Leute anzupassen«, erwiderte Matt. »Allerdings... wie ein hübscher Prinz sieht Hermon ja nun auch nicht aus.«
    »Wie schon vermutet: Das Mädchen hat einen an der Waffel. Sieht Stürme im blauen Himmel und Prinzen in fetten Händlern. Fakt ist jedenfalls: Die Mönche haben das Militär verständigt und Grao ist in ihrer Gewalt. Sie nehmen ihn mit – wahrscheinlich nach Hiroshima hinein. Viel schlechter könnte es für uns nicht laufen.«
    »Aber warum führen sie auch den Alten ab?«, fragte sich Matt. »Wenn die Mönche die Kommandantur verständigt haben, müssten sie ihm doch dankbar sein.«
    »Es sei denn«, mutmaßte Xij, »Mahós Bruder hat im Alleingang gehandelt. Immerhin war er als einziger Mönch auf dem Boot.«
    Der Trupp mit den beiden ungleichen Gefangenen setzte sich in Bewegung. Kurz zuvor war ein weiterer Mönch in der offenen Tür erschienen: Kaito, Mahós Bruder. Seine Miene war das fleischgewordene schlechte Gewissen.
    »Du könntest recht haben«, flüsterte Matt Xij zu.
    »Dass du daran überhaupt zweifelst...!« Xij stupste ihm in die Seite. »Schau, jetzt streitet er mit einem anderen Mönch. Jede Wette, dass er die Soldaten im Alleingang über Grao informiert hat und die Sache aus dem Ruder läuft.«
    »Sie werden Grao in die Stadt schaffen«, sagte Matt. »Wir müssen herausfinden, wohin genau, und ihn dann schnellstens herauspauken. Uns bleibt nicht mehr allzu viel Zeit. Und wir müssen auch noch das Portal freilegen.«
    »Ohne Hilfe schaffen wir das nicht.«
    Realistisch betrachtet hatte sie recht. Matt entschied sich, den Tatsachen ins Auge zu sehen. »Wenn es um potenzielle Helfer geht, würden mir spontan nur die Mönche einfallen.«
    »Wie sollten wir die dazu bringen, für uns Steine zu schleppen? Was willst du ihnen erzählen? Dass ein Schatz unter dem Geröll begraben liegt?«
    »Vielleicht«, erwiderte Matt, »sollten wir es mal mit etwas Originellerem probieren.«
    »Und das wäre?«
    »Mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher