324 - Eine neue Chance
mitziehen. Noch immer rannen Tränen über sein Gesicht. Verzweiflung und Schmerz standen in seinen Zügen. Sein ganzer Körper zitterte, doch er setzte einen Fuß vor den anderen, weg von der Spalte mit Clarice, hin zum Flächenräumer. Seine Bewegungen wirkten wie ferngesteuert. Von der einstigen Leichtigkeit seines Gangs war nichts mehr zu spüren. Vogler schleppte sich dahin, als würde die ganze Last des Flächenräumers auf seinen Schultern liegen. Aber er kam mit ihnen.
Aruula atmete erleichtert auf. Es war schlimm genug, Clarice verloren zu haben. Vogler würde nach einer Zeit der Trauer hoffentlich zur Besinnung kommen. Er hatte überlebt – ein Geschenk, das man nach Aruulas Meinung nicht fortwerfen sollte.
Sie ging zügig voran, zu einer Bionetikröhre, die hinunter in eine Eisspalte zum Flächenräumer führte. Als sie davon verschluckt wurde, hatte sie das Gefühl, das schon einmal getan zu haben.
Verwirrt schüttelte Aruula den Kopf und hing der Vision der zwei sich überlappenden Zeiten nach. Was war geschehen? Hatten die Götter selbst eingegriffen, um ihre Kinder zu retten? So musste es sein.
»Danke, Wudan«, formte sie lautlos mit den Lippen.
Die beiden Männer schwiegen. Vogler stolperte oft. Sie mussten ihn stützen. Der Waldmann war trotz seiner marsianischen Kälteresistenz in wesentlich schlechterer Verfassung als Aruula und Rulfan. Wie lange hatte er im Eis zugebracht?
Sie erreichten den Zugang zum Flächenräumer und fanden ein Feld, das bei Voglers apathischer Berührung das Schott aufgleiten ließ.
Aruula versuchte, den Gedanken an den Mars und die tote Clarice von sich zu schieben. Auf sie wartete die Begegnung mit Grao’sil’aana. Wenn dieses daa’murische Stück Abschaum im Flächenräumer war, würde sie ihn nicht entkommen lassen.
Du wolltest einer von uns sein, Grao’sil’aana , dachte Aruula bitter und fühlte das Gewicht ihres Schwertes auf dem Rücken. Ein Herrscher der Dreizehn Inseln. Also wirst du auch sterben wie einer von uns, der sein Volk verraten hat.
***
Im Flächenräumer
Matt konnte zusehen, wie es in Miki Takeo arbeitete. Der Android ordnete Matts knappen Bericht von der Reise durch die Zeiten und dem Erhalt des Superior Magtrons ein. Er benötigte nur wenige Sekunden, um die Informationen zu verarbeiten.
»Ich verstehe«, sagte Takeo abschließend. »Dann ist das Ziel erreicht. Ihr habt einen Weg gefunden. Wir haben gesiegt.«
»Ja.« Xij strahlte über das ganze Gesicht. »Wir haben es geschafft!« Sie umarmte Grao, der sie verstört ansah und mit der Geste wenig anzufangen wusste. Seine Hand tätschelte verlegen Xijs Schulter.
Matt grinste. Er schloss Grao und Xij in die Arme, was dem Daa’muren offensichtlich noch unangenehmer war. Er wurde steif wie ein Brett.
»Geschafft!«, stieß Matt erleichtert aus, löste sich von den beiden und schlug Takeo hart gegen den massigen Plysterox-Oberarm. »Alter Freund, wir haben das Mistding vom Himmel geholt!«
»Wohl eher im All versteinert«, korrigierte Miki Takeo sachlich.
»Verdammt, wir haben unsere Welt gerettet!« Xij lachte und sprang herum wie ein Derwisch. Sie machte eine Drehung, zwei, und stolperte.
Matt fing sie auf und fragte sich schmunzelnd, ob Xij ihre Unsicherheit nur spielte, damit sie sich umarmen konnten. Dabei waren sie schon viel weiter gegangen, als sich nur zu halten. Er zog sie an sich, spürte ihren Herzschlag ganz dicht bei seinem. Es tat so gut zu wissen, dass sie da war. Ihre Nähe und Wärme zu spüren.
Einen Augenblick herrschte Ruhe. Matt fühlte sich dankbar und glücklich. Er strich durch Xijs Haare, hob ihren Kopf an und küsste sie auf den Mund. Er hielt sie eng umschlungen, bis ein Räuspern Miki Takeos ihn die Welt um sich herum wieder wahrnehmen ließ.
Matt löste sich halb von Xij, drehte sich um – und sah drei Gestalten im Gang stehen.
»Aruula, Rulfan, Vogler...« Matts Überraschung wich der Freude, die Freunde lebend zu sehen. »Was macht ihr hier?«
Rulfan schüttelte sich. Seine Haut wirkte unnatürlich weiß, selbst für einen Albino, die Lippen schimmerten bläulich. Er trat auf Matt zu. »Das ist eine längere Geschichte. Um sie kurz zu fassen: Wir wollten nach dir sehen. Ist... ist der Streiter besiegt?« Mit neugieriger Miene betrachtete Rulfan den Monitor des Flächenräumers und die bionetischen Konsolen.
Matt ging ihm entgegen und schloss ihn kurz und kräftig in die Arme. »Ja, es ist vorbei, Bruder. Dieses Mal haben wir ihn
Weitere Kostenlose Bücher