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324 - Eine neue Chance

324 - Eine neue Chance

Titel: 324 - Eine neue Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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solange sie dafür nicht zu lange stillhalten mussten.
    Ei’don saß auch an diesem Zyklus auf seinen Platz in der hintersten Reihe. Chal’fir hatte extra mit Sar’tus getauscht, um näher bei ihm sitzen zu können.
    Schon seit einigen Wochen befand sich der »Wunderbringer« nun in der Stadt. Der Oberste spielte mit dem Gedanken, Isch’tan’lot in Ei’don’lot umzubenennen, um den Besucher zu ehren. Zahlreiche Kranke waren geheilt worden. Noch immer hatte Gilam’esh Ei’don nicht darauf angesprochen, wie er die Heilung der Kranken bewerkstelligte und ob er vielleicht ein Geistwanderer war. Das Zeichen des Gilam’esh-Bundes trug der Junghydrit nicht, auch hatte sich der Bund bislang nicht in Ei’dons Tun eingemischt.
    Die ganze Situation erschien Gilam’esh unwirklich. Deswegen hatte er mit Quart’ol Kontakt aufgenommen.
    Doch dessen brüske Antwort hatte ihn schockiert.
    »Ich habe eine neue Aufgabe gefunden, mein Freund«, hatte Quart’ol ihm geschrieben. »Du weißt, welche.«
    Ja, Gilam’esh wusste es. Quart’ol wollte dem Bund schaden, wie so oft. Vielleicht versuchte er sogar, eine der Verborgenen Städte zu finden, um die wenigen zu bestrafen, die durch das Leid und die Unwissenheit der anderen im Reichtum lebten.
    Der schrille Ruf des Muschelalarms schreckte Gilam’esh aus seinen Gedanken. Die Schüler sprangen auf. Jeder wusste, was das bedeutete.
    »Mar’osianer!«, kreischte Qual’pur, ein behäbiger Junghydrit, der nun ungeahnt schnell zum Ausgang des Mentoriums schoss.
    »Bleibt ruhig!«, donnerte Gilam’esh. Er spürte selbst Angst, die nach ihm griff, aber er beherrschte sich. »Bildet Reihen, immer zu dritt. Ich schwimme voraus!« Gilam’esh schwamm zur Tür und verpasste dabei Qual’pur einen unsanften Stoß, damit dieser sich in die Reihe einordnete.
    Es gab ein Geklacke und Geschnalze, doch die vielen Kriegsübungen fruchteten. Isch’tan’lot war seit Jahrzehnten nicht mehr überfallen worden, dennoch riss sich jeder Schüler zusammen und wusste, was er zu tun hatte.
    »O ihr Meere«, wimmerte Chal’fir, »sie werden kommen und uns schlachten. Sie nehmen uns gefangen und fressen uns!«
    »Still!«, schleuderte Gilam’esh zurück, dem ihre Worte Furcht machten. »Ich bin der Einzige, der spricht!« Er verstand die Schüler, aber wenn er sie nicht unter Kontrolle hielt, schafften sie es nie bis zu den Sicherheitshöhlen unter der Stadt. »Bleibt alle zusammen! Jeder, der den Zug ohne Bedrohung seines Lebens verlässt, wird aus dem Mentorium verbannt!«
    Das saß, so lächerlich es auch war. Die Schüler drängten sich in den gewünschten Reihen aneinander. Die Gefahr, von einem Mar’osianer getötet zu werden, war im Allgemeinen weit furchterregender, als den Zugang zum Mentorium zu verlieren. Dennoch war diese Furcht eine nicht so abstrakte.
    Sie glitten ins freie Wasser. Draußen herrschte Chaos. Gut zweihundert Hydriten waren unterwegs, um sich in den Höhlen zu verschanzen. Viele halfen Gilam’esh, damit die Junghydriten schneller vorankamen. Die Wege wurden ihnen freigemacht.
    Auf der Hälfte der Strecke beobachtete Gilam’esh den ersten Zwischenfall. Ein kaum ausgereifter Hydrit wurde von einer Gruppe Mar’osianer auf Reitfischen mit Dreizacken zwischen zwei Sphären gejagt. Eine Hetzjagd bis zum Tod. Ein bulliger Mar’oskrieger spießte den Wehrlosen nur wenige Schwimmlängen entfernt auf.
    Bestien! Wut und Verzweiflung machten Gilam’esh das Weiterschwimmen schwer. Er kannte den Getöteten flüchtig. Niemals hatte er die Hand gegen einen anderen erhoben. Was konnte man einem solchen Hass und Wahnsinn entgegenstellen?
    »Ma’jong!«, klackte Gil’dir panisch, eine unauffällige Schülerin im Unterricht, ruhig und warmherzig vom Wesen her. Gilam’esh mochte sie sehr. Gil’dir kraulte auf die Mar’os-Jünger zu.
    »Gil’dir, nicht!« Er schwamm zu ihr, bekam ihren Arm zu packen. Das Entsetzen packte auch ihn.
    Die anderen Schüler blieben hinter ihm zurück. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Ei’don Chal’fir und Sar’tus mit ruhigen Worten zurückhielt.
    Der Mar’osianer auf dem Reitfisch wurde auf die Gruppe aufmerksam. Er schleuderte den toten Ma’jong fort und wendete den Reitfisch. »Sieh an!«, schnalzte er grölend, als er das Mentorium sah. »Frischfleisch!«
    Zwei weitere Mar’os-Jünger kamen heran, einer düsterer als der andere. Zahlreiche Narben sprachen von Kämpfen auf Leben und Tod.
    »Gil’dir, bleib hinter mir«, klackte Gilam’esh

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