33 - Am Stillen Ozean
sein.“
„Ihr müßt nämlich wissen, daß der Gouverneur heut kommt. Er hat mich durch einen Eilboten davon benachrichtigt. Er kommt, um Gericht zu halten.“ –
Es ist bereits erzählt worden, daß der Gouverneur uns nach seiner Ankunft im Hotel Madras aufsuchte und dem Lord den Betrag der verlorenen Wette auszahlte. Ebenso wurde erwähnt, daß wir vor unserer Abfahrt der Hochzeit Kaladis beiwohnten.
Was die Dschunke und ihre gefangene Bemannung betrifft, so begab sich der Gouverneur selbst an Bord, um alles und alle in Augenschein zu nehmen. Wir erzählten diesem Herrn von Bontwerker und der Tigerbrücke, wo er gefangengehalten wurde. Der Gouverneur nahm die Girl-Robber selbst ins Verhör, um die genaue Lage dieses Ortes zu erfahren, erhielt aber nicht die geringste Auskunft von ihnen. Selbst als er sie der Reihe nach durchpeitschen ließ, behaupteten sie, keinen Ort zu kennen, dessen Name Hu-kiao sei. Ich war überzeugt, daß sie logen und die Tigerbrücke vielmehr von großer Bedeutung für sie sein müsse, weil sie sich selbst durch solche Schmerzen nicht zwingen ließen, sie zu verraten. Sie schwiegen sogar dann, als sie ihr Urteil hörten: Sie seien als Seeräuber heut noch aufzuknüpfen, doch solle derjenige begnadigt werden, welcher sage, wo die Hu-kiao liege. Es meldete sich keiner, und am Abend hingen sie alle nebeneinander an der Rahe.
Wir waren also auf uns selbst, auf unsern Scharfsinn, angewiesen und nahmen die Karten vor, um die Halbinsel zu entdecken. Die Mühe war vergeblich; wir konnten den Namen Hu-kiao nicht finden. Wir übersetzten das Wort in alle im indischen und südchinesischen Meer gebräuchliche Sprachen und Idiome, doch auch das war ohne Erfolg.
Nun nahm ich Quimbo noch einmal vor und examinierte ihn nach allen Richtungen hin, konnte aber nicht mehr erfahren, als was ich jetzt schon wußte. Da kam ich endlich auf den sehr naheliegenden Gedanken, den ich eigentlich gleich anfangs hätte haben sollen, noch einmal an Bord der Dschunke zu gehen; ich hatte dort in der Kapitänskajüte Karten liegen sehen. Raffley ging mit. Er wunderte sich ebenso sehr wie ich darüber, daß uns diese Karten nicht eingefallen waren.
Wir gingen die betreffenden Blätter sehr sorgfältig durch, konnten aber nichts entdecken, was uns als Wegweiser hätte dienen können. Schon wollten wir uns unmutig in diesen Mißerfolg ergeben, da fiel mir eine nicht gedruckte, sondern mit der Hand gezeichnete Pilotkarte der Nikobaren-Inseln auf. Die Zeichnung war außerordentlich sorgfältig ausgeführt, und ich sagte mir, daß diese Genauigkeit einen Grund haben müsse. Hatte diese Inselgruppe für die Girl-Robber vielleicht eine besondere Wichtigkeit gehabt? Vielleicht hätte ich die Antwort auf diese Frage einem von ihnen entlocken können; aber sie lebten nicht mehr. Ich mußte mich an Quimbo wenden, obgleich sein Gedächtnis einem vollständig leeren Blatt geglichen hatte, auf dem kein Buchstabe mehr zu lesen war.
Es war ihm auch heut unmöglich, mir den Weg zu beschreiben, den die Dschunke, seit er sich auf ihr befunden hatte, gesegelt war. Ich fragte ihn nach den Nikobaren-Inseln; er antwortete kopfschüttelnd:
„Nikobar? Quimbo nicht weiß Nikobar.“
Da fiel mir ein, daß die Bewohner von Nikobar Malayen sind, und so fragte ich ihn, indem ich den malayischen Namen der Inseln anwendete:
„Hast du denn auch nicht die Inseln gesehen, welche Pulo-Sembilang genannt werden?“
Da ging ein Grinsen der Erinnerung über sein Gesicht, und er antwortete, eifrig nickend:
„– – – bilang – – – bilang hab schon Quimbo sehen; – – – bilang bin viel Inseln in groß Wasser.“
„Irrst du dich nicht? Weißt du den Namen genau?“
„Gut', tapfer Quimbo bin nicht irre; Schiff bin bleib stehen bei Inseln – – – bilang.“
„Bei welcher von diesen Inseln?“
„Quimbo nicht das wissen.“
„Hast du nicht die Namen der einzelnen Inseln gehört?“
„Quimbo nicht kann sprech' wie Räuber; Quimbo nicht versteh' alles was werd' reden.“
„So paß einmal auf, ob du vielleicht eines von den Worten gehört hast, die ich jetzt sagen werde!“
Ich zählte die Namen der Inseln langsam auf und ließ nach jedem eine Pause eintreten, damit er Zeit zum Nachdenken finde. Es war seinem gespannten Gesicht deutlich anzusehen, daß er sein Gedächtnis sehr anstrengte, und als ich den Namen Tillangdschong nannte, schlug er die Hände zusammen, daß es knallte, tat einen Freudensprung und rief
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