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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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monokotylen Gewächse. Fast möchte man annehmen, daß er aus einer früheren Schöpfungsperiode stamme. Auf einem Gerüst von Stütz- oder Luftwurzeln, welches einem konisch zusammengestellten Bau von dicken Pfählen gleicht, erheben sich ein oder mehrere schlanke Schäfte, welche hoch oben ein höchst seltsames Zweigwerk mit eigentümlichen, lanzenförmigen Blättern und großen, tannenzapfenartigen Früchten tragen. Die Stützwurzeln sind oft über zwanzig Fuß hoch, und der Baum gewährt einen so fremdartigen Anblick, daß man ihn einen wunderlichen, närrischen Einfall der Natur nennen möchte.
    Dieser Tropenwald ist an der Küste von einem Gürtel von Mangroven umgeben, welche nur da gedeihen, wo das Meer während der Flut ihre Wurzeln bespült, um sie bei der Ebbe wieder bloßzulegen. Zwischen diesen Wurzeln brütet, wenn das Wasser sich von ihnen zurückgezogen hat, die glühende Sonne die Fieber aus, welche den Eingeborenen und den Fremden gleich gefährlich werden.
    Und draußen, im Wasser, zieht sich um diese Inseln noch ein weiterer Kranz von pflanzenähnlichen Gebilden, nämlich Korallen, welche in allen Formen und Farben aus der Tiefe schimmern und das Auge des Europäers stundenlang beschäftigen.
    Da in die dichten Dschungeln nur sehr schwer einzudringen ist und jede gelichtete Stelle im Innern der Inseln sich schnell wieder mit einem üppigen Pflanzenwuchs bedecken würde, befinden sich die Wohnungen der Eingeborenen, gleichviel, ob sie einzeln stehen oder zusammenhängende Dörfer bilden, meist in der unmittelbaren Nähe der Küste. Sie sind auf Pfählen errichtet, was nicht nur Schutz gegen die Überschwemmungen des Meeres und etwaige feindliche Angriffe bietet, sondern auch den freien Zutritt der Luft zum Podium des Hauses bietet und also die Schädlichkeit der Fieberdünste mildert.
    Die Verbrecherkolonie der Nikobaren besteht aus einigen hundert Individuen und ist auf der Insel Kamorta untergebracht. Die meisten von ihnen sind für lebenslänglich, die übrigen ausnahmslos zu langen Freiheitsstrafen verurteilt, denn es werden nur schwere Verbrecher hierhergeschickt. Aber die einen haben vor den andern nicht viel voraus, denn die mörderischen Fieber machen jede längere Detention zu einer lebenslänglichen; sie raffen nach verhältnismäßig kurzer Zeit den stärksten Mann dahin. Es ist darum kein Wunder, daß das Sinnen und Trachten dieser Gefangenen fortwährend auf die Flucht gerichtet ist.
    Bei der Entfernung der Inselgruppe von dem Festland und bei dem Umstand, daß nur selten ein Schiff hier anlegt, sollte man ein Entkommen fast für unmöglich halten, aber es hat doch Fälle gegeben, in denen die Flucht gelungen ist. –
    Wie schon erwähnt, hatte Mynheer Bontwerker den ihm abgezwungenen Brief nach Tjelatjap auf der Insel Java adressieren müssen, und ich hielt es für gar nicht schwer, den Adressaten dort zu ermitteln und von ihm zu erfahren, wohin die Antwort verlangt worden sei. Von dem betreffenden Ort aus mußte dann der Weg nach der ‚Tigerbrücke‘ zu finden sein. Seit uns aber Quimbo von Ta-ki erzählt hatte und daß dieser an der Insel Tillangdschong das Raubschiff verlassen hatte, hielten wir es für besser, nach diesem Eiland zu dampfen anstatt nach Tjelatjap. Ta-ki kannte die Tigerbrücke, und wir konnten also von ihm erfahren, wo sie lag. Wie aber war es anzufangen, ihn zu bewegen, es uns zu verraten? Selbstverständlich hatte List viel mehr Aussicht auf Erfolg als Gewalt; aber welche List war anzuwenden? Wir sannen und sannen und kamen zu keinem Plan. Schon näherten wir uns dem Zehn-Grad-Kanal, welcher die Nikobaren von den Andamanen trennt, und noch waren wir auf keinen Gedanken gekommen, dessen Ausführung ein Gelingen verhieß.
    „Hab es gewußt“, meinte der Lord. „Wollte ja gleich mit Euch wetten, daß wir von diesem Kerl auf Tillangdschong nichts erfahren werden. Keiner von uns ist imstande, eine pfiffige Idee zu finden. Und mit Prügeln holen wir auch nichts aus ihm heraus.“
    „Allerdings nicht, nämlich wenn er ebenso verschwiegen ist wie seine Genossen, welche sich aufknüpfen ließen, ohne ein Wort zu sagen“, antwortete ich.
    „Was also tun? Es wird nämlich Zeit. Es ist jetzt fast Mittag, und gegen Abend liegen wir vor Tillangdschong.“
    „Es bleibt nichts übrig, als es dem Zufall zu überlassen. Mir fällt nichts ein.“
    „Mir auch nicht. Mein Kopf ist so gedankenleer wie ein ausgetrunkener Flaschenkürbis. Und wenn ich bedenke, welche

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